Im Jahr 2018 kauft eine Gruppe namens “Weda Elysia” den verfallenen ehemaligen Gasthof im Herzen des Dorfes Wienrode im Harn. Die Gruppe will den Gasthof offenbar sanieren und zu einem kulturellen Zentrum in Wienrode umbauen. Es handelt sich um völkische Siedler mit Verbindungen zum Rechtsextremismus. “Weda Elysia” präsentiert sich mit Themen wie Brauchtum, Handwerk und Ökolandbau. Sie beruft sich jedoch auf die russischen Anastasia-Bücher, die neben Esoterik und Selbstversorger-Themen auch antisemitische Verschwörungsmythen enthalten.
Der Rechtsextremismus-Forscher Prof. Matthias Quent sagt dazu in einer Reportage von «MDR Investigativ»:
«Hier entstehen dezidiert politische Akteure mit politischen Strategien dahinter, die es zu ihrem Ziel erklärt haben, Gesellschaften oder lokale Gemeinschaften zu unterwandern, einzusickern und Stück für Stück ihre Ideologie weiter zu verbreiten, Menschen anzulocken, sogar Menschen anzusiedeln, zu grösseren Siedlungsprojekten in mehreren Regionen Deutschlands, aber auch hier, bis diese Regionen übernommen werden können.»
Matthias Quent beobachtet Vorgänge wie diejenigen um “Weda Elysia” in Wienrode gerade im ländlichen Raum immer wieder. Insbesondere in Ostdeutschland fehle häufig die Gegenwehr gegen rechtsextreme Strukturen. “Wenn etwas nicht problematisiert wird, dann wird es zum Teil der Normalität. Das ist letztlich die wichtigste Waffe der Rechtsextremen, dass niemand sich dagegen wehrt,” erklärt Quent.
Kaum mehr Widerspruch gegen “Weda Elysia” in Wienrode
Die MDR-Reportage geht der Frage nach, wie ein solches Klima des Schweigens entsteht und was die zuständigen Politiker den völkischen Siedlern entgegensetzen.
Die Kritiker seien verstummt und trauten sich nicht mehr, offen zu sprechen, sagt die Reporterin.
Anonym berichtet ihr eine Person aus Wienrode von Angst vor Angriffen und schildert, dass sie sich von den zuständigen Politikern alleingelassen fühlt.
Die LINKEN-Stadträtin Ruth Fiedler aus dem nahegelegenen Wernigerode tritt seit Jahren offen gegen rechtsextreme Strukturen ein. Sie wurde aus diesem Grund bedroht, angefeindet und angezeigt, schweigt jedoch trotzdem nicht.
Sie fühle sich als Kommunalpolitikerin relativ geschützt: “Ich weiß nicht, ob es genauso wäre, wenn ich jetzt einfach nur irgendeine ganz normale Frau wäre, die halt irgendwie sich stark macht gegen rechts.”
Ruth Fiedler kennt viele Anwohner in Wienrode persönlich und erzählt von Drohungen in der Nachbarschaft gegen jene, die “Weda Elysia” kritisch gegenüberstehen.
Quelle:
Anastasia-Siedler mit rechtsextremen Kontakten – Ein Dorf verstummt | Doku | exactly
(MDR Investigativ):
Anmerkungen:
Der Anastasia-Kult basiert auf rechtsesoterischen Verschwörungstheorien.
☛ Mehr zur Anastasia-Bewegung in der Enzyklopädie.
☛ Die Anastasia-Bewegung fischt im Teich der rechtsesoterischen Verschwörungstheorien. Zur Verbindung von Esoterik und Verschwörungstheorien:
Esoterik & Verschwörungstheorien
Conspirituality: Verschmelzung von Verschwörungsmentalität und Esoterik
Esoterik und Verschwörungstheorien als Zwillingspaar
☛ Neben Siedlungsprojekten wie dem “Weda Elysia” in Wienrode macht der Anastasia-Kult auch mit Schulprojekten nach dem Konzept der Schetinin-Schule von sich reden. In der Schweiz haben zuständige Behörden innert Kurzem zwei derartige Privatschulen in Uznach (Kanton St. Gallen) und Rikon (Kanton Zürich) provisorisch bewilligt. Siehe dazu:
Reichsbürger basteln an Privatschulen in der Schweiz
Bewilligung für rechts-esoterische Schetinin-Schule im Kanton St. Gallen
☛ Demokratinnen und Demokraten sollten bei solchen Projekten sehr wachsam sein, sich Gehör verschaffen und sich besser vernetzen.