Die Entwicklung eines Impfstoffes gegen das Coronavirus soll unter den üblichen strengen wissenschaftlichen Regeln und Abläufen erfolgen. US-Präsident Donald Trump jedoch braucht bis zur Wahl im November eine Erfolgsmeldung. Jetzt macht er Druck auf die zuständige Bundesbehörde FDA und scheut sich nicht, eine Impfstoff-Verschwörung zu verbreiten. Ein gefährliches Vorgehen.
Impfstoff-Verschwörung: Trump bringt «Tiefen Staat» in Spiel
US-Präsident Donald Trump setzt bei der Entwicklung und Zulassung eines Corona-Impfstoffs die zuständige Bundesbehörde FDA unter Druck. Bei der US-amerikanischen Lebens- und Arzneimittelbehörde (FDA) erschwerten ihm feindlich gesinnte Beamte die Entwicklung von Corona-Medikamenten und Impfstoffen, damit es vor der Wahl am 3. November keine Erfolgsmeldung geben könne, behauptete Donald Trump auf Twitter. Die Vertreter des “tiefen Staates, oder wer auch immer”, erschwerten es den Pharmaunternehmen, Probanden für Medikamente und Impfstoffe zu bekommen, schrieb er Trump weiter. Damit lanciert Trump eine riskante Impfstoff-Verschwörung.
An den Behördenchef Stephen Hahn gerichtet twitterte der Präsident: „Wir müssen uns auf Geschwindigkeit und das Retten von Leben konzentrieren.“ Trump hatte schon zuvor erklärt, er hoffe, dass es etwa zur Zeit der Wahl einen Impfstoff geben werde.
Fachleute warnten allerdings, dass jegliche politische Einmischung in den Prozess der Erprobung und Zulassung eines Impfstoffs dessen Legitimität und Sicherheit in Frage stellen könnte. Sollten bezüglich des Impfstoffs Zweifel aufkommen, könnten zahlreiche Menschen auf eine Impfung verzichten, womit die Pandemie letztlich schwerer einzudämmen wäre.
FDA will strenge wissenschaftliche Abläufe einhalten
FDA-Chef Hahn hat mehrmals gesagt, dass sich die Behörde bei der Zulassung eines Corona-Impfstoff an ihre bekannten und streng wissenschaftlichen Abläufe halten werde. Es gebe keinen Druck auf die FDA, ihre bewährten Kriterien aufzuweichen, erklärte Hahn.
Quelle:
Druck auf Bundesbehörde: Trump will bis zur US-Wahl Corona-Impfstoff (Redaktionsnetzwerk Deutschland, RND)
Trump stellt sein Bedürfnis nach einer Erfolgsmeldung bis zum 3. November über die Notwendigkeit einer wissenschaftlich seriösen Entwicklung des Impfstoffs. Aber er fährt ja auch auf unwirksame und riskante «Wundermittel» gegen Covid-19 ab (Chloroquin, Oleandrin). Dass Trump nun die Verschwörungstheorie vom angeblichen «Deep State» ins Spiel bringt, ist eine gefährliche Eskalation. Trump untergräbt mit der Lancierung einer «Impfstoff-Verschwörung» zum wiederholten Mal das Vertrauen in die Wissenschaft und in staatliche Institutionen wie die FDA. Es ist zu hoffen, dass die Wissenschaft und die Behörden diesem Machtmissbrauch standhalten.
Das Beispiel zeigt auch, wie Trump ein ganz normales Geschehen wie die Entwicklungszeit für einen Impfstoff auf sich bezieht und sogar als gegen ihn gerichtete Verschwörung. Nicht vorstellbar, dass die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel oder der schweizerische Gesundheitsminister Alain Berset so reagieren könnten.
Unnötig zu betonen, dass die von Trump lancierte Impfstoff-Verschwörung Unsinn ist. Pharmafirmen und Behörden haben ein Interesse daran, dass schnell ein wirksamer und sicherer Impfstoff verfügbar ist. Dass der Prozess absichtlich verlangsamt wird, um Trump zu schaden, ist eine ungeheuerliche Unterstellung.
Inzwischen ist das Geraune vom Trump bei Experten auf Kritik gestossen.
Die Epidemiologin Caitlin Rivers von der Universität Johns Hopkins in Baltimore warnte: „Eine Impfung muss sicher, wirksam und vertrauenswürdig sein.“ Alle drei Kriterien müssten erfüllt werden, forderte sie: „Es wäre eine Tragödie, falls Politiker aus politischer Berechnung jene Sache gefährdeten, die uns die sichere Rückkehr zu unserem normalen Leben ermöglichen könnte.“ Der ehemalige Chef der US-Gesundheitsbehörde CDC, Tom Frieden, mahnte, bei der Entwicklung von Impfstoffen dürften keine Abkürzungen genommen werden. Der Prozess müsse transparent und streng ablaufen.
Quelle:
Trumps Zeitdruck bei Impfstoffsuche alarmiert Experten (Spiegel online)
Weitere Informationen zu diesem Thema:
Welche politischen Interessen stehen hinter Verschwörungstheorien?