Des «Goldene Brett vorm Kopf» ist ein Schmähpreis für den größten unwissenschaftlichen Unsinn des Jahres. Es ist nicht überraschend, dass die Favoriten bei der Preisverleihung des «Goldenen Brett vorm Kopf» etwas mit Corona und Verschwörungstheorien zu tun haben. Schliesslich waren gleich drei Personen auf der Shortlist gelandet, die sich mit Desinformationen bis hin zu blankem, gefährlichem Nonsens rund um das Coronavirus spziell hervorgetan hatten: der „Fehlalarm“-Arzt Sucharit Bhakdi, der Verschwörungsideologe Attila Hildmann und der „Querdenker„-Gründer Michael Ballweg.
Alle drei hätten den Schmähpreis verdient, bekommen hat ihn schließlich Sucharit Bhakdi für seine unwissenschaftlichen Verharmlosungen der Covid-19-Pandemie. Der Preis fürs Lebenswerk geht in diesem Jahr an den deutschen Aktivisten Ken Jebsen und seinen Kanal „KenFM“.
Das «Goldene Brett vorm Kopf“ wurde heuer zum zehnten Mal verliehen. Die «Wiener Skeptiker», der lokale Ableger der «Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften» (GWUP) sind für die Preisvergabe verantwortlich. Aus den über 300 Vorschlägen, die online eingetroffen waren, wählte eine Fachjury zunächst drei Finalisten. Und daraus dann den Sieger, der in diesem Jahr eben Sucharit Bhakdi heißt.
Sucharit Bhakdi verdient diesen Preis zweifellos
Sucharit Bhakdi ist seit Monaten immer wieder mit Aussagen aufgefallen, die dem Konsens innerhalb der Wissenschaft widersprechen: Er behauptete, es werde keine zweite Welle geben, der Großteil der Bevölkerung sei schon längst immun, man solle doch die Masken ablegen. Dass solche Aussagen falsch sind, ist inzwischen angesichts der neuen Corona-Welle offensichtlich. Sucharit Bhakdi wurde immer wieder für seine Behauptungen heftig kritisiert, revidierte sie aber trotzdem nicht. Sein Buch „Corona Fehlalarm?“ erwies sich als Bestseller – und Bhakdi selbst wurde zum beliebten Interviewpartner und Gast in Diskussionssendungen.
Als Infektionsepidemiologe wird Bhakdi von vielen Menschen als wissenschaftliche Autorität betrachtet, auch wenn seine Gedanken weit von etablierten Lehrmeinungen entfernt sind. „Das ist Wasser auf die Mühlen all jener Leute, die sich selbst als ‚Querdenker‘ feiern und behaupten, der Wissenschaft sei nicht zu trauen“, unterstreichen die «Wiener Skeptiker». Sucharit Bhakdi illustriert für sie zudem das Phänomen der „False Balance„: In den Medien wird versucht, unterschiedlichen Meinungen ähnliches Gewicht zukommen zu lassen. Das sei sinnvoll, wenn beide Meinungen berechtigt seien, erklären die «Skeptiker». Wenn die eine Meinung jedoch auf wissenschaftlichen Fakten beruht und die andere nicht, dann dürfe man nicht so tun, als befänden sich beide auf Augenhöhe.
Kriterien für die Vergabe des «Goldenen Brett vorm Kopf»
Bei der Vergabe des „Goldenen Bretts“ werden eine ganze Reihe von Kriterien berücksichtigt: Wie abwegig sind die geäusserten Behauptungen? Wie kritikresistent verhält sich die Person, wenn sie mit Fakten widerlegt wird? Profitiert sie auch finanziell? Finden ihre Behauptungen große Verbreitung? Werden pseudowissenschaftliche Aussagen fälschlicherweise als echte Wissenschaft ausgegeben und besteht dadurch eine konkrete Gefahr? Sucharit Bhakdi punktet in all diesen Kategorien, obwohl er es eigentlich besser wissen müsste. Schließlich hat er viele Jahre als Arzt gearbeitet. Die Initiatoren der Schmähauszeichneng kommen zum Schluss: «Es gab vielleicht noch nie einen Kandidaten, auf den das ‚Goldene Brett vorm Kopf‘ so perfekt gepasst hat wie auf ihn.»
Preis fürs Lebenswerk geht an Ken Jebsen und „KenFM“
Der Preis für das Lebenswerk wurde in diesem Jahr an den Journalisten und Aktivisten Ken Jebsen (eigentlich Kayvan Soufi Siavash) und sein Sprachrohr „KenFM“, das als Radiosendung startete und dann ins Internet abwanderte. Die Skeptiker erklären dazu: «Auf KenFM scheint es keine Berührungsängste mit kruden Verschwörungstheorien zu geben: Von den ‚Charlie Hebdo‘-Anschlägen, die angeblich inszeniert waren, über George Soros und Bill Gates, die angeblich die Welt fest im Griff haben, bis hin zu verstörenden Aussagen über den Holocaust.»
Obwohl „KenFM“ abstrusen Verschwörungstheoretikern einen Kanal bietet, genießt der frühere Jugendsendungsmoderator Ken Jebsen nach wie vor viel Vertrauen in einer großen Fangemeinde. Das zeigte nach Aussagen der Skeptiker auch im Jahr 2020 im Zusammenhang mit Verschwörungsmythen über die Corona-Pandemie. In kürzester Zeit schnellten die Youtube-Views auf über drei Millionen, als „KenFM“ fragwürdge Behauptungen über die Pandemie, Masken und Impfstoffe verbreitete.
Quelle:
„Goldenes Brett vorm Kopf“ geht an „Fehlalarm“-Autor Sucharit Bhakdi (Der Standard)
Anmerkungen:
Sucharit Bhakdi argumentiert in seinem Buch wissenschaftlich unseriös und sehr tendenziös. Das hat inzwischen eine ganze Reihe von Faktenchecks festgestellt:
Faktencheck «Corona Fehlalarm» auf Volksverpetzer
Arzt verharmlost Coronavirus (Faktencheck) auf Mimikama
Gegenposition zu den Aussagen von Sucharit Bhakdi (Podcast) auf hr-inforadio
Corona-Faktencheck- Warum Sucharit Bhakdis Zahlen falsch sind auf ZDF
Video im Faktencheck: Prof. Sucharit Bhakdi kritisiert Corona-Maßnahmen auf swr3
FAKTENCHECK: Impfung gegen Covid-19 „sinnlos“? Sucharit Bhakdi stellt unbelegte Behauptungen auf (Correctiv)
Diese geballte Ladung an Faktenchecks wird die Anhängerinnen und Anhänger von Sucharit Bhakdi höchstwahrscheinlich auch nicht überzeugen. Wir Menschen neigen dazu, vorzugsweise für wahr zu halten, was unserer vorbestehenden Einstellung und unserem Weltbild entspricht.