Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) hat zusammen mit dem Landesamt für Verfassungsschutz vor Corona-Verschwörungsideologien gewarnt, die im Zusammenhang mit staatlichen Pandemie-Massnahmen stehen. Es sei völlig legitim und Ausdruck einer freien Gesellschaft, staatliches Handeln zu hinterfragen, unterstrich Beuth anlässlich des Herbstgesprächs des Landesamts für Verfassungsschutz (LfV) in Wiesbaden.
Der Minister betont jedoch gleichzeitig, dass Querdenker und Corona-Leugner auch wirre Verschwörungsideologien verbreiten und zum Widerstand gegen geltende Corona-Regeln aufrufen.
Diese zum Teil aggressive Agitation könne wie ein „Radikalisierungsbeschleuniger“ wirken, mahnte Beuth. Der feige Mord von Idar-Oberstein habe gezeigt, dass schwerste Straftaten aus dieser heterogenen Szene heraus möglich sind. Wer Hassreden oder Gewaltaufrufe wahrnehme, solle sich umgehend an die Sicherheitsbehörden wenden oder online an die Meldestelle hessengegenhetze.de.
Im rheinland-pfälzischen Idar-Oberstein war ein junger Tankstellenmitarbeiter erschossen worden, weil er einen Kunden zum Tragen einer Corona-Maske aufforderte.
Corona-Verschwörungsideologien sind anschlussfähig für gewaltbereite Akteure
Das hessische Landesamt für Verfassungsschutz warnte davor, dass die Programmatik der Gegner der staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie auch für gewaltorientierte Akteure anschlussfähig sei. Sogenannte Verschwörungsideologien seien grundsätzlich dazu geeignet, zur Legitimation selbst von schwersten Gewaltstraftaten herangezogen zu werden, erklärte dazu Robert Schäfer, der Präsident des hessischen Verfassungsschutzes. Der Verfassungsschutzverbund habe deshalb die nötigen Voraussetzungen geschaffen, damit radikale Querdenker oder Corona-Leugner mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachtet werden können.
Die Bewertung des LfV ergibt laut Schäfer für die Szene der Gegner der staatlichen Corona-Maßnahmen eine hohe Affinität zu Verschwörungsideologien. Diese Verschwörungsideologien würden im Rahmen von Redebeiträgen, Internetäußerungen und Chatbeiträgen verbreitet. Durch die kontinuierliche Verbreitung von Verschwörungsideologien könnten sowohl Radikalisierungsverläufe von Einzelpersonen als auch von Gruppierungen begünstigt werden.
Der hessische Verfassungsschutzpräsident wies darauf hin, dass die Szene der Gegner der staatlichen Corona-Maßnahmen sehr verschieden ausgeprägt ist und in der Regel eine äußerst heterogene Zusammensetzung zeigt. Sie umfasst neben Impfkritikern, 5G-Skeptikern, Anhängern von Verschwörungsideologien und Esoterikern auch Extremisten.
Darunter seien sowohl gewaltorientierte Rechtsextremisten zu finden als auch Angehörige der Reichsbürger-Szene und Selbstverwalter. Der Verfassungsschutz hat auch festgestellt, dass an Veranstaltungen der Szene auch Personen teilnehmen, die sich demokratiefeindlich äußerten.
Die Zahl politisch motivierter Straftaten aus diesem heterogenen Spektrum ist jedoch aus Sicht der hessischen Polizei vergleichsweise gering, sagte Minister Beuth. Es lägen auch keine Erkenntnisse vor dass die Gesamtheit dieser heterogenen Szene gewaltbereit sei. Die Gewalttat in Idar-Oberstein habe jedoch gezeigt, dass Personen, die sich mutmaßlich unter dieses heterogene Phänomen subsumieren ließen, auch vor schwersten Gewaltstraftaten nicht zurückschreckten.
Quelle:
Beuth und Schäfer warnen vor Corona-Verschwörungsideologien (Süddeutsche)
Ausserdem:
☛ Das Problem mit den Corona-Verschwörungsideologien ist natürlich nicht auf Hessen beschränkt. Siehe dazu den Beitrag in der Enzyklopädie:
☛ Im Rahmen von Corona-Verschwörungsideologien werden auch Kinder instrumentalisiert:
Corona-Verschwörungstheorien: Wie Kinder instrumentalisiert werden
☛ Die Corona-Verschwörungstheorien der Querdenker sind auch anschlussfähig an Antisemitismus:
Corona-Pandemie: antisemitische Verschwörungsmythen auf dem Vormarsch
Antisemitismus und Verschwörungstheorien