Unter dem Begriff «Satanismus» werden verschiedene Bewegungen zusammengefasst, die gemeinsam haben, dass sie Satan als positive Kraft sehen.
Verschwörungsgläubige wiederum, die sich selbst als Vertreter des „Guten“ definieren, stellen sich Satanistinnen und Satanisten als Diener des ultimativ „Bösen“ vor, das sie als Vertreter des «Guten» bekämpfen müssen.
Daher ist es nicht überraschend, dass insbesondere charakteristische Feindbilder der Verschwörungsgläubigen wie Angela Merkel, Hillary Clinton, George Soros und Bill Gates als Vertreter einer „satanistischen Elite“ diffamiert werden. Diese Personen werden infolgedessen dämonisiert und in die Nähe obskurer, «satanistischer» Ritual- und Kindermorde gerückt. Gegenwärtig zeigt sich das zum Beispiel im modernen Satanismusmythos des QAnon-Kultes, wo einer liberalen Elite unterstellt wird, sie foltere Kinder, um aus ihrem Blut ein angebliches Verjüngungsmittel namens Adrenochrom zu gewinnen.
Dualistische Wurzeln des Satanismus
Der Satanismus hat eine lange Geschichte. Seine Anfänge liegen im manichäisch-gnostischen Dualismus. Gnosis und Manichäismus sind religiöse Strömungen, die von einem starken Gegensatz zwischen Gut und Böse ausgehen und damit die Welt radikal dualistisch interpretieren. Satanistische Vorstellungen gibt es aber auch im Judentum, im Christentum und im Islam.
Im Christentum personifiziert der Teufel das Böse in seiner religiösen Funktion des In-Versuchung-führenden , wie es beispielhaft das Bild der Schlange im Paradies darstellt. Der Teufel wird als Gegner und Widersacher (hebräisch: Satan) des christlichen Gottes angesehen.
Zur Geschichte des Satanismus in den verschiedenen Religionen und zu den verschiedenen Ausprägungen und Strömungen bietet Wikipedia einen kompakten Überblick. Hier sollen nachfolgend neuere Verschwörungstheorien rund um Satanismus und Satanic Panik aus den USA und aus der Schweiz vorgestellt werden.
Verschwörungstheorien rund um Satanismus in den USA
In den 1980er und 1990er Jahren verbreitete sich in den USA die Annahme, Kinder würden in großer Zahl von Mitgliedern satanistischer Sekten rituell missbraucht. Es entwickelte sich eine «Moral panic». So wird ein Phänomen bezeichnet, bei dem eine soziale Gruppe oder Kategorie aufgrund ihres realen oder eingebildeten Verhaltens von der breiten Öffentlichkeit als Gefahr für die moralische Ordnung der Gesellschaft gekennzeichnet wird. Der öffentliche Aufruhr hat zum Ziel, das als Bedrohung empfundene Verhalten auf langfristige Sicht zu unterbinden. Die dabei entstehende öffentliche Dynamik wird begleitet durch eine sensationsfokussierte Medienberichterstattung und privat organisierte Initiativen.
Oft geht es dabei um Problematiken wie Kindesmissbrauch, Drogenmissbrauch oder Jugendkriminalität. Die moralische Panik führt letztendlich zu einer Verstärkung der sozialen Kontrolle. Sie verringert zudem die Wahrscheinlichkeit für einen normativen Wertewandel.
Im Zusammenhang mit der erwähnten Moral Panic der 1980er-Jahre in den USA ist auch der Begriff «Satanic Panic» geläufig.
Wie kam es zu dieser Satanic Panic?
Ausgangspunkt war der Bestseller «Michelle Remembers» (1980), in dem die Autorin angab, mittels Hypnotherapie Erinnerungen an Vergewaltigungen und Folterungen zurückerlangt zu haben, die sie seit ihrem fünften Lebensjahr von Mitgliedern der Church of Satan erlitten habe. Der Wahrheitsgehalt von «Michelle Remembers» wurde später in Frage gestellt.
In der zweiten Hälfte der 1980er Jahre wurden dann immer mehr Fälle ritueller Gewalt an Einrichtungen der Kinderbetreuung gemeldet und aktenkundig: Lehrer, Sozialarbeiter, Therapeuten und Polizisten, die in Fortbildungsseminaren über rituelle Gewalt geschult worden waren, entdeckten mittels suggestiver Befragungsmethoden immer neue Fälle.
Bei polizeilichen Untersuchungen wurden allerdings keine Leichen, Körperflüssigkeiten oder unterirdischen Gänge entdeckt, die in den Erzählungen der Patienten eine Rolle gespielt hatten.
Die entsetzlichen Details über namenlose Kulte, Folter, Menschenopfer und Kannibalismus stammten aus intensiven, häufig suggestiven Befragungen kleiner Kinder oder aus Berichten Erwachsener, die in einer Recovered-memory therapy zum Vorschein gekommen waren. Vorher hatten diese Personen keine Erinnerungen an die geschilderten Vorgänge. Stark verbreitet wurden diese Verschwörungstheorien vom evangelikalen Anti-Cult-Movement.
Im Jahr 1987 schockierte dann ein Prozess die amerikanische Öffentlichkeit, in dem es um einen Satanistenring von 100 Lehrern und Erziehern ging, die insgesamt 360 Kinder der McMartin Preschool in Manhattan Beach, Kalifornien, missbraucht haben sollten. Es entwickelte sich eine anti-satanistische „Moral Panic“ beziehungsweise «Satanic Panic», eine Art von «Massenhysterie», vergleichbar dem Hexenglauben des europäischen Mittelalters.
Bemerkenswerterweise wurde die Annahme, es gäbe ein großes Netzwerk satanistischer Gruppen, die rituelle Gewalt an Kindern ausüben und jährlich bis zu 60.000 Menschen töten würden, von einer sehr breiten und heterogenen Koalition von fundamentalistischen Christen, Feministinnen, Ärzten, Polizisten und Sozialarbeitern getragen.
Seitdem die Angeklagten im McMartin-Prozess allerdings wegen erwiesener Unschuld freigesprochen worden waren ging der Glaube an massenhaften satanistischen Kindesmissbrauch Mitte der 1990er Jahre schnell wieder zurück. Satanismus als Thema von Verschwörungstheorien trat in den Hintergrund. Entsprechende Berichte wurden seither als Produkte einer lebhaften amerikanisch-christlichen Phantasie interpretiert. Sie werden heute auf Erinnerungsverfälschungen, Verschwörungstheorien und den Einfluss von Kinofilmen wie Rosemaries Baby oder Der Exorzist zurückgeführt.
Suggestive Beeinflussung führt zu gewünschten Ergebnissen
Interessant und wichtig ist die Frage, wie es zu solchen Satanismus-Verschwörungstheorien kommen kann. Annika Brockschmidt schildert diese Hintergründe in ihrem Buch «Amerikas Gotteskrieger» erhellend.
Der Bestseller «Michelle Remembers» wurde vom kanadischen Psychiater Lawrence Pazder und seiner ehemaligen Patientin Michelle Smith geschrieben. Die junge Frau berichtet darin von schrecklichen Erlebnissen. Brockschmidt fasst die Schilderungen von Smith so zusammen:
«Sie sei als Kind gezwungen worden, Menschenopfern zuzuschauen, habe Kannibalismus erlebt und Orgien beigewohnt. Das sei alles im Rahmen ritueller Handlungen einer satanischen Sekte geschehen. Das Buch war unter höchst umstrittenen Umständen 1980 entstanden und führte zu regelrechter Hysterie in der amerikanischen Bevölkerung. Die Furcht ging um, dass Satanisten auch ihre Kinder zu schrecklichen Taten zwingen könnten oder diese an ihnen begingen. Lawrence Pazder selbst war ein gläubiger Katholik, der zuvor als Missionar in Afrika umhergereist war und seinen Patientinnen und Patienten oft von den dort üblichen rituellen Tieropferungen erzählte. Seine Praxis war dekoriert mit Artefakten von seinen Reisen, etwa Masken. Das war der Rahmen, in dem die Sitzungen stattfanden. Zudem war Smith ab einem bestimmten Zeitpunkt verliebt in ihren Therapeuten – später heirateten die beiden. Smiths Berichte könnten der Versuch gewesen sein, ihm Dinge zu erzählen, die ihn besonders interessierten – wie zum Beispiel rituelle Praktiken. In Michelle Remembers wird die Protagonistin schliesslich durch Jesus erlöst. Das Buch enthielt die Aufforderung zur Rückkehr zum Glauben und zur Kernfamilie als Heilmittel für die verwundeten Seelen der Missbrauchsopfer. Diese Botschaft fand in religiös-fundamentalistischen Kreisen grossen Anklang.»
Auch zum McMartin-Prozess liefert Annika Brockschmidt Informationen zum Kontext, die für das Verständnis wichtig sind:
«Der Fall der McMartin Preschool zog sich über mehrere Jahre von 1983 bis 1990 und wurde zu einem der teuersten Gerichtsprozesse in der Geschichte Kaliforniens. Die Gegend um Orange Country hatte sich in den Jahren zuvor zu einer neuen Hochburg der Religiösen Rechten entwickelt, in einem sonst Demokratischen und eher liberal geprägten Staat. Es war der wohl bekannteste Fall von “Day-Care Sex Abuse Hysteria”, wo Eltern und Psychotherapeuten behaupteten, ein Netzwerk aus Satanisten habe die Kindertagesstätten des Landes infiltriert und grausame Rituale an den Kindern durchgeführt. Die Polizei holte sich bei der Befragung der 400 minderjährigen potenziellen Opfer die nicht lizenzierte Psychotherapeutin Kee MacFarlane zur Hilfe, die eine eigene Methode zur Befragung entwickelt hatte: Anatomisch korrekte Puppen, an denen die Kinder zeigen sollten, wo und wie sie missbraucht worden seien. MacFarlane nutzte manipulative Befragungstechniken, belohnte die Kinder, wenn sie nach aggressiver, suggestiver Befragung satanischen Missbrauch schliesslich bejahten, und bestrafte sie, wenn sie ihn abstritten. Am Ende hatte sie 321 Fälle angeblichen Missbrauchs gesammelt. Die Geschichten der Kinder waren extrem: Sie seien durch unterirdische Tunnel zu bestimmten Ritualen gebracht worden, Babys seien hingerichtet worden, und sie seien gezwungen worden, sich nackt fotografieren zu lassen.»
Brockschmidt schildert auch den Fall von Dan und Frances Keller, die eine Tagesstätte in Austin (Texas) leiteten. Sie wurden 1992 zu 48 Jahren Gefängnis verurteilt, weil sie angeblich Kleinkinder zerstückelt und rituell missbraucht hätten. Die Anklage stützte sich auch hier auf erzwungene Berichte von Kindern und einem Arzt, der seine Aussage später zurückzog. Die Zeugenaussagen der Kinder stellten sich in der Folge als falsch heraus, Erst im Jahr 2013 wurde die Unschuld der Keller’s bestätigt, und der Justizirrtum korrigiert. Nach über 20 Jahren im Gefängnis wurden sie entlassen. Sie lebten daraufhin in Armut, weil sie wegen ihrer Vergangenheit und ihrem Alter keine Arbeit mehr fanden. Im Jahr 2017 zahlte der Bundesstaat ihnen eine Entschädigung in der Höhe von 3,4 Millionen Dollar.
Brockschmidt weist darauf hin, dass die Recovered Memory-Methode, die oft wie im Fall von Michelle Smith durch Hypnose angewandt wurde, in der Psychologie heute als fehleranfällig und unzuverlässig gilt:
«Die Therapeutinnen und Therapeuten stellten durch suggestive Fragen eine Erinnerung an satanische Folter her. Dabei kann in der Vergangenheit der Person trotzdem Missbrauch stattgefunden haben. Doch für Betroffene kann es einfacher sein, eine anonyme, als böse konnotierte Gruppe als Schuldige auszumachen statt den eigenen Familien- oder Bekanntenkreis – letztere Variante ist statistisch gesehen sehr häufig bei solch traumatischen Erlebnissen. Es gibt bis heute keine Beweise für die während der Satanic Panic beschriebenen grossen, international vernetzten Satanssekten, die systematischen Kindesmissbrauch und Mord betrieben haben sollen.»
Brockschmidt thematisiert auch die Funktion dieser Satanismus-Verschwörungstheorien für die Religiöse Rechte und die eigenartige Übereinstimmung mit manchen Feministinnen:
«In den 1980er-Jahren kam es zu einer seltsamen Allianz zwischen Feministinnen, Aktivisten für den Schutz von Kindern und der Religiösen Rechten unter dem Slogan “Wir glauben den Kindern”. Doch anstatt Missbrauch von Kindern innerhalb der Familien zu thematisieren, fokussierte man sich auf Fälle mit angeblich satanisch-rituellem Hintergrund, die in das Weltbild der Religiösen Rechten passten und in ihren Augen einen weiteren Beweis dafür lieferten, dass das Aufbrechen der Kernfamilie Amerika ins Verderben führe. Die Panik über angeblichen rituellen Missbrauch in Kindertagesstätten ist in diesem Kontext zu verorten. Die Implikation lautete: Nur wer seine Kinder bei sich zu Hause lässt, kann sich wirklich sicher sein, dass ihnen nichts geschieht.»
Satanismus-Verschwörungstheorien in der Schweiz
Die Corona-Krise hat neue und alte Verschwörungstheorien befeuert und sichtbarer gemacht. Dabei konnte auch der US-amerkanische QAnon-Kult verstärkt in Europa Fuss fassen. Und in dieser Szene werden uralte, antisemitische Verschwörungsmythen von rituellem Kindsmissbrauch wieder aufgewärmt (siehe: Ritualmordlegenden). QAnon-Verschwörungsideologen wie Attila Hildmann und Xavier Naidoo fabulieren von 100 000 Kindern, die in Höhlen und Bunkern unter Europa gefangen gehalten und gefoltert werden, damit liberale Eliten aus ihrem Blut das angebliche Verjüngungsmittel Adrenochrom gewinnen können. Kein Wunder, dass in diesem Umfeld bei Menschen, die für solche Geschichten empfänglich sind, die Mär vom satanistischen Kindesmissbrauch wieder aufkommt.
In der Schweiz sind Satanismus-Verschwörungstheorien durch eine eindrückliche SRF-Reportage ins Gespräch gekommen. Da gibt es also einen Verein, nennen wir ihn Verein X., dessen Mitglieder überzeugt sind, sie müssten Opfern von satanistischen Ritualen beistehen. Dieser Verein X. bietet auch Weiterbildungen an, zum Beispiel für Lehrpersonen und Therapeutinnen und Therapeuten. Der Präsident des Vereins nennt als Täter unter anderem die «Freimauer», ein deutlicher Hinweis auf Verschwörungstheorien.
Wie in den USA ist auch in der Schweiz kein einziger Fall von satanistisch-rituellem Kindesmissbrauch durch Fakten belegt und gerichtlich bestätigt worden. Trotzdem gibt es zum Beispiel, wie die SRF-Reportage zeigt, einen Oberarzt der Psychiatrischen Klinik Littenheid, der an solche Satanismus-Verschwörungstheorien glaubt und das auch in seine Therapien einfliessen lässt. Auf die Frage, wie er in der Therapie entdecken kann, ob jemand von satanistisch-rituellem Kindesmissbrauch betroffen ist, sagt der Psychiater «dass jemand in die Weite schaut oder keinen Augenkontakt aufnimmt». Es gibt allerdings 100 Gründe, weshalb jemand in die Weite schaut oder keinen Augenkontakt aufnimmt. Wenn ein Psychiater hier schon den Verdacht auf satanistisch-rituellen Kindesmissbrauch im Kopf hat, stimmt wohl eher etwas mit dem Psychiater nicht. Ein Psychiater sollte auch wissen, dass unsere Erinnerung sehr plastisch ist. Dieses Phänomen hat die Rechtspsychologin Julia Shaw in ihrem Buch «Das trügerische Gedächtnis» eindrücklich beschrieben. Sie ist der Meinung, dass keine Erinnerung der Wahrheit entspricht. Sie erläutert:
«Sich zu erinnern ist ein sozialer Prozess. Die Neurowissenschaften zeigen, wie flexibel das Gehirn ist. Unsere Erinnerung ist wie eine Wikipedia-Seite. Sie selbst können sie verändern, aber andere können das auch. Die Netzwerke, die das Gedächtnis bilden, verändern sich durch soziale Prozesse.»
«False Memory» ist deshalb bei Strafprozessen ein problematisches Phänomen. Aber auch Therapeutinnen und Therapeuten sowie Ermittlungsbeamte sollten darüber gut Bescheid wissen, damit sie ihrem Gegenüber keine falschen Erinnerungen einpflanzen.
Im SRF-Film kommt auch eine Lehrerin zu Wort, die glaubt, sie müsse Opfer von satanisch -rituellem Missbrauch betreuen. Ihre Absicht mag zwar gut sein, doch scheint sie wie der Psychiater kein Bewusstsein von der False-Memory-Problematik zu haben.
Hier geht’s zu den SRF-Reportagen auf YouTube:
☛ Verschwörungstheorie zu rituellem Missbrauch kursiert in der Schweiz: Satanic Panic 1
☛ Gehirnwäsche in der Psychiatrie – Satanic Panic 2:
Mit Stellungnahmen des renommierten forensischen Psychiater Frank Urbaniok.
☛ Q&A zur Reportage «Satanic Panic 2» mit Hugo Stamm, Lydia Benecke & Frank Urbaniok | rec. | SRF Dok:
☛ Tragische Folgen einer Verschwörungserzählung | «Satanic Panic 3» | Reportage | rec.| SRF:
Und hier ein kürzerer Beitrag der Sendung «10 vor 10» zu diesem Fall mit einer Stellungnahme des Gerichtspsychiaters Thomas Knecht:
https://www.srf.ch/play/tv/redirect/detail/9bbacb31-cda1-4fc4-a5dd-3d5779c001d5?startTime=891
Über „Satanic panic“-Verschwörungstheorien in der Schweiz unterhält sich Olivia Röllin mit der Religionswissenschaftlerin Dorothea Lüddeckens und dem forensischen Psychiater Frank Urbaniok:
https://www.srf.ch/audio/sternstunde-religion/verschwoerungstheorien-und-ihre-gefahren?id=12324397
Hier die gleiche Sendung auf YouTube:
Fazit:
☛ Sexueller Missbrauch von Kindern ist eine traurige Realität, die jedoch am häufigsten im nahen Umfeld stattfindet (Familie, Sportverein u. ä.).
Die Satanismus-Verschwörungstheorien lenken von diesen häufigen Tätern eher ab und behindern die Bekämpfung von realem Missbrauch.
☛ Opfern von Kindesmissbrauch wurde zu lange nicht geglaubt. Grundsätzlich ist es wichtig, dass ihnen geglaubt wird. Das sollte aber nicht blind geschehen.
☛ Es ist auch unzweifelhaft, dass organisierten Missbrauch vorkommt, zum Beispiel im Bereich Kinderpornografie oder Kinderhandel. Der Fall Epstein ist ein Beispiel für den organisierten Missbrauch Minderjähriger. Ein weiteres Beispiel ist der Missbrauchsskandal von Rotherham in England. Weitreichenden Versagen von Behörden und Polizei verzögerte hier die Aufdeckung der Verbrechen um viele Jahre.
☛ Für satanistisch-rituellen Missbrauch fehlen jedoch jegliche Beweise. Dann wenn es um Erzählungen von Kinderbluttrinken, Menschenopfer, Kannibalismus etc. geht, ist der Einfluss von Satanismus-Verschwörungstheorien sehr naheliegend.
☛ Auf den Einwand, dass es für satanistisch-rituellen Kindesmissbrauch keine Beweise gebe, kommt in der Regel prompt die Erklärung, dass die Verschwörer halt so mächtig und einflussreich sind, dass sie alle Beweise verschwinden lassen können. Diese Immunisierungsstrategie gegen Kritik ist charakteristisch für Verschwörungsgläubige. Die Tatsache, dass es keine Beweise gibt, fassen Verschwörungsgläubige als Bestätigung ihrer Überzeugungen auf. Die Verschwörer werden als so mächtig fantasiert, dass sie alle Beweise verschwinden lassen können.
☛ Wer sich gegen die Satanismus-Verschwörungstheorie stellt, wird von ihren Anhängerinnen und Anhängern rasch als Unterstützer der Missbraucher oder gar als Mittäter diffamiert. Auch das ist eine typische Immunisierungsstrategie für Verschwörungsgläubige. Das könnte zum Beispiel geschehen, wenn die Psychiatrische Klinik Littenheid den erwähnten Oberarzt entlässt. Für Verschwörungsgläubige würde sich hier sogleich der lange Arm der Täter zeigen. Die Klinik hat inzwischen verlauten lassen, dass der Oberarzt freigestellt ist, bis interne Abklärungen stattgefunden haben.
Quellen:
☛ Beitrag zum Thema Satanismus auf Wikipedia.
☛ Demaskiert – Kurzinformation zu Verschwörungstheorien (Kreis Recklinghausen)
☛ Beitrag zum Thema «Verschwörungstheorien / Die Regierung als Verschwörung» auf Wikipedia.
☛ Falsche Erinnerungen, fatale Folgen: Wenn das Gedächtnis lügt (SRF, Beitrag zu den Forschungen von Julia Shaw).
☛ Nach Satanisten-DOK auf SRF:
Psychiatrische Klinik Littenheid stellt Oberarzt frei (Blick)
☛ Annika Brockschmidt, Amerikas Gotteskrieger, Rowohlt Verlag 2021
☛ Eine Reportage der WoZ zeigt, dass die „Satanic Panic“-Verschwörungstheorie in der Schweiz keinesfalls nur ein evangelikales Randphänomen ist, sondern von renommierten Fachleuten aus der Psychotraumatologie vertreten wird:
Satanic Panic: Der Teufel im Therapiezimmer (WoZ)
Ausserdem:
Siehe auch auf dieser Website:
Kinderschutzorganisationen wehren sich gegen QAnon-Verschwörungsideologie
Ermittler decken Kindesmissbrauch auf – nicht Verschwörungstheoretiker
Reportage zu Satanismus-Verschwörungstheorien in der Schweiz
Klinik Littenheid: Gutachter findet zahlreiche Hinweise auf satanistische Verschwörungstheorien