Die Journalistin und Digitalexpertin Ingrid Brodnig sagt im Interview mit dem ORF Niederösterreich, was man tun kann wenn Familienmitglieder in Verschwörungstheorien versinken.
Ingrid Brodnig empfiehlt, immer zuerst nachzufragen, wie tief die Person tatsächlich an die Verschwörungstheorie glaubt. Das mache einen riesigen Unterschied:
«Manchmal finden Leute sowas nur interessant und sind mit Fakten leicht zu überzeugen. Wenn aber jemand mehr glaubt, diese Erzählungen schon aufgesaugt hat, dann würde ich empfehlen, das Gespräch nicht rein auf Fakten anzulegen. Fakten prallen oft ab. Ich kann den Spieß umdrehen und zum Beispiel Fragen stellen: Woher hast du diese Information? Warum glaubst du dieser Quelle? Wie fühlst du dich, wenn du das hörst? Fragen sind zunächst einmal nicht angriffig. Das heißt, man zeigt Interesse und dann gelingt es manchmal, dass das Gegenüber beginnt, genauer nachzudenken, und die eigenen Quellen in Frage stellt. Fragen sind eine der klügsten Methoden im Gespräch, weil man manchmal gemeinsam die Sinnhaftigkeit einer Erzählung inspizieren kann.»
Die Interviewerin spricht dann noch an, dass viele Verschwörungstheorien durch Faktenchecks entkräftet werden könnten, dass aber gerade jene, die an Verschwörungstheorien glauben, das nicht hören wollen.
Wenn jemand zu 100 Prozent von etwas eingenommen se, dann pralle der beste Faktencheck der Welt ab, sagt Ingrid Brodnig. Nicht alle seien jedoch zu 100 Prozent überzeugt. Bei vielen wirke die Information oft schon:
«Das Problem ist, wir haben Schutzmechanismen. Wenn wir etwas glauben wollen, dann sind wir sehr gut darin, unseren Standpunkt zu verteidigen. Man nennt das den „confirmation bias“ – auf Deutsch den Bestätigungsfehler. Das heißt, eine Information, die mich bestätigt, die werde ich eher für wahr halten.»
Es gebe auch das Gegenteil, den sogenannten „disconfirmation bias“: «Etwas, das ich nicht glauben möchte, weil es mir nicht ins Konzept passt, lehne ich eher ab.»
Wie Familienmitglieder anzusprechen sind
Von Ingrid Brodnig ist unter dem Titel «Einspruch» gerade ein informatives, gut verständliches und lesenswertes Buch zum Thema «Verschwörungstheorien» erschienen. Hier finden sich Tipps, wie Familienmitglieder anzusprechen sind, wenn sie auf Verschwörungstheorien abfahren.
Quelle für Interview und Zitate:
Profitipps gegen Verschwörungstheorien (ORF Niederösterreich)
Anmerkungen:
Weitere Informationen und Tipps für den Fall, dass Familienmitglieder in Verschwörungstheorien abdriften:
Deradikalisierung von Verschwörungsgläubigen – wie geht das?
Zum Umgang mit Verschwörungstheorien
Verschwörungstheorien & Jugendliche – was Lehrpersonen und Eltern tun können
Verschwörungstheorien widerlegen….geht das? Und wenn ja wie?