Verschwörungstheoretikerinnen und Verschwörungstheoretiker verbreiten ihre konspirativen Ansichten nicht nur, weil sie selbst an die Verschwörungsideologien glauben. Häufig stecken andere Interessen dahinter, die nicht auf den ersten Blick ersichtlich sind. Im Vordergrund stehen dabei Interessen in zwei verschiedenen Bereichen:
- Politische Propaganda
- Wirtschaftliche Interessen
☛ Interessen im Bereich der politischen Propaganda
In der politischen Auseinandersetzung kommen Verschwörungstheorien schon seit Jahrhunderten als bewährtes Mittel der Propaganda und der Desinformation zum Einsatz.
So wurde beispielsweise im 18. Jahrhundert während der Französischen Revolution die Ermordung von politischen Gegnern durch die Guillotine mit Verschwörungstheorien der Jakobiner gerechtfertigt.
Ein weiteres Beispiel ist die „Dolchstoßlegende“, die am Ende des Ersten Weltkriegs in deutschnationalen und völkischen Gruppen propagiert wurde. Sie behauptet tatsachenwidrig, dass Sozialdemokraten, andere Demokraten sowie Juden durch „Verrat von hinten“ für die deutsche Kriegsniederlage verantwortlich gewesen wären. Neben der angeblichen „jüdisch-bolschewistischen Weltverschwörung“ diente die „Dolchstosslegende“ als argumentativer Wegbereiter für die Nationalsozialisten.
Auch heute werden Verschwörungstheorien von manchen Politikerinnen und Politikern verbreitet und für propagandistische Interessen bewirtschaftet.
Insbesondere autoritäre Staaten setzen vorzugsweise auf Verschwörungstheorien, um die innere Stabilität zu gewährleisten.
Die Führungsklicke stellt die Außenwelt als bedrohlich dar, als beherrscht von Mächten mit bösen Absichten. Das Regime kann sich dann als „Retter“ präsentieren und Durchblick, Schutz und Vergeltung im Austausch für bedingungslosen Gehorsam anbieten.
In Russland gehört der Glaube an eine antirussische Verschwörung des Westens zum Beispiel schon seit langem zum Mainstream. Verbreitet und bewirtschaftet wird diese Verschwörungstheorie durch ein Netzwerk an kremltreuen Journalisten, Historikern und Politikberatern (siehe dazu als Beispiel: „Die Goldene Milliarde“).
Ähnliche Vorgänge sind in der Türkei feststellbar, wo die Vermutung einer Verschwörung des Westens ebenfalls staatlich geäußert wird. Für den gescheiterten Militärputsch im Jahr 2016 seien beispielsweise die CIA und das FBI verantwortlich gewesen, behauptet Präsident Recep Tayyip Erdogan. Auch in der EU kommen Verschwörungstheorien als Teil populistischer Strategien zum Einsatz. Wenn beispielsweise der tschechische Präsident Miloš Zeman die Flüchtlingsströme eine „organisierte(n) Invasion“ nennt und der ungarische Premier Victor Orbán von einem „von Finanzeliten organisierten Bevölkerungsaustausch“ spricht, dann steckt dahinter wohl eher politisches Kalkül und weniger gefestigte verschwörungsideologische Überzeugungen.
Auch Donald Trump verbreitet häufig bewusste Falschnachrichten, etwa die Lüge über die angeblich gestohlene US-Wahl oder die Corona-Pandemie. So kam eine Studie zum Schluss, dass Trump ein starker Antreiber für Falschmeldungen bezüglich der Pandemie ist. Wissenschaftler der Cornell University im Bundesstaat New York haben 38 Millionen englischsprachige Artikel über die Corona-Pandemie untersucht. Rund 1,1 Millionen Beiträge enthielten Fehlinformationen, also etwa drei Prozent. In annähernd 38 Prozent der Falschmeldungen fand Donald Trump Erwähnung. Trump ist auch die Gallionsfigur der QAnon-Verschwörungstheorie, die seinen Interessen propagandistisch zuarbeitet.
☛ Verschwörungstheorien mit wirtschaftlichen Interessen im Hintergrund
Verschwörungstheorien werden nicht nur in der Politik zur Agitation eingesetzt, um das Publikum zu manipulieren. Ein häufig unterschätzter Faktor ist der wirtschaftliche Aspekt von Verschwörungstheorien. Sie sind ein riesiger Markt, auf dem sich Umsätze in Millionenhöhe erzielen lassen und starke wirtschaftliche Interessen im Spiel sind.
Vorreiter in den USA: Alex Jones mit „InfoWars“
In den USA hat beispielsweise der Hassprediger und Verschwörungstheoretiker Alex Jones mit „InfoWars“ ein grosses Medienunternehmen aufgebaut. Er erreichte über viele Jahre mit Radiosendungen und über Youtube ein Millionenpublikum, wo er seine Thesen verbreitete: Der Klimawandel sei eine Lüge, Politik, Wirtschaft und Medien seien in eine okkulte Weltverschwörung verstrickt und das Massaker an der Sandy Hook Elementary School im Dezember 2012 sei von „Krisenschauspielern“ inszeniert gewesen, um die Waffengesetze zu verschärfen. Inzwischen hat Alex Jones allerdings viele seiner Kanäle verloren.
Geld im grossen Stil macht der hartgesottene Verschwörungsideologe vor allem mit seinem Shop. Dort bietet er neben Merchandise, DVDs und Büchern hauptsächlich Medikamente und Wunderheilmittel an. Für 70 Dollar pro Flasche wird ein Potenzmittel zur Steigerung der Männlichkeit angepriesen. Zum Schutz gegen die Mitglieder der Weltverschwörung, die Gifte ins Trinkwasser mischen, werden „Brain-Force-Plus“-Tabletten verkauft. Die Interessen von Alex Jones sind ziemlich durchsichtig. Er verbreitet in seinen Sendungen Angst und verkauft gleich die Gegenmittel dazu.
In Deutschland ist der Kopp-Verlag ein wichtiger Player im Business mit Verschwörungstheorien.
Das Bücherangebot des Kopp-Verlags beschränkt sich ausschließlich auf verschwörungstheoretische, pseudowissenschaftliche, esoterische und alternativmedizinische Inhalte. Allerdings finden sich dort auch viele Bücher, die rechtspopulistisches bis rechtsextremes Gedankengut verbreiten. Auch der Kopp-Verlag unterhält wie „InfoWars“ einen hauseigenen Shop, wo neben vermeintlichen Wunderheilmitteln auch Survival-Kits angepriesen werden. Sie sollen als Vorbereitung dienen für den angeblich bevorstehenden Bürgerkrieg in Deutschland, der durch Flüchtlingsströme und durch die Eliten des Landes ausgelöst werde. So macht auch der Kopp-Verlag Geld mit Ängsten, die er selbst geschürt hat. Er spricht mit diesem Angebot auch speziell die Prepper-Szene an. Siehe dazu: Prepper & Verschwörungstheorien
Quelle:
Verschwörungstheorien:
Warum sind sie so verbreitet und was kann man dagegen tun?
(Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg)
Anmerkung:
Auffallend ist, dass politische Interessen und wirtschaftliche Interessen sich bei den Verbreitern von Verschwörungstheorien oft vermischen – aber natürlich nicht immer.
Siehe auch:
Welche politischen Interessen stehen hinter Verschwörungstheorien?
Verschwörungstheorien als Business-Modell