In vielen Verschwörungstheorien spielen angekündigte Katastrophen oder sonstige grosse Umbrüche eine wichtige Rolle. Dabei kann es zum Beispiel um den Zusammenbruch der Zivilisation gehen, auf den sich Prepper vorbereiten, die Wiederkunft des abgewählten Messias der QAnon-Anhänger – Donald Trump, oder um die Errichtung der «Corona-Diktatur» in Vorbereitung auf die «Neue Weltordnung (NWO)».
Aber Donald Trump ist trotz mehrerer Ankündigungen nicht wieder ins Amt eingesetzt worden und die Corona-Massnahmen werden nach und nach gelockert. Was macht das Ausbleiben der angekündigten Katastrophen und grossen Umbrüche mit Verschwörungsgläubigen?
Ulrike Schiesser von der Bundesstelle für Sektenfragen beobachtet, dass die Anhängerinnen und Anhänger von Verschwörungstheorien stets bei Laune gehalten werden müssen, damit sie von Tag zu Tag immer wieder aufs Neue einsteigen und apokalyptische Nachrichten lesen: «Ich habe den Eindruck, dass da versucht wird, immer nochmal etwas nachzulegen, um die Anhänger bei der Stange zu halten. Das waren einerseits Ankündigungen von irgendwelchen Umstürzen oder Regierungsveränderungen, Donald Trump als die Erlöserfigur oder das Militär, das uns befreien soll.»
Jedenfalls sind die prophezeiten Katastrophen ist bis heute nicht eingetreten.
Während es bisher zu einer Radikalisierung der geteilten Verschwörungsmythen gekommen sei, dürfte jedoch gerade dieses Ausbleiben der Katastrophen in den kommenden Monaten zu einer Verbesserung der Lage führen, erklärt Schiesser: «Ich glaube, dass in Zukunft für einige der Punkt kommen wird, an dem es ihnen reicht», sagt die Expertin. Es werde seit einem Jahr der Weltuntergang verkündet, aber es sei nicht ersichtlich, dass er eintritt.
Es dürfte also nur mehr eine Frage der Zeit sein, bis bei Verschwörungsgläubigen aktive Zweifel aufkommen oder sich der Fokus verschiebt. Auch darum, weil die Öffnungen laufend weitergehen. Sehr viele Menschen dürften im Laufe der vergangenen Lockdowns überdurchschnittlich viel Zeit zu Hause verbracht und dementsprechend längere Bildschirmzeiten gehabt haben.
Verlieren Verschwörungsideologen bei ausbleibenden Katastrophen an Interesse?
Deshalb sei es gar nicht so selten geschehen, dass User in ein beinahe suchtartiges Konsumverhalten gefallen seien. Doch je weniger Zeit für das Studieren von Telegram-Nachrichten bestehe, desto weniger intensiv könne man folglich auch in die geteilten Verschwörungsmythen hineinkippen, erklärt Schiesser.
Ein erstes Anzeichen für nachlassendes Interesse bei ausbleibenden Katastrophen sieht die Expertin in der abnehmenden Reichweite bekannter Corona-Leugner wie Michael Wendler und Xavier Naidoo. Während die beiden längere Zeit eine beliebte Anlaufstelle waren, verlieren sie seit einigen Wochen laufend an Abonnenten, Views und Reichweite. Ähnliches zeigt sich auch bei einer bekannten süddeutschen „Querdenker„-Gruppe. Dem Telegram-Kanal des Kochbuchautors und rechtsradikalen Szene-Stars Atilla Hildmann wurde inzwischen gänzlich der Garaus gemacht.
Quelle:
VERSCHWÖRUNGSMYTHEN:
„Giftig, weil geimpft“: Wie es den Corona-Leugnern im Netz ergeht (Der Standard)
Ergänzungen:
☛ Was geschieht mit Verschwörungstheoretikern, wenn Prophezeiungen fehlschlagen und Katastrophen nicht eintreten. Siehe dazu den Beitrag in der Enzyklopädie auf dieser Website:
Prophezeiungen, fehlgeschlagene.
☛ Ähnliches Thema:
Ist die Hochzeit der «Querdenker» vorbei?