Der Vegan-Kochbuchautor Attila Hildmann betätigt sich seit einiger Zeit vor allem als Verschwörungsideologe und Prophet. Mit seinen Vorhersagen lag er allerdings immer wieder spektakulär daneben.
So kündigte er beispielsweise einen Volksaufstand im Frühjahr an: Am 6. Mai werde sich das deutsche Volk „erheben“, und zwar am späten Nachmittag vor dem Bundestag, prophezeite Hildmann. Nichts geschah.
Für den 15. Mai prophezeite Attila Hildmann das Ende der Demokratie und die Errichtung einer Weltdiktatur inklusive der Eröffnung von Konzentrationslagern. Für den Spätsommer kündigte er eine Demonstration mit „zwei Millionen Patrioten“ an.
Prognosen sind halt schwierig, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen.
Doch Hildmann hielt sich nicht einmal selbst an seine Voraussagen.
Mitte Mai beeindruckte er seine Anhängerinnen und Anhänger mit der martialischen Ankündigung: „Ab heute lebt Attila Hildmann im Untergrund … Gehe ich im Kampf für unsere Freiheit drauf, dann nur mit Waffe in der Hand und erhobenen Hauptes.“
Später stritt er ab, solches je behauptet zu haben.
Schlussendlich sagte Hildmann die Errichtung der Weltdiktatur für den 18. November voraus.
Was lernen die Fans von Attila Hildmann aus diesen Fehlschlägen?
Merken die Anhängerinnen und Anhänger von Attila Hildmann nun, dass sie einem falschen Propheten nachgerannt sind? Das ist nicht so gewiss.
Fehlschlagende Prophezeiungen und das anschliessende Leugnen des Irrtums durch den Propheten und seine Anhängerschar kennt man sonst eher aus Sekten.
Der US-amerikanische Soziologe Leon Festinger hat dieses Phänomen bereits vor 70 Jahren am Beispiel einer Chicagoer Endzeit-Sekte namens „Die Suchenden“ beschrieben. Die Gruppe war überzeugt, die Erde gehe unter, man selbst werde jedoch kurz vorher, in der Nacht zum 21. Dezember 1954, von Außerirdischen abgeholt und per Raumschiff in Sicherheit gebracht.
Als das Ufo nicht erschien, setzte sich unter den Anhängern die Überzeugung durch, es müsse drei Tage später – an Heiligabend – kommen. Als auch zu diesem Zeitpunkt nichts geschah, verkündete die Sektenführerin, die Gläubigen hätten durch intensive Gedanken den Planeten vorm Untergang gerettet, die Außerirdischen hätten nun keinen Grund mehr für ihre Rettungsaktion.
Wenn Anhängerinnen und Anhänger trotz fehlschlagender Prophezeiungen an ihrem Glauben festhalten, hängt das häufig zusammen mit den hohen «Investitionen», die sie in diesen Glauben getätigt haben. Je mehr Geld, Zeit und Energie sie aufgewendet haben, je mehr sie sich in ihrem Umfeld exponiert und vielleicht sogar zerstritten haben, desto weniger werden sie bereit sein, den Irrtum einzusehen. Die «Investition» ist einfach zu gross, als dass sie einfach aufgegeben werden könnte. Dieses Phänomen nennt sich Sunk costs («Versunkene Kosten»).
Der Vegan-Kochbuchautor Attila Hildmann hat im vergangenen Jahr besonders viel investiert: Statt wie angekündigt neuer Staatschef von Deutschland zu werden, führte er sein Unternehmen in den Abgrund. Händler im ganzen Land verbannten seine Energygetränke aus den Regalen, Geschäftspartner kehrten ihm den Rücken zu. Mitarbeiter distanzierten sich. Auf ihn warten mehrere Prozesse, unter anderem wegen Volksverhetzung. Der Weg zurück wird ihm schwer fallen, sofern er ihn überhaupt gehen will.
Quelle:
Falsche Prognosen am laufenden Band – die lausige Trefferquote der Verschwörungsideologen (Tagesspiegel)
Anmerkungen:
Ein weiterer «Prophet», der laufend Fehlprognosen in die Welt setzt, ist Michael Wendler, der von Attila Hildmann für den Kaninchenbau der QAnon-Ideologie rekrutiert wurde.
Allerdings sind sich die beiden in letzter Zeit in die Haare geraten:
Zoff unter Verschwörungsideologen: Attila Hildmann sauer auf Michael Wendler
Wie abgedreht die QAnon-Phantasien von Attila Hildmann sind, zeigt sich hier im Original:
Attila Hildmann: Verschwörungstheorie im Original