Der Bestätigungsfehler (Confirmation bias) besteht in der Neigung, Informationen, die eine vorhandene Überzeugung zu bekräftigen scheinen, zu bemerken, zu akzeptieren und zu speichern, und im Gegensatz dazu Informationen, die offenbar im Widerspruch zu einer vorhandenen Überzeugung stehen, zu ignorieren, zu verzerren, wegzudiskutieren oder zu vergessen.
Dieser Vorgang verläuft unbemerkt im Hintergrund und erzeugt die hochgradig effektive Illusion, dass die Tatsachen unsere Überzeugungen bekräftigen. Der Bestätigungsfehler trägt stark dazu bei, dass Verschwörungstheoretiker sich im Verlaufe der Zeit mehr und mehr in einem geschlossenen Weltbild wiederfinden. Dazu muss aber auch gesagt werden, dass der Bestätigungsfehler bei allen Menschen stattfinden, weil unser Gehirn so funktioniert. Es handelt sich um eine Fehlfunktion unseres Denkens, die wie gesagt im Hintergrund abläuft und unser rationales Denken untergräbt. Niemand ist also gegen den Bestätigungsfehler vollständig gefeit.
Wir verdrehen dabei die Tatsachen keineswegs absichtlich und schreiben die Geschichte nicht vorsätzlich neu. Der Bestätigungsfehler kommt nämlich sehr subtil daher und ist genau aus diesem Grund auch so gefährlich. Im Prinzip kann man sich nicht auf die eigene subjektive Wahrnehmung verlassen, denn sie wird von bereits vorhandenen Überzeugungen verzerrt.
Bestätigungsfehler sind von so durchschlagender Wirkung, weil sie unermüdlich hinter den Kulissen arbeiten und dabei riesige Datenmengen filtern, bis wir der überzeugenden Illusion erliegen, dass die vorliegenden Beweise untere Überzeugungen stützen. In Wahrheit verzerren unsere Überzeugungen die Beweise. Diese Vorgänge verschaffen uns ungerechtfertigtes Selbstvertrauen.
Warum hat der Bestätigungsfehler so viel Macht?
Zunächst einmal ist es unter evolutionären Gesichtspunkten recht nützlich, neue Informationen mit schon bestehenden Überzeugungen abzugleichen. Wir werden in jedem Augenblick mit einer so überwältigenden Zahl an Informationen konfrontiert, dass es überlebensnotwendig ist, auszuwählen. Wenn etwas gar nicht zu unseren sonstigen Überzeugungen passt, ist das zunächst ein guter Grund dafür, die Information auszusortieren.
Darüber hinaus ist es ausgesprochen unangenehm, einer Information zu begegnen, die nicht zum eigenen Überzeugungssystem passt. Die Psychologie spricht hier von kognitiver Dissonanz. Im Allgemeinen mögen wir Widersprüche in unseren Einstellungen, Überzeugungen oder Verhaltensweisen nicht. Deshalb empfinden wir mentalen Stress, wenn wir auf die Tatsache gestossen werden, dass hier etwas nicht zusammenpasst. Daraus ensteht die Tendenz, Informationen, die solche Konflikte auslösen würden, zu ignorieren oder zu unterdrücken.
Der Bestätigungsfehler als Bestandteil von Verschwörungstheorien
Die Bedeutung des Bestätigungsfehlers für Verschwörungstheorien haben Romy Jaster und David Lanius in ihrem Buch «Die Wahrheit schafft sich ab» prägnant beschrieben:
«Verschwörungstheoretisch zu denken bedeutet, den Bestätigungsfehler zu voller Blüte zu treiben. Eingefleischte Verschwörungstheoretiker glauben alles, was ihre Theorien bestätigt, und blenden Gegenevidenz aus. Je vollständiger ihr Weltbild, desto höher sind die persönlichen Kosten, die mit einer Verwerfung der Theorie einhergehen würden. Die kognitive Dissonanz, die Gegenevidenz mit sich bringt, wächst immer weiter; die Wahrnehmung sensibilisiert sich immer mehr für Bestätigungen ihrer Theorie. Das Resultat sind Gedankengebäude, die um immer abstrusere Erklärungen erweitert werden, um die Kerngeschichte zu bewahren.»
Wir sind wie beschrieben stark auf Verifikation gepolt, also darauf, nach Bestätigung für unsere Überzeugungen zu suchen. Das führt zu einer selektiven Wahrnehmung. Deshalb legt die Wissenschaft so viel Wert auf Falsifikation, also auf das Bestreben, Überzeugungen und Theorien zu widerlegen. Wir können dem Bestätigungsfehler ein Stück weit entgegenwirken, indem wir uns bei jeder Annahme zuerst fragen, was dagegensprechen könnte. Genau das machen Verschwörungstheoretiker mit ihren Annahmen in der Regel nicht.
Ein ähnliches Phänomen wie der Bestätigungsfehler ist hier als Motiviertes Denken beschrieben. Während der Bestätigungsfehler mehr unbewusst im Hintergrund läuft, spielt sich das Motivierte Denken eher bewusst ab.
Quellen:
Bedienungsanleitung für deinen Verstand – kritisches Denken in einer Welt voller Halbwissen, von Steven Novella, Riva Verlag 2019
Die Wahrheit schafft sich ab, von Romy Jaster und David Lanius, Reclam Verlag 2019