Der Report „Hate Speech – ein europäischer Vergleich“ fasst die Resultate aus zwei Jahren internationaler Projektarbeit zusammen. In der COVID-19-Pandemie finden international insbesondere antisemitische Verschwörungsmythen neue Verbreitung.
Dabei werden bestehende extremistische Narrative an die aktuelle Situation angepasst und Jüdinnen und Juden für die Entstehung und Verbreitung des Virus verantwortlich gemacht. „Geheime Eliten“ würden die Pandemie nutzen, um eine „Neue Weltordnung“ einzuführen oder eine Diktatur zu etablieren. Oft wird dabei direkt eine jugendliche Zielgruppe angesprochen. Diese Beobachtung von jugendschutz.net bestätigte sich jetzt auch länderübergreifend im Zuge eines Projekts mit europäischen Partnerorganisationen. Häufig wurden bekannte Verschwörungsmythen gegen Geflüchtete mit neuen Bezügen ausgestattet. So fand zum Beispiel die ursprünglich aus Frankreich stammende Verschwörungstheorie des „Großen Bevölkerungsaustauschs“ im Kontext der Pandemie große Verbreitung. Nun fasst der Report „Hate Speech – ein europäischer Vergleich“ die Resultate aus zwei Jahren internationaler Projektarbeit zusammen.
Stefan Glaser, Leiter von jugendschutz.net, sagt dazu:
„Der Report belegt eindrucksvoll, wie sich extremistische Gruppen über soziale Medien vernetzen und menschenverachtende Ideen in die Köpfe junger Menschen tragen – und dies länderübergreifend. Daher ist es wichtig, dass sich zivilgesellschaftliche Organisationen transnational vernetzen und Gegenstrategien entwickeln. Vor allem sind die Anbieter globaler Dienste gefragt, Kinder und Jugendliche besser vor Hass und Hetze im Internet zu schützen und hierfür beispielsweise effektive Meldesysteme zu implementieren.“
Hate Speech und Verschwörungsmythen
Zwischen 2018 und 2020 hat jugendschutz.net zusammen mit neun europäischen Partnerorganisationen das Projekt „Platforms, Experts, Tools: Specialised Cyber Activists Network“ (sCAN) durchgeführt. Die EU-Kommission förderte das Projekt. Durch gemeinsamen Recherchen wurden die verschiedenen Phänomene und Verbreitungswege von Hate Speech im Netz unter die Lupe genommen. Schwerpunkte waren dabei die Kategorisierung von Hassphänomenen und Trends sowie die Recherche des Reaktionsverhaltens großer Social-Media-Dienste. Dabei zeigte sich: Die Extremistinnen und Extremisten verschiedener Länder nutzen vergleichbare Narrative und Verschwörungsmythen. Um der stärker werdenden Moderation in großen internationalen Netzwerken zu entgehen, weichen extremistische Gruppierungen zunehmend auf kleinere Plattformen aus.
Die Erkenntnisse des Projekts flossen in Online-Kurse und Workshops ein. Partnerschaften und gemeinsame Projekte sollen auch nach dem Abschluss des sCAN-Projektes im Rahmen des International Network Against Cyber Hate (INACH) weitergeführt werden.
Der Projektbericht steht hier zum Download bereit: www.jugendschutz.net/pdf/Report_Hate_Speech_Europaeischer_Vergleich.pdf. Die Resultate des Projekts lassen sich unter scan-project.eu abrufen.
Infos zu jugendschutz.net
jugendschutz.net recherchiert Gefahren und Risiken in jugendaffinen Diensten. Es handelt sich um das gemeinsame Kompetenzzentrum von Bund und Ländern für den Schutz von Kindern und Jugendlichen im Internet, gegründet 1997 von den Jugendministerien. Die Organisation ist seit 2003 an die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) angebunden. Sie wirkt auf Anbieter und Betreiber ein, ihre Angebote so zu gestalten, dass Kinder und Jugendliche sie unbeschwert nutzen können. Die obersten Landesjugendbehörden, die Landesmedienanstalten und das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend fördern die Stelle.
Wichtig:
jugendschutz.net betreibt eine Online-Beschwerdestelle. Sie nimmt Hinweise auf Verstöße gegen den Jugendmedienschutz entgegen. Verstöße im Internet können gemeldet werden über die Hotline: www.jugendschutz.net/hotline.
Quelle:
Corona-Pandemie: Verschwörungsmythen auf dem Vormarsch (Pressemeldungen jugendschutz.net)
Ausserdem:
Über Covid-19, Antisemitismus und weitere Verschwörungsmythen hat die Ludwigsburger Kreiszeitung (LKZ) mit Michael Blume gesprochen:
Covid-19: Die verschiedenen Verschwörungsmythen fliessen im Netz zusammen
Hier gibt es einen umfassenderen Artikel zum Thema Antisemitismus und Verschwörungstheorien.