Der frühere Mitarbeiter Martin Hasler wirft dem Schweizer Fernsehen (SRG) in einem Buch Manipulation vor. Damit kommt er bei Corona-Leugnern und SRG-Gegnern gut an. Das Buch scheint allerdings eher ein Beleg dafür zu sein, dass der Autor tief in den Sumpf von Verschwörungstheorien abgeglitten ist.
Dass die Corona-Pandemie manche Leute überfordert, ist nachvollziehbar. Wer in einer solchen Situation Verschwörungstheorien übernimmt, findet dadurch nicht selten Sinn und Orientierung, zahlt dafür manchmal aber auch einen hohen Preis.
Die «Weltwoche», selber mit Hang zu Verschwörungstheorien «gesegnet», porträtierte Martin Hasler auf einer Doppelseite als SRG-Insider, der aus «erster Hand» berichte, wie beim Schweizer Radio und Fernsehen «mit Andersdenkenden» umgegangen werde. Und darüber, wie die SRF-Redaktionen «auf eine Einheitsdoktrin» statt auf Meinungsvielfalt setzen würden.
Martin Hasler arbeitete beinahe vierzig Jahre lang für die SRG. In dieser Zeit war er als technischer Mitarbeiter bei zahlreichen Medienkonferenzen des Bundesrats dabei. Doch irgendwann konnte er nicht mehr: Heulend sei er während der Arbeit als Videooperator zusammengebrochen. Er habe nicht mehr ausgehalten, was er während der Corona-Pandemie bei dieser Arbeit bei der SRG erleben musste.
So beschreibt es Martin Hasler in seinem Buch «Im Hexenkessel der Bundeshaus-Medien», das mit seinem Untertitel verspricht, das «Tagebuch eines Insiders» zu sein.
Neben der «Weltwoche» sieht auch das neue Internetradio Kontrafunk im Buch von Martin Hasler einen Beleg dafür, dass öffentlich-rechtliche Medien als «Instrument zur Indoktrination und Ablenkung» gelten können.
Martin Hasler wirft SRG «Mediale Gehirnwäsche» vor
Martin Hasler erhebt in seinem Buch krasse Vorwürfe: Laut dem heute 62-Jährigen hat sich die SRG an einer «medialen Gehirnwäsche» beteiligt, mit der die Bevölkerung im Verlauf der Corona-Pandemie «innerhalb weniger Wochen völlig umgeformt und auf ein bestimmtes Narrativ eingeschworen» wurde. Dabei seien von den Medien zentrale Fragen von den Medien nicht gestellt oder von den Vertretern des Bundes nicht beantwortet worden, schreibt Martin Hasler in seinem Buch. Die «Mainstream»-Medien hätten «namhafte Spitzenfachleute» aus verschiedensten Bereichen einfach «ausgeblendet oder ausgeschaltet», zum Beispiel den Schweizer Historiker Daniele Ganser oder den deutschen Internisten Wolfgang Wodarg. Der Tages-Anzeiger schreibt dazu:
«Daniele Ganser ist als Verschwörungstheoretiker bekannt. Wolfgang Wodarg äusserte während der Pandemie die Ansicht, die Impfung gegen das Virus schränke die Empfängnisfähigkeit ein – und die Affenpocken-Diagnose sei eine Methode der Pharmaindustrie, um mit den Nebenwirkungen der Corona-Impfung ein Geschäft zu machen.»
Als eine SRF-Redaktorin zu Martin Hasler gesagt haben soll, Wolfgang Wodarg sei «bereits in allen Teilen widerlegt», war der Mitarbeiter ausser sich. «Solche Arroganz! Unglaublich, ich bin sprachlos, verzweifelt», schreibt der Autor dazu in seinem Buch. Er zitiert darin auch einen gewissen Dr. David E. Martin, der die Meinung geäussert haben soll, das Spike-Protein der Corona-Impfung sei «kreiert» worden, «um die Menschen abhängig machen zu können von einem weltweit verwendeten Corona-Impfstoff».
Für Martin Hasler ist auch «auffallend», dass genau jetzt, wo die Menschen durch Corona abgelenkt seien, mit Hochdruck am 5G-Netz gearbeitet werde. Ein «politisch-strategischer Zusammenhang» der Pandemie mit dem Ausbau des leistungsfähigen Mobilfunknetzwerks könne nicht ausgeschlossen werden, sondern müsse vielmehr im Auge behalten werden, meint Martin Hasler.
Er habe als «Sklave der Hintermänner» die «seelische Vergewaltigung» während der Arbeit für die SRG nicht mehr ausgehalten, schreibt Martin Hasler. Er suchte anfangs 2021 einen Psychiater auf. Seine Tätigkeit für die SRG habe er als «Zwangsarbeit» empfunden.
Kein SRG-Skandal in Sicht
Das tönt alles sehr dramatisch und mehr nach persönlicher Krise denn als SRG-Skandal. Aber das wird Corona-Leugner und SRG-Feinde nicht davon abhalten, daraus einen SRG-Skandal zu inszenieren.
Die Corona-Pandemie deutet Hasler als Komplott «einer globalen, höchst kriminellen Täterschaft», die uns «mittels Virus-Scheinargumenten an der Nase» herumführen will.
Dafür meint Martin Hasler auch Hinweise in der Berichterstattung der SRG gefunden zu haben: Im Verlauf einer Medienkonferenz im März 2020 wurde erwähnt, dass 280 Personen schon beatmet werden mussten. Der leitende BAG-Mitarbeiter Daniel Koch wurde damals gefragt, ob er Vergleichszahlen aus den Grippewellen der früheren Jahre kenne. Koch hatte auf diese Frage keine Antwort, was für Martin Hasler ein schlagender Beweis ist, dass etwas nicht stimmt. «DIES IST EIN SKANDAL!», notiert der frühere SRG-Mitarbeiter in seinem nun veröffentlichten Tagebuch.
Verschwörungstheorien führen zu Konflikten mit der SRG
Für den Tages-Anzeiger ist «Im Hexenkessel» deshalb «nicht der Enthüllungsbericht eines Insiders. Sondern letztlich das Dokument eines langjährigen Mitarbeiters, der Verschwörungstheorien verfiel und damit aneckte: Hasler schrieb E-Mails an seine Vorgesetzten, SRF-Mitarbeitende und weitere Medienschaffende, in denen er seine Sicht der Dinge darlegte, worauf sich nur die wenigsten einlassen wollten.»
Er weigerte sich, im Medienzentrum des Bundeshauses eine Maske zu tragen und wurde deshalb zurechtgewiesen. In seinem Büro hängt Martin Hasler als «persönliches Ventil» Zitate und Sprüche auf, die zu Diskussionen mit Vorgesetztem führten. Dazu gehörte auch der Satz, Corona sei «die grösste Lüge, die der Menschheit bisher zugemutet wurde».
Martin Hasler wurde im Oktober 2021 frühpensioniert.,
Die SRG wollte gegenüber dem Tages-Anzeiger aus persönlichkeitsrechtlichen Gründen nicht im Detail Stellung nehmen zu diesem Fall.
Das Medienunternehmen betonte aber, eine «eine offene und transparente Kultur» zu pflegen, in der jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter die Möglichkeit habe, seine eigene Meinung zu äussern.
Die SRG habe sich zudem während der Corona-Pandemie durch «grösste thematische Diversität und Ausgewogenheit» ausgezeichnet. Dies habe eine Studie des Forschungszentrums Öffentlichkeit und Gesellschaft an der Universität Zürich gezeigt. Gegenüber Regierung und Behörden habe die SRG «die grösste kritische Distanz» gewahrt.
Quelle:
Der SRG-Insider der «Weltwoche» ist Verschwörungstheorien verfallen (Tages-Anzeiger, Abo)
Ergänzungen:
☛ Nur schon dass Martin Hasler als «namhafte Spitzenfachleute» Daniele Ganser und Wolfgang Wodarg empfiehlt, zeigt, dass er tief in den Kaninchenbau der Verschwörungstheorien eingetaucht ist. Beide sind bekanntermassen leuchtende Sterne am Firmament der Verschwörungstheorien.
Daniele Ganser hat in Bezug auf Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg keinerlei fundierte Expertise. Siehe dazu auch:
Daniele Ganser zum Ukraine-Krieg
Weshalb Daniele Ganser als Historiker unglaubwürdig ist
Daniele Ganser: Medienkritik mit ideologischer Schlagseite
Wolfgang Wodarg veröffentlicht laufend hochgradig irreführende Infos zur Corona-Pandemie.
☛ Die „Weltwoche“ präsentiert Martin Hasler als Insider und inszeniert damit einen nicht vorhandenen SRG-Skandal. Siehe dazu:
Überläufer (Renegaten) und ihre Bedeutung für Verschwörungstheorien