Antisemitische Verschwörungstheorien haben online an Zulauf gewonnen. Zu diesem Ergebnis kommt der neueste Antisemitismusbericht.
Der jährliche Antisemitismusbericht beschäftigte sich in den letzten Jahren insbesondere mit Corona-Leugnern.
In dieser Szene kursierte neben vielen anderen problematischen Aussagen die Behauptung, mächtige Jüdinnen und Juden würden Profit aus der Corona-Pandemie schlagen.
In der aktuellen Ausgabe des Jahres 2022 sind noch immer Verschwörungstheorien das Hauptthema, doch hat sich das Hauptaugenmerk des Berichts verschoben.
Verschwörungstheorien könnten für die Jüdinnen und Juden in der Schweiz gefährlich werden.
Diese verschwörungstheoretischen Kreise seien schon immer da gewesen, erklärt Jonathan Kreutner, Generalsekretär des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes (SIG).
Die Corona-Pandemie hat dabei wie ein Brandbeschleuniger gewirkt und verschiedene Gruppierungen seien massnahmenkritischer und schliesslich staatskritischer geworden. Sobald sie sich in ihren eigenen Realitäten verfangen, sei es nicht mehr weit, irrwitzige antisemitische Verschwörungstheorien nachzuleben, erläutert Kreutner.
Antisemitische Verschwörungstheorien als Online-Subkultur
Gemäss dem Antisemitismusbericht hat sich online eine verschwörungsaffine Subkultur gebildet. Diese sei insbesondere auf dem Messenger-Dienst Telegram aktiv. Dabei könnten verschiedenste Themen als Aufhänger dienen, darunter auch der Ukraine-Krieg.
«Es geht darum, dass überall dunkle Mächte dahinter sind. Mächte, die irgendwie versuchen, etwas Schlechtes zu machen. Irgendwo schwingt dann immer auch implizit oder explizit mit, dass es eine Art jüdische Weltverschwörung gibt», sagt Jonathan Kreutner.
Nicht alle Personen, die Verschwörungstheorien anhängen, sind antisemitisch. Doch in dieser Szene hätten judenfeindliche Mythen an Zulauf gewonnen. Gemäss Kreutner fehlen in den Kanälen mahnende Gegenstimmen. Für Schweizer Jüdinnen und Juden sei dies ein Grund zur Besorgnis. Wenn Menschen von grossem Hass getrieben sind, werde die Gefahr reell, und den Worten könnten dann Taten folgen.
In anderen Ländern haben Leute, die an antisemitische Verschwörungstheorien glaubten, bereits Attentate auf Juden oder jüdische Einrichtungen verübt. So zum Beispiel Beispiel im deutschen Halle, als ein Mann in eine Synagoge eindringen wollte. Beim misslungenen Versuch ermordete er in der Umgebung der Synagoge zwei Menschen.
Der Antisemitismusbericht enthält auch konkrete Forderungen, um den Hass gegen Jüdinnen und Juden in der Schweiz einzudämmen. So soll der Staat zum Beispiel ein Monitoring von Antisemitismus und Rassismus betreiben. Diese Aufgaben könnten nicht allein in der Verantwortung von Nichtregierungsorganisationen und Verbänden liegen, halten die Autorinnen und Autoren im Antisemitismusbericht fest.
Des Weiteren verlangen sie rechtliche Mittel zur Erfassung und Beschränkung von Hassreden. Die Politik müsse auf Social-Media-Plattformen einwirken, vor allem auf Telegram. Das Parlament soll zudem ein Verbot von Nazisymbolen beschliessen.
Schon im Jahr 2022 hat der Bundesrat das Budget für Minderheiten mit einem spez8iellen Schutzbedürfnis erhöht. 2.5 Millionen Franken stehen zur Verfügung, damit gefährdete Einrichtungen wie etwa Synagogen geschützt werden können.
Quelle:
Bericht zu Antisemitismus: Antisemitische Verschwörungstheorien nehmen in der Schweiz zu (SRF)
Siehe auch:
Antisemitismus und Verschwörungstheorien
Jüdisch-bolschewistische Weltverschwörung
Ausserdem:
Antisemitismusbericht 2022 – Zusammenfassung
Antisemitismusbericht 2022 – ganzer Bericht