Wer sich stark im Kaninchenbau der Verschwörungstheorien verirrt hat, findet oft nicht mehr so leicht wieder heraus. Hat sich einmal die Weltsicht verfestigt, dass alles einem geheimen Plan folgt und Medien, Politik und Wissenschaft uns anlügen, dann löst sie sich nicht so leicht wieder auf. Tritt die Corona-Pandemie in den Hintergrund, muss für «Querdenker» ein Ersatzthema her. In den USA stürzen sie sich gerade auf die Vogelgrippe.
Während Geflügelzüchter Millionen Tiere keulen müssen, sprechen Verschwörungsgläubige von einer puren Erfindung – oder sogar einer Biowaffe.
Vogelgrippe bedroht Gefügelfarmen in den USA
Für Geflügelzüchter in US-Staaten wie Wisconsin, Iowa, Nebraska und South Dakota ist die Vogelgrippe hochgradig real: Sie mussten schon Millionen Tiere töten, um eine weitere Ausbreitung der Krankheit zu verhindern. Zoos in allen Teilen der USA haben exotische Vögel von Außengehegen in Innenräume verlegt.
Doch im Internet kursieren wieder absurde Verschwörungstheorien wie jene, die während der Corona-Pandemie aufkamen.
Manche Versionen behaupten, dass die Vogelgrippe fingiert sei, ein Schwindel, der dazu diene, ein reduziertes Geflügelfleisch-Angebot zu rechtfertigen – mit dem Ziel, die Lebensmittelpreise zu erhöhen, entweder, um der globalen Wirtschaft zu schaden oder Leute zu zwingen, Vegetarier zu werden.
In anderen Beiträgen wird zwar zugegeben, dass die Vogelgrippe wirklich existiere, aber gentechnisch hergestellt worden sei, als eine Biowaffe – vielleicht, um neue Lockdowns wie jene wegen Corona auszulösen. Eine in Indien populäre Variante unterstellt, dass 5G-Mobilfunkmasten irgendwie für das Vogelgrippevirus verantwortlich seien.
Misstrauen weckt auch, dass die Tiergesundheitsbehörden dieselbe PCR-Test-Technologie einsetzten wie sie bei Corona benutzt wird. Tatsache ist jedoch, dass diese Art von Labortests seit Jahrzehnten routinemässig in der Medizin, Biologie und sogar auch bei der Strafverfolgung eingesetzt wird.
Vertrauen zahlreicher US-Amerikaner in Behörden reduziert
Umfragen haben gezeigt, dass das Vertrauen zahlreicher US-Amerikaner in Behörden und andere Institutionen – einschließlich der Nachrichtenmedien – in den vergangenen Jahren gesunken ist. Das trifft auch zu auf die Wissenschaft und auf wissenschaftliche Expertinnen und Experten.
Die Verschwörungstheorien spiegeln dieses gesunkene Vertrauen wider, wenn sie sich auch in ihren Details unterscheiden mögen. Sie blühen und gedeihen meistens in Zeiten sozialer Unruhe, öffentlichen Unbehagens und rapiden Wandels, erklärt John Jackson. Er ist Spezialist für Kommunikation an der University of Pennsylvania. Das gilt auch für die aktuellen Verschwörungstheorien rund um die Vogelgrippe. John Jackson erklärt, Verschwörungstheorien könnten ihren Anhängern ein Gefühl von Macht oder Kontrolle verschaffen, in dem sie solche Erklärungen in die Welt setzten. Doch die Fantasien über weitläufige Verschwörungen von Millionen Menschen, die mit der Effizienz eines Uhrwerks üble Pläne umsetzten, widersprechen laut dem Kommunikationsspezialisten jeder Vernunft: „Verschwörungstheorien beruhen auf der Idee, dass Menschen fähig sind, Geheimnisse zu bewahren“, erklärt der Experte. „Aber sie unterschätzen die Realität, dass wir nicht sehr gut darin sind.“
Quelle:
Verschwörungsideologen in den USA steigen von Covid auf die Vogelgrippe um (Redaktionsnetzwerk Deutschland)
Anmerkungen:
Als Ersatz für die «ausgelutschten» Corona-Verschwörungstheorien stürzen sich «Querdenker» inzwischen auch auf Verschwörungstheorien zum Ukraine-Krieg.
Siehe dazu:
„Querdenker-Szene“ im Ukraine-Krieg: Weitgehend Putin-gläubig
Ukraine-Krieg: «Querdenker» fahren auf russische Propaganda ab
Verschwörungstheorien zum Krieg in der Ukraine