Videos sind ein wichtiges Propagandamedium für Verschwörungstheorien. Insbesondere YouTube führt die Konsumentinnen und Konsumenten durch seinen Vorschlags-Algorithmus oft tief in den Kaninchenbau.
Deborah Wolf untersucht an der Universität Freiburg im Breisgau, auf welche Art und Weise Videos auf Plattformen wie YouTube die Verbreitung von Verschwörungstheorien fördern. Das Online-Magazin der Uni Freiburg hat mit der Forscherin ein Interview geführt.
Dort wird die Wissenschaftlerin gefragt, was ist das Besondere daran ist, wenn Verschwörungstheorien als Video präsentiert werden.
Antwort:
«Ein Video ist natürlich eine neuere technische Entwicklung und typisch für Verschwörungstheorien der Gegenwart. Viele Amateurinnen und Amateure können selbst Videos erstellen und verbreiten. Das Besondere daran ist die Kombination von visuellen und auditiven Komponenten. Videos in denen es um Verschwörungstheorien geht, arbeiten mit Elementen aus Dokumentarfilmen, um glaubwürdiger zu wirken. Dazu gehören zum Beispiel das Voiceover, also eine Sprechstimme, die über der eigentlichen Tonaufnahme liegt, Bilder, in denen etwas markiert ist, Grafiken, Tabellen und Zahlen. Diese Elemente werden so zusammengesetzt, dass sie die Zuschauerinnen und Zuschauer überfordern.»^
Wie diese Überforderung zustande kommt, erläutert Deborah Wolf im folgenden Abschnitt:
«Schnelle Schnitte, Bildkombinationen, Musik, Voiceover, das sind alles Stressreize. Meistens bricht das Bild nach dieser Überforderung ab. Es wird schwarz und eine ruhige Stimme vermittelt die Botschaft. Mit dieser Kombination sollen Zuschauer empfänglicher für das Argument werden. Denn im Gegensatz zu Dokumentarfilmen wollen diese Videos nur ein Argument vermitteln. Dafür wird viel mit affektiven Momenten gearbeitet.»
Wie beeinflusst der Algorithmus von YouTube die Nutzung der Videos?
Der Algorithmus von YouTube sortiere die Resultate nach eigenen Kriterien, erklärt Wolf. Die Plattform nennt das Relevanz. Zu diesen Aspekten zählt beispielsweise, wie Nutzerinnen und Nutzer auf die Videos reagieren, zum Beispiel durch Diskussionen in den Kommentaren. Je mehr Reaktionen, desto relevanter wird das Video vom Algorithmus eingestuft und deshalb mehr Leuten gezeigt. Verschwörungstheoretische Videos werden den Nutzerinnen und Nutzern besonders häufig vorgeschlagen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stellten zudem fest, dass ein so genannter Click Hole Effekt entsteht. Das bedeutet: wenn jemand ein verschwörungstheoretisches Video anschaut, dann schlägt die Autoplay-Funktion von YouTube dieser Person noch mehr solcher Videos vor und die Vorschläge werden immer extremer.
Quelle
Kontrollierte Sprengung oder Aliens? (Online-Magazin Uni Freiburg)
Podcast / Video zur Coronakrise: Corona und Verschwörungstheorien – erklärt von Deborah Wolf (4.20 Min.):
Siehe auch:
YouTube als Propagandakanal für Verschwörungstheorien
Wie Verschwörungstheorien auf YouTube das Weltbild von Jugendlichen prägen