Der Illuminaten-Orden wurde am 1. Mai 1776 in Ingolstadt von Adam Weishaupt gegründet. Zu dieser Zeit fanden intensive Modernisierungsprozesse statt, die in der Amerikanischen Revolution von 1776 und der Französischen Revolution von 1789 ihren Höhepunkt fanden. Diese Entwicklung war für die Zeitgenossen eine grosse Herausforderung. Einfache Erklärungen waren willkommene Deutungsangebote, was einer ganzen Palette von Verschwörungstheorien den Boden bereitete. Dem vorausgegangen war ein bis ins 16. Jahrhundert zurückreichender Verschwörungsgedanke, in dem sich Katholiken, allen voran der Orden der Jesuiten, und Protestanten gegenüberstanden. Die Jesuiten brachten schon wesentliche Elemente für verschwörungstheoretische Gedanken mit: Ein global tätiger Orden, der zentral aus Rom gelenkt wird und dem Prinzip des absoluten Gehorsams verpflichtet ist.
Adam Weishaupt war Professor für praktische Philosophie und Kirchenrecht an der Universität Ingolstadt, die von Jesuiten beherrscht wurde. Er war dort der einige Professor, der nicht Jesuit war – und dementsprechend isoliert. Zudem war er begeistert von den Ideen der Aufklärung wie Gleichheit, Freiheit und Bürgerrechte. Ideen notabene, die in den Augen der Jesuiten kompletter Unsinn waren.
Es gab zu jener Zeit aber auch eine Jesuitenfurcht. Dem Orden wurde eine Verschwörung gegen die Aufklärung nachgesagt. Zwar wurde der Jesuitenorden 1773 durch Papst Clemens XIV. aufgelöst, doch schien es nun überall von Ex-Jesuiten zu wimmeln. Adam Weishaupt war um die Ideen der Aufklärung in Bayern besorgt und gründete seinen Illuminaten-Orden (Illuminaten = Die Erleuchteten) als explizite Antijesuitenvereinigung. Er war selber durch jesuitische Bildungsinstitutionen gegangen und kannte den «Laden», wenn er auch die jesuitischen Inhalte zeitlebens ablehnte. Er versuchte aber, die Ex-Jesuiten mit ihren eigenen Mitteln zu schlagen und baute seinen Illuminaten-Orden strukturell ähnlich auf wie der Jesuiten-Orden konstruiert war. Diese Ähnlichkeit lieferte Munition für weitere Verschwörungstheorien.
Was wollten die Illuminaten?
Für Weishaupt und seine Anhänger war die Aufklärung noch nicht beendet. Sie strebten nach einer kosmopolitischen Weltordnung ohne Staaten, Fürsten und Stände. Ihnen schwebte eine Art von vorhistorischem Naturzustand der Gleichheit und Freiheit vor, auf den die Aufklärung ihrer Ansicht nach zielte. In einer Epoche, in der Könige und Landesfürsten beinahe uneingeschränkt über ihre Untertanen herrschten, stellte dies durchaus ein revolutionäres Konzept dar.
Mit seiner Forderung nach einem kosmopolitischen Republikanismus schlug der Illuminaten-Orden im Unterschied zu den Freimaurern einen radikaleren, politischen Weg ein. Erziehung und Bildung spielten in diesen Vorstellungen eine zentrale Rolle. Allerdings mündeten diese Ideen schnell in einem Programm der Umerziehung. Es umfasst die gezielte Täuschung der eigenen Mitglieder und der Öffentlichkeit, Techniken der Gehirnwäsche, totalitäre Kontrolle und Methoden der Gewissenserforschung, die vom jesuitischen Gegner übernommen wurden.
Die Illuminaten traten mit der festen Absicht an, durch Unterwanderung nach und nach die Entscheiderpositionen im Land mit eigenen Leuten zu besetzen. Damit sollte schliesslich ein utopischer ‘Vernunftstaat’ entstehen. Weishaupt und seine Mitverschwörer wollen dadurch die Revolution gegen die absolutistische Ordnung in den Köpfen (und nicht auf dem Schlachtfeld) gewinnen. Die geplante Durchdringung der Staatsämter und kirchlichen Positionen scheitert allerdings am bayerischen Staatapparat.
Wie funktionierte der Orden?
Weishaupt organisierte den Illuminaten-Orden streng hierarchisch mit ihm selbst an der Spitze. Die Gliederung bestand aus drei Klassen mit zwei bis drei Unterklassen. Die Mitglieder hatten die Existenz des Ordens stets geheim zu halten. Von den unteren Klassen wurde strikter Gehorsam erwartet. Sie waren verpflichtet, ständig Berichte über das eigene Fortkommen und über andere Ordensmitglieder zu liefern. Es existierten geheime Erkennungszeichen, Kennworte, Ordensnamen und sogar eine eigene Zeitrechnung. Den unteren Klassen war weder das System des Ordens noch die wirklichen Namen der Oberen bekannt. Die Novizen mussten eine umfangreiche Lektüre philosophischer Schriften leisten und darüber berichten. Wer sich würdig zeigte, konnte in der Hierarchie aufsteigen und erfuhr auf jeder Stufe mehr über Methoden und Ziele des Ordens.
Die Illuminaten sprachen mit ihren Zielen eine eher überschaubare, elitäre Anhängerschaft an. Unter Studenten in Bayern fand Weishaupt die ersten Mitglieder. Der Orden verbreitete sich aber seit 1780 über Bayern hinaus weiter, vor allem in Thüringen und in der Schweiz. Dabei halfen auch bekannte Namen wie Adolph Freiherr von Knigge. Er ging mit seinem Buch „Über den Umgang mit Menschen“ als Synonym für gutes Benehmen in die Geschichte ein. Knigge entstammte einem niedersächsischen Adelsgeschlecht. Er konnte durch unermüdlichen Einsatz und zahlreiche persönlichen Beziehungen viele neue Mitglieder gewinnen. Er wollte die Illuminaten mit den Freimaurern verbinden und deren Logen unterwandern. Weishaupt und Knigge zerstritten sich über die Frage der Ordensorganisation, wonach Knigge den Orden 1783 verliess.
Zu den Mitgliedern der Illuminaten gehörte auch der Schweizer Reformpädagoge Heinrich Pestalozzi.
Der Orden hatte jedoch selbst zu seinen Glanzzeiten lediglich 600 bis 700 Mitglieder (nach anderen Angaben über 1500).
Das Ende der Illuminaten
Unterschiedliche Weltsichten und persönliche Rivalitäten, insbesondere jedoch die Aufdeckung des Geheimbundes 1784/85 in Bayern und die anschliessend einsetzende Verfolgung führten zum Niedergang und zur Auflösung des Illuminaten-Ordens. Er wurde von der Obrigkeit als politischer Feind bekämpft und untersagt. Für den absolutistischen Fürstenstaat war das tolerierbare Mass politischen Engagements weit überschritten, als sich Münchener Illuminaten in Pläne des bayerischen Kürfürsten Karl Theodor (1724 – 1799) einmischten. Es kam zu einer rigorosen Verfolgungswelle und einer regelrechten Illuminatenmanie.
Dass nun sowohl der Illuminaten-Orden als auch der Jesuiten-Orden verboten waren unterstrich in den Augen der verschiedenen Verschwörungstheoretiker die Bedeutung dieser Organisationen und ihr Bedrohungspotenzial. Die Furcht vor nunmehr im Verborgenen weiter agierenden Akteuren verstärkte sich.
Verschwörungstheoretische Nachwehen
Bereits kurz nach dem Verbot und der Auflösung des Illuminaten-Ordens begannen erste Verschwörungstheorien zu entstehen.
Noch zu Lebzeiten Adam Weisshaupts tobte in Frankreich die Französische Revolution. Rasch wurden, vor allem von katholischer Seite, die Illuminaten als mögliche Drahtzieher gehandelt. Das ist jedoch sehr unglaubwürdig. So sind bis heute keine französischen Illuminatengruppen bekannt und Adam Weishaupt betrat zu seinen Lebzeiten nie französischen Boden. Das aufklärerische Gedankengut des Illuminaten-Ordens deckte sich zwar mit jenem der Französischen Revolution. Die Wissenschaft ist sich jedoch einig, dass für die Französische Revolution andere Gründe massgebend waren. Dieser Verschwörungsthese fehlt deshalb jede Grundlage.
Auch in den Vereinigten Staaten kam es 1798 zu einer regelrechten Illuminaten-Panik. Puritanische Geistliche bezogen die anti-Illuminatischen Verschwörungstheorien auf die innenpolitische Situation ihres Landes.
Antisemitische Aufladungen
Die anti-illuminatische Verschwörungstheorie wurde Ende des 19. Jahrhunderts antisemitisch aufgeladen durch Behauptungen, dass das Weltjudentum und die Freimaurer bzw. Illuminaten an einem Strang zögen oder letztlich identisch seien. Die englische Faschistin Nesta Webster konstruierte in den 1920er Jahren die weit verbreitete Legende, dass die Juden hinter den angeblichen Komplotten der Illuminaten stecken würden. Damit versuchte sie, mit einem Schlag die Oktoberrevolution in Russland, die Radikalisierung der Arbeiterbewegung auch in den westlichen Ländern und die Entstehung supranationaler Organisationen wie dem Völkerbund zu erklären. Webster und ihre Nachfolger stützen sich dabei auf die antisemitische Fiktion der Protokolle der Weisen von Zion, in denen die Freimaurer als Deckorganisation einer jüdischen Weltverschwörung imaginiert wurden. Rechte und rechtsextremistische Gruppen und Personen verbreiten bis in die Gegenwart Verschwörungsthesen über die Illuminaten: so zum Beispiel die amerikanische John Birch Society, der Baptistenprediger Pat Robertson und der Verschwörungstheoretiker Des Griffin.
Der Mythos vom Fortbestand des Illuminaten-Ordens wurde im 20. Jahrhundert unter anderem von einigen okkultistischen oder theosophischen Gruppen genährt, die versuchten, sich selbst als die angeblich jahrzehntelang im Untergrund verschwundenen Illuminaten zu stilisieren.
Der deutsche Verschwörungstheoretiker Jan Udo Holey („Jan van Helsing“) hat mehrere Bücher über die Illuminaten publiziert, in denen er zum Beispiel behauptet, es handele sich um von Außerirdischen gesteuerte jüdische „Blutsauger“, die den Zweiten Weltkrieg angezettelt hätten und den Dritten Weltkrieg vorbereiteten, um ihre als „neue Weltordnung“ bezeichnete Weltherrschaft zu erringen. Er beruft sich dabei auf die antisemitische Fiktion der Protokolle der Weisen von Zion und knüpft an ähnliche Verschwörungstheorien des Nationalsozialismus an. Derartige paranoide Fantasien weisen auf den engen Zusammenhang zwischen Rechtsextremismus und Teilen der Esoterik hin.
«Neue Weltordnung» heute
Bis in die Gegenwart hinein wird den Illuminaten angelastet, eine neue Weltordnung schaffen zu wollen: eine Welt ohne Nationalstaaten und ohne Religionen, die von einer kleinen Elite beherrscht wird, in diesem Fall von den Illuminaten.
Die genau gleiche Verschwörungsideologie ist jedoch auch mit anderen Akteuren im Umlauf: So wird auch den Freimaurern, der US-Regierung, den Rothschilds, den Kommunisten und vielen anderen Gruppen die Errichtung einer Neuen Weltordnung (NWO) nachgesagt.
Illuminaten in Literatur & Film
Gerade erst von der Bildfläche verschwunden, tauchten die Illuminaten schon 1802 wieder in der Literatur auf. Ignaz Ferdinand Arnold verfasste einen Roman, in dem die Illuminaten eine zentrale Rolle einnahmen. Von da an wurden sie beliebte Bösewichte in vielen fiktiven Erzählungen.
Illuminatus!
Grosse Bedeutung erlangte die Romantrilogie «Illuminatus!» (1969 – 71) der US-amerikanischen Autoren Robert Shea und Robert Anton Wilson. Die drei Romane schildern eine satirische Abenteuergeschichte voller literarischer Zitate und Anspielungen. Sie erzählen eine mit Sex- und Drogenerfahrungen angereicherte Reise durch mehrere historische und fiktive Verschwörungstheorien, die die beiden Autoren um den 1785 verbotenen bayerischen Geheimbund der Illuminaten herum spinnen.
Wilson und Shea drücken die konspirationistisch-paranoide Weltsicht, die das erste Hauptthema ihres Romans ist, schon am Anfang des ersten Bandes mit einem Zitat aus dem Roman «Mumbo-Jumbo» des afroamerikanischen Schriftstellers Ishmael Reed aus: „Die Geschichte der Welt ist die Geschichte der Kriege zwischen Geheimbünden.“ Obwohl die meisten Verschwörungstheorien in der Romantrilogie fiktiv sind, werden sie mit hinreichend gesicherten Fakten vermischt, um plausibel zu wirken. Der Titel des ersten Bandes, «Das Auge in der Pyramide» beispielsweise, bezieht sich auf das «Allsehende Auge», ein Symbol für Gott und die Dreifaltigkeit, das von Mystikern und in der Aufklärung von Kirchenkritikern und Deisten und damit auch von Freimaurern verwendet wurde. Es wird irrigerweise oft als Symbol der Illuminaten bezeichnet und ist zudem Bestandteil des Staatssiegels der Vereinigten Staaten, was dem Mythos Nahrung gibt, einige Gründungsväter der USA seien selbst Illuminaten gewesen.
In den drei Bänden kommen beinahe auf jeder Seite Anspielungen auf die Illuminaten, auf gnostische Geheimlehren, auf verschiedene Verschwörungstheorien und angebliche Pläne zur Erlangung der Weltherrschaft vor. Manche der seltsameren Theorien, die in dem Buch ausgebreitet werden, beispielweise die These, Adam Weishaupt, der Gründer des Illuminaten-Ordens, hätte George Washington ermordet und unbemerkt dessen Identität als Präsident der Vereinigten Staaten übernommen, stammen aus Leserbriefen an den Playboy, für die Shea und Wilson in der Abfassungszeit des Buches verantwortlich waren.
«Illuminati» (2003) von Dan Brown
Illuminati ist der deutsche Titel eines im März 2003 in Deutschland publizierten Thrillers von Dan Brown (englischer Originaltitel: Angels & Demons, 2000) mit einer weltweiten Auflage von acht Millionen Exemplaren handelt es sich um einen Bestseller.
Die Handlung dreht sich um einen angeblichen Versuch des Illuminatenordens, eines laut dem Roman seit Jahrhunderten bis in die Gegenwart bestehenden Geheimbundes, die katholische Kirche zu zerstören. Dan Browns Angaben zu den Illuminati sind zum grossen Teil Fiktion oder entstammen Verschwörungstheorien um die Illuminati. Wie auch schon bei «Illuminatus!» tritt die historische Genauigkeit stark hinter die dichterische Gestaltung zurück.
«Das Foucaultsche Pendel» (1988), von Umberto Eco
Die Illuminaten spielen neben anderen Verschwörungen und Geheimgesellschaften auch eine Rolle im Roman «Das Foucaultsche Pendel» von Umberto Eco. Im Gegensatz zu Dan Browns Bestseller «Da Vinci Code» (deutsch: «Sakrileg», 2004)), in dessen Handlung sich die Verschwörungstheorien bestätigen, geht es bei Eco um die Fiktionalität von Verschwörungstheorien und die Beliebigkeit, mit der sich historische Tatsachen zu irrealen Verschwörungen zusammenimaginieren lassen. Der Roman lässt sich als Satire oder Polemik gegen die gesamte Esoterik interpretieren, die zahlreiche Parallelen zum Italienischen Faschismus aufweist.
Filme und Videospiele
Auch in Filmen und Videospielen fanden die Illuminaten Eingang. Ein berühmtes Beispiel ist «Lara Croft: Tomb Raider», die Videospielserie mit anschliessender Verfilmung im Jahr 2001 mit Angelina Jolie in der Hauptrolle.
Die zahlreichen fiktiven Geschichten um die Illuminaten haben bestimmt dazu beigetragen, den Illuminaten den Ruf der weltberühmten, vernetzten Verschwörer einzubringen. Auffallend ist, dass diese Fiktionen von einem Teil der Leserschaft wie Sachbücher oder Dokumentationsfilme aufgefasst werden. Sie konstituieren eine vermeintliche Realität, die für realer als die Realität gehalten wird. Dadurch kann der Boden für eine Verschwörungsmentalität bereitet werden.
Quellen:
„Verschwörungstheorien – früher und heute“ , Begleitband zur Sonderausstellung “Verschwörungstheorien früher und heute” im Kloster Dalheim.
„ Verschwörungstheorien “, von Karl Hepfer .
«Bund der Aufklärer», von Helmut Reinalter, in «Vorsicht, Verschwörung», «Zeit Geschichte», Nr. 3 / 2020.
Freimaurer, Illuminaten und andere Verschwörer; von Thomas Grüter, Fischer TB 2008.
Illuminaten-Verschwörung, von Helmut Reinalter, in: Handbuch der Verschwörungstheorien, Helmut Reinalter (Hg.), Salier Verlag Leipzig 2018.
Agenten des Bösen – Verschwörungstheorien von Luther bis heute, be.bra Vrelag 2007.
„Illuminaten“ auf Relinfo.
Wikipedia zum Thema „Illuminatenorden“
Wikipedia zum Thema „Illuminatus!„.
Wikipedia zum Thema „Illuminati„.
Wikipedia zum Thema „Das Foucaultsche Pendel„.