Extremistische Bewegungen benötigen immer Krisen für ihre Mobilisierung. Die Corona-Krise und der Ukraine-Krieg kommen solchen Akteuren deshalb gerade recht.
„Querdenker„, Corona-Leugner und Rechtsextremisten finden mit dem Ukraine-Krieg ein neues Thema für Falschnachrichten und Verschwörungstheorien. Der Mitteldeutsche Rundfunk (mdr) hat über dieses Thema mit dem Leipziger Politikwissenschaftler Johannes Kiess gesprochen. Er sagt, dass vor allem die sozialen Folgen des Krieges für extremistische Hetze und Aufwiegelung genutzt werden könnten. Exemplarisch sehen könne man des etwa bei den „Freien Sachsen“. Die behaupten, dass sie beim Thema Corona schon immer für Frieden, Freiheit und gegen Diktatur waren – und das sagen sie eben nun auch mit Bezug zur Ukraine. Aber eigentlich wünschen sich die «Freien Sachsen einen autoritären Führer.
Hat der Ukraine-Krieg das gleiche Potenzial zur Mobilisierung wie die Corona-Pandemie?
Johannes Kiess sagt dazu:
«Ich glaube, dass das Potenzial insgesamt weniger groß ist. Das behaupte ich, weil die Bilder des Krieges so eindeutig sind. Das Leid der Zivilbevölkerung ist einfach schrecklich. Daran lässt sich nichts verdrehen. Anders sieht es aus, wenn wir über die Folgen des Krieges sprechen. Wir haben jetzt schon mit höheren Energiekosten und gestiegenen Lebensmittelpreisen zu tun. Wir werden durch die vielen Geflüchteten Herausforderungen haben. Es drohen uns soziale Verwerfungen. Da spielt es am Ende gar nicht mehr die Rolle, ob Putin oder die Nato daran schuld sind. Das ist dann ein möglicher Nährboden für faschistische Agitation.»
In der Rechtsextremen Szene hat der Ukraine-Krieg zu Mobilisierung in verschiedene Richtungen geführt.
Johannes Kiess sagt:
«Das Gros der rechtextremen Szene ist pro-russisch oder besser gesagt pro Putin. Das hat etwas damit zu tun, dass die russische Auslandspropaganda dort, in verschwörungsideologischen Kreisen und bei Corona-Leugnern in den vergangenen Jahren eine große Rolle spielte. Das können wir zum Beispiel in Analysen von Telegram-Kanälen nachweisen, dass Nachrichten etwa von RT Deutsch besonders oft geteilt werden. Daneben gibt es eine ideologische Nähe. Putin lässt sich als autoritärer Diktator charakterisieren. Und solch einen autoritären Führer wünschen sich die „Freien Sachsen“ und andere.»
Als Ausnahmen gebe es jedoch auch deutsche Rechtsextreme, die auf Seiten der Ukraine kämpfen wollen.
«Deutsche und europäische Neonazis pflegen Beziehungen zu ihresgleichen in der Ukraine. Das ist für diese Personen jetzt natürlich ein Problem, weil sie in ihrer eigenen Blase hier in Deutschland zu einer Minderheit gehören, aber gleichzeitig ihre Kameraden in der Ukraine nicht im Stich lassen wollen. Insgesamt halte ich das aber für eine kleine Gruppe.»
Das altbewährte Feindbild Soros wird wieder aus dem Hut gezaubert
Zwecks Mobilisierung in Bezug auf den Ukraine-Krieg bewirtschaften Verschwörungsideologen wieder ihr altbewährtes Feindbild George Soros. Wie einfach, wenn man bei jedem Thema den gleichen Sündenbock aus dem Ärmel ziehen kann. Jetzt soll der 91-jährige Investor und Philanthrop auch noch für den Ukraine-Krieg verantwortlich sein.
Mit dem Ukraine-Krieg in Verbindung gebracht wird Soros unter anderem im Compact-Magazin, einem «Leitmedium» für Verschwörungstheorien, Rechtsradikalismus und Kremlpropaganda. Auf das Compact-Magazin als Superspreader» von Kremlpropaganda zu den Themen «Corona-Krise» und «Ukraine-Krieg» geht Janos Hegedüs in seinem YouTube-Kanal ein. Er zeigt an konkreten Beispielen, wie die Mobilisierung der Verschwörungsideologen zum Thema «Corona-Krise» und zum Thema «Ukraine-Krieg» läuft:
Querdenker und der Krieg gegen die Ukraine:
Wie die „Querdenker-Media“ uns manipulieren will / Corona-Lügen:
Quelle des Interviews mit Johannes Kiess:
„Querdenker“, Verschwörungsideologen und der Krieg: „Ein Nährboden für faschistische Agitation“ (mdr)
Siehe auch:
Ukraine-Krieg: Putin-Verehrung bei Verschwörungsgläubigen
Daniele Ganser zum Ukraine-Krieg
Putin’s Bild der Ukraine ist geprägt von Verschwörungstheorien
Ukraine-Krieg: «Querdenker» fahren auf russische Propaganda ab