Desinformation und Verschwörungstheorien rund um die Corona-Pandemie sind nicht einfach individuelle Geschichten. Sie sind auch Ergebnis von Propagandastrategien staatlicher Akteure. Die Deutsche Welle hat dazu Berichte zusammengestellt:
Der Verfassungsschutz in Deutschland hat davor gewarnt, dass Rechtsextreme die Coronakrise propagandistisch für ihre Zwecke missbrauchen. Die EU kritisiert ausserdem gezielte Desinformationskampagnen ausländischer Regierungen.
Der deutsche Inlandsgeheimdienst hat vor einer Instrumentalisierung der Corona-Krise durch Rechtsextreme gewarnt.
Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, sagte der Wochenzeitung «Die Zeit», das Virus finde in der rechtsextremistischen Szene „große Beachtung“.
Die Corona-Pandemie werde zum Anlass genommen, das Vertrauen in die Bundesregierung zu untergraben, Verschwörungstheorien zu verbreiten und Migranten als Überträger des Virus zu brandmarken: „Gleichzeitig werden Untergangsszenarien entworfen, um Zustimmung zu radikalen und extremistischen Positionen zu erzeugen.“
Die Verfassungsschutzbehörden hätten solche Aktivitäten deshalb genau im Blick, unterstrich Haldenwang.
Abwehrzentrum gegen Desinformation
Der FDP-Bundestagsabgeordnete Benjamin Strasser verlangt ein zentrales Abwehrzentrum gegen Desinformation beim Bundesinnenministerium. Der Deutschen Presse-Agentur sagte er:
„Diese Extremisten nutzen jede Gelegenheit, Hass zu säen und den demokratischen Staat zu bekämpfen.“
Strasser bemängelt, dass die Bundesregierung keine Gesamtstrategie zum Umgang mit Desinformationen verfolgt. Gegenwärtig stelle jedes Ministerium und jede Behörde eigene Überlegungen an. Er fordert:
„In Krisensituationen muss der Rechtsstaat koordiniert gegen falsche Informationen und populistische Hetze kontern.“
Desinformation durch ausländische Regierungen
Verschiedene Versuche von Desinformationskampagnen seien gegenwärtig auch im Bundesinnenministerium Thema, hieß es dazu in der „Zeit“. Neben Reichsbürgern, Neonazis oder der Identitären Bewegung versuchten auch ausländische Regierungen durch Desinformation den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland und in der Europäischen Union anzugreifen.
Dies beklagt auch die Europäische Union. Ein Bericht des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EEAS) stellt fest, insbesondere Russland und China würden die Pandemie im eigenen Interesse instrumentalisieren. Dies geschehe oft durch direktes Infragestellen der Glaubwürdigkeit der Europäischen Union. Kritisiert wird in diesem Zusammenhang auch, dass Online-Plattformen weiterhin Geld damit verdienen, Falschnachrichten und Verschwörungstheorien im Zusammenhang mit dem neuartigen Coronavirus zu verbreiten.
Der EEAS hat nach eigenen Angaben die Verbreitung von Desinformation in einer Reihe von Ländern untersucht: In der EU, in Afrika, China, Russland, dem Westbalkan und im Großraum Mittlerer Osten. Der Bericht kommt zum Schluss, dass Behauptungen, wonach die EU angesichts von Covid-19 zerfällt, in allen analysierten Regionen ein Trend in den sozialen Medien sind.
Die Propaganda vermittelt das Bild einer fragilen EU
Vor allem staatsnahe russische Akteure malen demnach die Darstellung an die Wand, dass die EU kurz vor dem Kollaps stehe. In der Ukraine werde diese Botschaft darüber hinaus mit der Beschreibung des staatlichen Scheiterns im eigenen Land verbunden.
Dort und insbesondere in den Ländern des westlichen Balkans werde die Corona-Krise zudem mit dem Vorwurf kombiniert, die EU lasse ihre Verbündeten im Stich.
Laut EEAS fanden die Berichte über russische Hilfslieferungen an Italien in Russland und bei Kreml-nahen Auslandsmedien wie RT und Sputnik großen Anklang. Der Bericht vermerkt, dass die staatlich kontrollierten russischen Medien ihren Schwerpunkt verlagert haben, um die Bereitschaft Russlands zur Bekämpfung des Ausbruchs hervorzuheben.
China verbreitet eigene Verschwörungstheorien
Die Untersuchungen der EEAS zeigten auf, dass chinesische Staatsmedien und Regierungsvertreter weiterhin nicht belegte Theorien über den Ursprung von Covid-19 verbreiten: „Es gibt Versuche, den Eindruck zu erwecken, dass es beispielsweise von US-Militärangehörigen nach Wuhan gebracht wurde oder dass es aus Italien stammen könnte.“ Die chinesischen Berichterstattung hebe zudem die Dankbarkeit europäischer Regierungschefs für chinesische Hilfslieferungen hervor.
Dem Bericht der EEAS gemäss spielen Online-Plattformen in der Coronakrise eine unrühmliche Rolle. Facebook zum Beispiel habe angekündigt, entschieden gegen Verschwörungstheorien und Falschinformationen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie vorzugehen. Doch trotzdem verdienten die großen Plattformen weiterhin an Desinformationen und schädlichen Inhalten, „zum Beispiel durch das Schalten von Online-Anzeigen auf Seiten, die Migranten fälschlicherweise als Ursache des Virus darstellen, falsche Heilmittel bewerben oder Verschwörungstheorien verbreiten“.
Der ständige Strom von Desinformation und Verschwörungstheorien hat nicht nur in der Coronakrise negative Folgen. Er bewirkt längerfristig auch eine Zersetzung des Vertrauens in demokratische Institutionen durch die Förderung einer Verschwörungsmentalität.
Quelle:
Desinformation und Nazi-Propaganda zur Corona-Pandemie (Deutsche Welle)
Den EEAS-Bericht gibts hier:
Beispiele für Desinformation und Verschwörungstheorien verbreitet durch den Propagandakanal „Sputnik“ aus Russland:
Sputnik: Coronavirus Could be Designed to Kill Elderly Italian (EUvsDisinfo)
Laufen zu Desinformation aus russischen Quellen: https://euvsdisinfo.eu/