Die Zeitschrift «Weltwoche» – einst ein renommiertes Blatt – hat sich schon seit längerem auf ein sehr spezielles Geschäftsmodell konzentriert: Sie füttert Verschwörungstheoretikerinnen und Verschwörungstheoretiker verschiedenster Façon. Im Wettbewerb um Aufmerksamkeit ist das Schüren von Empörung immer ein bewährtes Mittel. Die Botschaft lautet: Du wirst von allen verarscht und belogen – ausser von der «Weltwoche» und von der SVP – die verkünden unerschrocken die Wahrheit. Als Nebenwirkung dieser Empörungs-Bewirtschaftung wird eine Verschwörungsmentalität gezüchtet. Das zeigt sich nun auch wieder bei einer «Weltwoche»-Kampagne rund um eine erfundene «Impf-Lüge».
Die erfundene «Impf-Lüge» der «Weltwoche»
Die Pfizer-Managerin Janine Small hat während einer Anhörung im Europäischen Parlament erklärt, dass der Covid-Impfstoff von Biontech/Pfizer in der ersten klinischen Zulassungsstudie nicht getestet worden ist, ob die Impfstoffe davor schützen, dass ein Geimpfter die Viren weitergibt.
Der rechtskonservative niederländische Europa-Abgeordnete Robert Roos machte aus dieser Aussage eine grosse Sache auf Social Media.
In der Schweiz sprang Roger Köppel mit seiner «Weltwoche» auf und inszeniert daraus seit Wochen eine Geschichte nach der anderen, gegenwärtig auf der Titelseite mit der Schlagzeite «Die grosse Impf-Lüge – Manipulation, Machtmissbrauch, Milliardengeschäfte».
Die Kampagne kommt daher wie eine Enthüllungsgeschichte, die etwas ganz Grossem auf der Spur ist. In Wirklichkeit handelt es sich über weite Strecken um schlichte Stimmungsmache auf der Grundlage falscher Fakten. Damit soll Unsicherheit gestreut sowie Empörung und Ressentiments geschürt werden.
Um die Demagogie in dieser Kampagne und die fachlichen Zusammenhänge zu verstehen, muss man sich etwas Zeit nehmen. Eine ganze Reihe von Beiträgen haben sich mit diesem Thema vertieft befasst. Siehe dazu die folgenden «Faktenchecks» zur angeblichen «Impf-Lüge» und zur Kampagne der «Weltwoche»:
Faktenchecks:
☛ Kommentar zu neuer Verschwörungstheorie: Der wahre Impfskandal (Sonntagszeitung, Quelle) Abo-Artikel.
«Einmal mehr behaupten soziale Medien und ‘Weltwoche’, wir seien zu Corona belogen, betrogen und verraten worden. Das ist Unsinn.»
☛ Was ist dran an der «Impf-Lüge»? 5 Aussagen im Faktencheck (Watson, Quelle)
☛ Weltwoche im Bullshit-Modus: Konstruktion und Karriere einer «Impf-Lüge» (MEDIENWOCHE)
«Hauptsache, die Botschaft schlägt ein. Nach diesem Motto fährt die Weltwoche derzeit eine Kampagne zu einem erfundenen Skandal um die Wirksamkeit von Covid-Impfstoffen. Ein Musterbeispiel für Bullshit-Kommunikation.»
☛ Desinformation zu Corona: Fremdschutz durch Impfung war gegeben (ARD Faktenfinder)
«Im Netz verbreitet sich ein Video, das den Fremdschutz der Corona-Impfung zu Beginn der Impfkampagne infrage stellt. Dabei schützte die Impfung nachweislich auch vor einer Ansteckung und Weitergabe des Virus – anders als heute.»
☛ Covid-Impfung: Vermeintlich «atemberaubende» Pfizer-Aussage wiederholt nur Altbekanntes (dpa-Factchecking)
«Jahre nach Beginn der Corona-Impfkampagne soll Pfizer Ungeheuerliches zugegeben haben. Doch dass ihre Impfung nur auf Schutz vor Krankheit und nicht Ansteckung getestet wurde, war schon immer bekannt.»
Die Studien zum Schutz vor Ansteckung wurden später geliefert. Dafür war mehr Zeit nötig.
☛ PFIZER HAT DIE WAHRHEIT GESAGT, IMPFUNG SCHÜTZTE VOR ANSTECKUNG – QUERDENKER LÜGEN (Volksverpetzer)
«Bevor die Corona-Impfungen für die breite Masse zugelassen wurden, wurden sie ausgiebig darauf getestet. Ob sie sicher und wirksam darin sind, vor schweren Verläufen und Tod zu schützen. Das wurde beim Impfstoff von Pfizer & BioNTech auch in der Zulassungsstudie festgestellt. Die Impfung ist sicher und senkt das Risiko vor Tod und Hospitalisierung. Nichts anderes wurde damals auch von Pfizer kommuniziert. Dass Impfungen damals auch das Ansteckungsrisiko verringerten, stellte sich später heraus. Das haben weitere Studien belegt.»
Anmerkungen:
Die «Weltwoche»-Kampagne ist eine umfassende Unterstellung und füttert Verschwörungstheorien. Zwar wird hier nicht ein einzelner angeblicher Verschwörer genannt wie zum Beispiel Bill Gates, der Lieblingsfeind der «Querdenker-Szene». Vielmehr wird der Eindruck vermitteln, dass wir rundum hinters Licht geführt werden. Fachleute aus Medizin und Wissenschaft, Politikerinnen und Politiker, Behörden – alle gekauft oder sonst wie mit finsteren Absichten. Diese Empörungs-Bewirtschaftung ist nicht nur ein Geschäftsmodell für die «Weltwoche». Sie basiert auch auf einem umfassenden toxischen Misstrauen.
Siehe auch:
Über toxische Zweifel und toxisches Misstrauen
Mit ihrer «Wir-gegen-den-Mainstream»-Haltung katapultiert sich die «Weltwoche» ins Feld der selbsternannten «Alternativmedien».
Siehe dazu:
Alternative Medien als Verbreiter von Verschwörungstheorien