Anhänger der QAnon-Verschwörungstheorie glauben an das abstruse Konstrukt, dass Donald Trump einen heimlichen Kampf gegen eine satanische Loge aus Kinderschändern führt.
Über lange Zeit verbreitete sich dieses Fantasiegebilde nur im Internet. Doch nun strebt eine Reihe von QAnon-Anhängern nach einem Sitz im US-Parlament. Und sie zeigen im Wahlkampf auch ihre Verbindung zu QAnon.
Der konservative Geschäftsmann KW Miller beispielsweise bewirbt sich in seinem Wahlkreis in Florida um einen Sitz im US-Repräsentantenhaus. Auf Twitter griff der parteilose Kandidat aus dem Nichts heraus Beyoncé Knowles an.
In mehreren Tweets beschuldigte er die weltberühmte Sängerin, in Wirklichkeit keine schwarze Texanerin zu sein, sondern eine Italienerin namens Ann Marie Lastrassi. Darüber hinaus arbeite sie für den Milliardär George Soros – ein Lieblingsfeind von Verschwörungsgläubigen – und trage „satanische Symbole“ mit sich herum. All das habe mit „QAnon“ zu tun.
Beyoncé ist in Texas aufgewachsen und hiess nie Ann Marie Lastrassi.
Stars sind in den sozialen Medien schon seit Jahren Gegenstand von Verschwörungstheorien. Neu ist allerdings, dass solche zusammenhangslosen Ausbrüche auf einmal von Personen kommen, die bereits nächstes Jahr Teil des amerikanischen Kongresses sein könnten.
QAnon-Anhänger wollen ins US-Parlament
Am 3. November 2020 wählen die US-Amerikaner nicht nur ihren Präsidenten, sondern auch einen Großteil der 535 Kongress-Mitglieder in den zwei Kammern des amerikanischen Parlaments. Der Beyoncé-besessene KW Miller ist nur einer von zahlreichen neuen Kandidaten, die in ihrem Wahlkampf ausdrücklich auf die Verschwörungsideologie „QAnon“ verweisen.
Eine Bewegung zwischen Verschwörungsideologie und Sekte
Der Mythos von QAnon basiert auf einem angeblichen Insider im amerikanischen Geheimdienst, der seit 2017 anonyme Online-Posts publiziert und in dieser Zeit eine globale Gefolgschaft angehäuft hat. Diese Q genannte Quelle macht regelmässig Vorhersagen, die nicht eintreten (dazu zählen etwa eine Verhaftung von Hillary Clinton 2018 oder ein klarer Erfolg für die Republikaner in den Parlamentswahlen im gleichen Jahr). Diese fehlschlagenden Prophezeiungen scheinen die Anhänger allerdings nicht zu stören.
Im Kern verbreitet die QAnon-Ideologie den Glauben daran, dass beinahe alle Medien und politische Institutionen der Welt von einer globalen Elite aus pädophilen Satanisten kontrolliert werden, und nur US-Präsident Donald Trump sich gegen diese Elite stellt. Anhänger dieser Verschwörungstheorie sind in der Regel Anhänger von Donald Trump und haben oft rechtsextreme Einstellungen. Oft handelt es sich dabei auch um fundamentalistische Christen, welche in ländlichen Regionen der USA häufig politisch den Ton angeben.
QAnon-Anhänger isolieren sich nicht selten von ihren Familien. Manche greifen auch zur Waffe, wie zum Beispiel ein Attentäter in einer Synagoge in Pittsburgh 2018.
Da im November in den USA Wahlen bevorstehen, sehen Teile der sektenartigen Bewegung eine Chance, auch politisch vertreten zu sein.
Kandidierende mit Neigungen zu QAnon
Ein knappes Dutzend offizielle Kandidatinnen und Kandidaten der Republikaner hat inzwischen öffentliche Sympathie für QAnon geäussert. Die Senatskandidatin Jo Rae Perkins aus Oregon etwa verwies in einer Rede im Mai ausdrücklich auf den angeblichen Insider Q. Die Kandidatin Marjorie Taylor Greene aus Georgia verwies in einem Video auf die “einmaligen Gelegenheit, diese weltweite Kabale von Satan-verehrenden Pädophilen auszuschalten”.
Es bestehen also reelle Chancen, dass einige Anhänger der Verschwörungstheorie Teil des neuen amerikanischen Kongresses werden könnten.
Möglicherweise gewöhnt man sich in den USA allerdings rasch an solche Zustände.
Quelle:
Verschwörungstheoretiker haben ein neues Ziel: Das US-Parlament (BR24)
Die Republikanische Partei hat in diesen Fällen ihre Verantwortung nicht wahrgenommen. Sie müsste dafür sorgen, dass derart zweifelhafte Figuren nicht als Kandidatinnen oder Kandidaten aufgestellt werden. QAnon basiert auf einer Verschwörungsideologie, die nicht kompatibel ist mit Demokratie und Rechtsstaat. Und wohin eine Politik führt, die sich statt an Fakten an Verschwörungstheorien orientiert, zeigt sich in den USA sehr gut in der Unfähigkeit einer wirksamen Antwort auf die Corona-Pandemie.
Hier gibt’s zusätzliche Infos zu QAnon.
Siehe auch:
Warum sind Verschwörungstheorien eine Gefahr für demokratische Gesellschaften?