Im Portal «meinbezirk» ist ein Interview erschienen mit der Politik- und Medienanalystin Maria Pernegger. Dabei geht es auch um Stimmungsmache im Netz und insbesondere auf den Social-Media-Plattformen.
Die Expertin geht zuerst auf die Vor- und Nachteile des Internets und insbesondere der Social Media ein:
«Noch vor 100 Jahren war Zugang zu Wissen und Informationen nur den Eliten möglich. Heute ist das anders und das ist eindeutig gut so: eine Unmenge an Daten, Nachrichten oder wissenschaftlichen Arbeiten sind im Netz mittlerweile der breiten Bevölkerung frei zugänglich. Das ist eine einmalige Chance für Wissensaneignung und Teilhabe. Zugleich machen sich aber massive Schattenseiten bemerkbar, etwa dort, wo falsche Informationen ungefiltert, unhinterfragt und ungeprüft weitergeteilt werden oder gezielt Falschinformationen und Verschwörungstheorien in Umlauf gebracht werden.»
Dann kommt das Gespräch auf den gegenwärtig wohl heikelsten Punkt:
«Unserer Arbeit in der Medienbeobachtung liefert den besorgniserregenden Befund, dass insbesondere negative Nachrichten, die Angst und Verunsicherung schüren in den sozialen Medien wesentlich mehr Resonanz erreichen, als positive Aussagen oder faktenbasierte Beiträge. Die Bilanz fällt also zugunsten der Stimmungsmache aus, denn Emotionen schlagen die Fakten fast immer! Daraus ergeben sich gesellschafts- und demokratiepolitische Gefahren.»
Den Internetnutzerinnen und -nutzern rät die Expertin, die Medienvielfalt nutzen, Meldungen zu überprüfen und nicht jeden Blödsinn weiterzuteilen.
Quelle:
„Emotionen schlagen Fakten fast immer!“ (meinbezirk.at)
Anmerkungen:
Stimmungsmache gewinnt gegen Fakten
Die Politik- und Medienanalystin Maria Pernegger spricht hier ein zentrales Problem der Social-Media-Welt an:
Stimmungsmache und Emotionalisierung haben auf Facebook, Twitter, Instagram & Co. tatsächlich die besseren Karten. Sie werden viel stärker verbreitet als differenziert argumentierende Post. Das hat im Wesentlichen zwei Gründe:
Auf der psychologischen Ebene reagieren Nutzerinnen und Nutzer auf emotionalisierende Posts viel stärker mit Teilen und Liken.
Auf der Ebene der Algorithmen wird dieser Effekt noch verstärkt. Für die Social-Media-Konzerne sind Posts, die oft geteilt und geliket werden, wertvoll, weil sie die Nutzerinnen und Nutzer als Werbekonsumenten länger auf den Plattformen halten. Deshalb belohnen die Algorithmen Beiträge, die oft geteilt werden und viele Likes bekommen. Sie werden deutlich stärker verbreitet. Das wurde zum Beispiel für Beiträge der QAnon-Verschwörungsideologie belegt. Siehe dazu:
Unakzeptabel: Facebook hat QAnon-Verschwörungsideologie gefördert
Facebook fördert Verschwörungstheorien
Dieses Ungleichgewicht der Spiesse muss sich ändern. Die Plattformen fördern dadurch Polarisierung und Radikalisierung.
Stimmungsmache und Emotionalisierung auf Social Media dürfen nicht belohnt werden.