Die österreichische Tageszeitung «Der Standard» befasst sich in einem Beitrag mit den Hintermännern des QAnon-Mythos. Hier daraus die wichtigsten Kernpunkte:
☛ Arthur Watkins, der Gründer des berüchtigten Imageboards 8chan, vermutet seinen ehemaligen Geschäftspartner hinter dem QAnon-Mythos.
☛ QAnon hat sich innert weniger Jahre von einem Nischenphänomen im Internet zu einer „Bewegung“ entwickelt, deren Anhänger mit einschlägigen T-Shirts, Flaggen und Transparenten auf rechten Demos mitmarschieren. Das geschieht insbesondere in den USA, aber nicht mehr ausschliesslich dort. Es handelt sich wohl um eine der bizarrsten Verschwörungserzählungen, die jemals eine größere Anhängerschaft erreicht hat.
☛ Die Geschichte, die QAnons-Anhänger für eine Tatsache halten, ist ein extrem zugespitzter Kampf zwischen Gut und Böse. «Der Standard» beschreibt sie so:
«Ein Netzwerk aus satanistischen Pädophilen, bestehend vor allem aus progressiven Politikern und linken Hollywoodstars, verschleppt Kinder in den Untergrund. Dort müssen die Minderjährigen zur Belustigung des Publikums gegeneinander in Kämpfen antreten und werden anschließend getötet, um aus ihrem Blut Adrenochrom (eine Vorstufe von Adrenalin) als Aufputschmittel zu gewinnen.Gleichzeitig sollen sich die amerikanischen Beteiligten und Verbündete im Staatsapparat („Deep State„) unermüdlich darum bemühen, Donald Trump zu schaden, der gemeinsam mit Wladimir Putin und anderen bekannten Politikern aus dem rechten Spektrum versucht, den globalen Kinderschänderring zu zerschlagen.»
☛ Entstanden ist die QAnon-Erzählung 2017, wahrscheinlich auf dem Imageboard 4chan. Die «Bewegung» wechselte dann zu 8chan und dessen Nachfolger, 8kun.
Wer kontrolliert QAnon?
☛ Es stellt sich die Frage, wer hinter QAnon steckt. Die Anhänger glauben, dass Q ein aus der Anonymität agierender, hochrangiger Mitarbeiter des Militärgeheimdienstes ist. Dieser äußert sich jedoch nie mit direkten Angaben, sondern stets nur mit kryptischen Hinweisen. Eine Schar speziell passionierter Anhänger mit hohem Standing in der Community macht sich nach jeder Veröffentlichung von Q daran, diese zu interpretieren.
☛ Welche Person bzw. welche Personen hinter dem „Q“-Pseudonym stecken, liegt bis heute im Dunkeln. Eine vielversprechende Spur führt jedoch auf die Philippinen. Dort lebte Fredrick Brennan nahe der Hauptstadt Manila. Der Amerikaner hat 2013 8chan gegründet und zusammen mit seinen Landsleuten Arthur Watkins und dessen Sohn Ron betrieben. Im Jahr 2015 übernahm Arthur Watkins die Kontrolle über das Netzwerk. Brennan widmete sich anderen Projekten und trat 2016 auch als Administrator bei 8chan ab. Nach einer Reihe von Auseinandersetzungen kam es 2018 zum endgültigen Ausstieg von Brennan. Dieser distanzierte sich zunehmend von 8chan (heute: 8kun).
☛ Brennan erklärt gegenüber ABC News, dass Watkins, falls er nicht selbst „Q“ sei, die einzige Person ist, die mit „Q“ direkten Kontakt aufnehmen kann. Vater und Sohn Watkins haben schon in der Vergangenheit bestritten, hinter dem mysteriösen Verschwörungsführer zu stecken und wollten gegenüber ABC nicht zu den Aussagen von Brennan Stellung nehmen.
☛ Brennan verfolgt genau, was die neuen 8chan-Besitzer planen und versucht IT-Dienstleister dazu zu bringen, ihnen den Service zu verweigern. Er verdächtigt Watkins auch, hinter dem inzwischen stillgelegten Projekt „QMap“ zu stehen. Das war eine für die Qanon-Szene wichtigen Seite mit über zehn Millionen monatlichen Besuchern, auf der man sich ganz der Analyse der Hinweise von Q widmete.
Die Seite soll auf einem Server mit identischer IP-Adresse wie 8kun gehostet worden sein und dasselbe Hostingangebot genutzt haben.
Watkins als Figur im Hintergrund?
☛ Wissenschaftler, die sich mit dem Phänomen QAnon befassen, sind jedoch ohnehin weniger direkt an der Identität der „Führungsperson“ interessiert, sondern an der Rolle, die Personen wie Watkins spielen. Brian Friedberg von der Harvard University stellt hierzu fest, dass Watkins und 8kun „bemerkenswert viel Kontrolle“ über die zunehmend internationale QAnon-Bewegung haben, die sich zu einem „wichtigen Vervielfältiger für politische und medizinische Falschinformationen“ entwickelt hat.
Ähnlich beschreibt das auch Politikforscher Mike Rains: „Es ist nicht wirklich wichtig, wer die Q Drops verfasst. Watkins ist deren Publizist. Er ist die einzige Quelle von Informationen, die nach außen getragen werden dürfen.“
☛ Watkins profitiert stark von der QAnon-Szene. Neben Werbeschaltungen auf seinen Seiten verkauft er auch verschiedensten Q-Merchandise und beteiligt sich an Gruppen, die einschlägige Bücher vertreiben und Videos produzieren.
Quelle:
QAnon: Die Hintermänner der rechten Verschwörungserzählung (Der Standard)
Siehe auch:
Zu QAnon in der Enzyklopädie auf dieser Website hier.
Sündenböcke als Kernelement von Verschwörungstheorien