Soziale Medien versuchen, die Verbreitung von Coronamythen zu bremsen. Doch die Verschwörungspromis sind viel schneller unterwegs. Die «taz» befasst sich in einem Artikel mit der Verbreitung von Verschwörungstheorien über soziale Medien. Als Beispiel dient das YouTube-Video «The Plandemic». Darin beantwortet die US-amerikanische Molekularbiologin Judy Mikovits Fragen zu Covid-19. Doch anstelle von gesicherten Fakten verbreitet Mikovits Unwahrheiten. Sie behauptet zum Beispiel, dass Maskentragen das Virus erst aktiviere oder Corona durch einen schlechten Grippe-Impfstoff entstanden sei.
Mikovits verbreitet Falschinformationen
Das Youtube-Video „The Plandemic“ ist ein Paradebeispiel dafür, wie rasch sich Verschwörungserzählungen in der Coronakrise verbreiten können. Es wurde geteilt von Impfgegnerinnen und Impfgegnern, aber auch von rechten QAnon– und Chemtrail-Facebookgruppen. Innerhalb weniger Tage sahen das 26-minütige Video mehrere zehn Millionen Menschen weltweit.
Solche Videos veranlassen Google und Facebook, stärker gegen Desinformationen vorzugehen. Warnhinweise und verifizierte Informationen von Gesundheitsbehörden sollen den Falschmeldungen entgegenwirken.
Die Plattformen löschen zudem Corona-Falschmeldungen häufiger. Sie sperren auch Kanäle von Verschwörungsgläubigen. Auch Twitter kündigte an, zweifelhafte Inhalte zu kennzeichnen. Damit verschwinden die Verschwörungsideologien allerdings nicht – ihre Verbreitung wird nur eingedämmt.
Deshalb ziehen immer mehr Prominente mit ihrem Verschwörungsgeraune zu Telegram um. Der Nachrichtendienst entwickelt sich zum wichtigsten Beschleuniger für Falschbehauptungen über das Coronanavirus. In halböffentlichen Bereichen gestaltet sich Regulierung deutlich schwieriger.
Die bisher größte Langzeitstudie aus dem Jahr 2018 zeigt, dass sich Falschnachrichten und Verschwörungsideologien sechsmal mal rascher als wahre Informationen und Tatsachen verbreiten. Zu diesem Resultat kam ein Forscherteam des Massachusetts Institute of Technology. Sie analysierten 126.000 Erzählungen, die zwischen 2006 und 2017 von drei Millionen Menschen bei Twitter geteilt wurden.
Inzwischen haben Youtube und Facebook das Video „The Pandemic“ von ihren Plattformen entfernt. Wer nun bei Youtube danach sucht, erhält Aufklärungsvideos vorgeschlagen. Das meistgesehene dieser seriösen Videos kann 1,4 Millionen Aufrufe verzeichnen.
Quelle:
Verschwörungstheorien in sozialen Medien: Die Pandemie der Unwahrheiten (taz)
Es stellt sich die Frage, weshalb auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wie Judy Mikovits derart auf die schiefe Bahn kommen können. Bei der Molekularbiologin könnte mitspielen, dass sie 2011 vom Whittemore Peterson Institute for Neuro-Immunse Disease wegen nicht haltbarer Forschungsergebnisse entlassen wurde. Solche Kränkungen können destabilisierende Wirkungen entfalten.
Eindrücklich ist auch, dass sich Falschmeldungen sechsmal schneller verbreiten als korrekte Information. Es ist so einfach, Falschmeldungen und Verschwörungstheorien in die Welt zu setzen. Sie zu widerlegen und zu korrigieren dagegen ist Knochenarbeit.