Die Corona-Pandemie zeigt eindrücklich, wie Verschwörungstheorien, Falschinformationen und Desinformation die Bewältigung solcher Krisen negativ beeinträchtigen können. Die Psychologin Pia Lamberty hat auf der Website der Alfred Landecker Foundation dazu einen informativen Beitrag veröffentlicht. Daraus hier ausgewählte Erkenntnisse zusammengefasst:
COSMO – das COVID-19 Snapshot Monitoring – erhebt in Deutschland seit Beginn der Corona-Pandemie Einstellungen und Verhaltensweisen innerhalb der Bevölkerung.
Dabei wird auch erfasst, wie stark Menschen während der Corona-Pandemie an Verschwörungen glauben. Das Monitoring fragt immer wieder nach zwei sich logisch ausschliessenden Narrativen:
☛ Die Corona-Pandemie ist ein Schwindel, bei dem uns Experten absichtlich und zu ihrem eigenen Vorteil täuschen, obwohl das Corona-Virus eigentlich nicht schlimmer ist als eine Grippe.
☛ Die Corona-Pandemie ist absichtlich durch Menschen gemacht, um die Bevölkerungszahl zu reduzieren.
20 – 30 % der Bevölkerung glauben an verschwörungstheoretische Narrative zur Corona-Pandemie
Die erhobenen Daten aus dem Monitoring zeigen, dass sich die Zustimmung zu diesen Narrativen insgesamt bei knapp über 20% bis 30% in der Bevölkerung bewegt.
Dabei fallen zwei Effekte besonders auf:
☛ Ein Anteil von etwa 10 Prozent der Befragten stimmt beiden Narrativen gleichzeitig zu, obwohl diese sich eigentlich logisch ausschliessen. Dies ist ein Ergebnis, das sich in der Psychologie immer wieder zeigt. Was auf den ersten Blick als irrational scheinen mag, ist eher ein Anzeichen für eine stabile Weltsicht: Personen, die stark an Verschwörungen glauben, denken: Es kann nicht so sein, wie „die“ es mir erzählen.
☛ Auch nach mehr als einem Jahr in der Corona-Pandemie, in der gemäss RKI allein in Deutschland über 90.000 Menschen an der Viruserkrankung gestorben sind, zweifelt mehr als jede fünfte befragte Person in Deutschland, ob es die Viruserkrankung überhaupt gibt, oder sie nicht absichtlich als gefährlich dargestellt werden würde, um die Bevölkerung in die Irre zu führen.
Pia Lamberty weist als Fazit ihres Beitrags darauf hin, dass das Thema Verschwörungserzählungen genauso wie Falschinformationen und Desinformation Gesellschaften weltweit auch nach der Corona-Pandemie begleiten und den Umgang mit Konfliktsituationen erschweren wird – ob im Gesundheitsbereich, bei Wahlen oder Naturkatastrophen. Vor den großen gesellschaftlichen Herausforderungen des Klimanotstandes seien langfristige Strategien nötiger denn je. Die Psychologin schreibt:
«Während es für den individuellen Umgang mittlerweile mehr und mehr Beratungsstrukturen in Deutschland gibt, existiert auf gesellschaftlicher Ebene noch kaum Handlungsstrategien. Der Umgang mit Desinformation und Verschwörungserzählungen sind dabei eine wichtige Säule, insbesondere wenn es um den Umgang mit Krisen oder Katastrophen geht.»
Quelle:
Der Glaube an Verschwörungen
Eine gesellschaftliche Herausforderung auch jenseits von Pandemien
(Alfred Landecker Foundation)
Ausserdem:
☛ Zu Corona-Verschwörungstheorien siehe auch:
☛ Ja, es braucht dringend gesellschaftliche Strategien gegen Verschwörungstheorien. Dazu gehört der Aufbau von Strukturen in der Zivilgesellschaft und die Vernetzung.
☛ Zu den politischen Risiken von Verschwörungstheorien siehe auch:
Warum sind Verschwörungstheorien eine Gefahr für demokratische Gesellschaften?
Verschwörungstheorien unterminieren den Rechtsstaat
☛ Pia Lamberty und Katharina Nocun haben ein lesenswertes, informatives Buch zum Thema geschrieben:
Fake Facts, Wie Verschwörungstheorien unser Denken bestimmen