Die Diskreditierung von Medien ist ein zentraler Bestandteil der Kulturkampf-Strategie der radikalen Rechten. Dabei spielt der Kampfbegriff von der „Lügenpresse“ eine wichtige Rolle:
Patrick Stegemann und Sören Musyal schreiben dazu in ihrem Buch «Die rechte Mobilmachung»:
«Das Gerede von der ‘Lügenpresse’ ist eine gezielt beförderte Kampagne gegen etablierte Medien, um im nächsten Schritt auf die eigenen verweisen zu können….
Die Rechte wähnt sich in einem Kulturkampf, den sie umso eher gewinnen kann, je freier sie das eigene Weltbild kommunizieren kann. Je mehr Menschen sie auf den eigenen Kanälen ohne lästige Gatekeeper erreicht, umso grösser die Aussicht auf ein Umdenken. Je stärker das Misstrauen in etablierte Medien, umso grösser die Wahrscheinlichkeit, dass die Menschen sich fortan alternativer Quellen bedienen. Die «alternative Gegenöffentlichkeit», die hier geschaffen werden soll, ist ein Auffangbecken für jene, die erfolgreich den Medien der liberalen der liberalen Gesellschaft entfremdet wurden.»
Quelle:
Patrick Stegemann und Sören Musyal, «Die Rechte Mobilmachung», Econ Verlag 2020
Ausserdem:
Der Lügenpresse-Vorwurf ist pauschal und absurd
Der Lügenpresse-Vorwurf ist nur schon durch seine allumfassende Pauschalität absurd. Medien aller Art machen auch Fehler, berichten manchmal auch schlampig oder einseitig. Dafür sollen und dürfen sie kritisiert werden. Das sollte aber präzis geschehen: wer hat wann, was falsch gemacht.
Eine Portion gesundes Misstrauen gegenüber den Medien ist also durchaus angebracht. Verschwörungstheoretisch aufgeladen wird die ganze Sache erst mit der Unterstellung, dass die Berichterstattung zentral durch eine mächtige Instanz gesteuert und zensiert wird. Das ist für demokratisch verfasste Staaten wie Deutschland, die Schweiz und Österreich einfach eine absurde Unterstellung, wie ein Blick auf die Rangliste der Pressefreiheit der Organisation «Reporter ohne Grenzen» zeigt. Dass damit nicht «alles in Butter» ist, zeigt zum Beispiel ausgerechnet der Skandal um den rechtspopulistisch angehauchten österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz, dessen Entourage systematisch günstige Berichterstattung in einem Boulevardmedium und geschönte Umfrageergebnisse gekauft hat.
Die Unterstellung aber, dass alle Medien durchgängig lügen, ist abwegig. Die Behauptung, Angela Merkel (oder wer auch immer) schreibe den Medien vor, was sie zu berichten haben und was nicht, ist eine Propagandalüge. Rechtsextreme verbreiten die verschwörungstheoretische Lüge von einer „Lügenpresse“ oder „Systempresse“ schon seit dem Ende des 18. Jahrhunderts.
Auch in Bezug auf die Medien wäre es wichtig zu unterscheiden zwischen gesundem Misstrauen und toxischem Misstrauen. Verschwörungstheoretiker und Verschwörungstheoretikerinnen neigen stark zu toxischen Zweifel und toxischem Misstrauen. Zum Unterschied siehe hier:
Über toxische Zweifel und toxisches Misstrauen
Zum Thema «Lügenpresse» siehe auch den Artikel in der Enzklopädie auf dieser Website:
Lügenpresse als Einbildung – Medienkrise als Realität