Daniele Ganser ist ein heller Stern am Firmament der Verschwörungstheorien. Seine grosse Anhängerschaft hält treu zu ihm und nimmt ihm seine konspirationistischen Andeutungen weitgehend blind und unkritisch ab, weil sie daran glauben will. Die «Ganser-Gemeinde» verteidigt den Publizisten und selbsternannten Friedensforscher auch vehement gegen Kritik. Die Identifikation mit Ganser und dessen Positionen ist in dieser «Szene» offenbar so gross, dass jede Kritik an ihm als persönlicher Angriff empfunden wird. Das macht immer wieder einmal den Eindruck eines Guru-Verhältnisses.
Der Amerikanist Michael Butter schreibt dazu im Online-Magazin «Republik»:
«Wie bei einem Guru und seinen Jüngern beruht die Beziehung zwischen Ganser und dem harten Kern seiner Fans auf dem Versprechen von Erleuchtung und Exklusivität. Sie glauben, durch die Bindung an Ganser zu Erleuchteten geworden zu sein, die sich nicht länger blenden lassen von der Propaganda der «Mainstreammedien» – oder «Nato-Medien», wie Ganser sie gerne nennt. Hier besteht allerdings ein Unterschied zwischen Gansers Community und Sekten. Denn während der Guru einer Sekte in der Regel explizit vorgibt, was Sache ist, betonen Ganser und seine Anhänger immer wieder, dass er das eben gerade nicht tue, sondern nur Fragen stelle und ihnen so helfe, sich selbst ein Urteil zu bilden. Dass dieses Urteil nicht frei ist, leugnet er – und sie können oder wollen es nicht sehen.»
Quelle: Die Methode Ganser (Republik), im Zitat eingebettete Zitate entstammen nicht dem Original.
Ganser als postmoderner Guru?
Beim Thema «Guru» gibt es allerdings Unterschiede und Ähnlichkeiten zu beachten. Dabei ist es nützlich, den Begriff «Guru» zuerst zu definieren. Wikipedia schreibt dazu:
«Guru (Sanskrit, m., गुरु, guru, dt. „schwer, gewichtig“) ist ein Ehrentitel für einen spirituellen Lehrer im Hinduismus, im Sikhismus und im tantrischen Buddhismus. Das beruht auf dem philosophischen Verständnis von der Bedeutung des Wissens im Hinduismus. Der Lehrer ist für den Schüler unentbehrlich für die Suche nach Wissen und den Weg zur Erlösung…….
Im zeitgenössischen westlichen Sprachgebrauch wird die Bezeichnung „Guru“ oftmals auch für Fachleute mit überdurchschnittlichem Wissen, langer Erfahrung und gegebenenfalls charismatischer Ausstrahlung verwendet. Allerdings kann der Begriff auch mit pejorativ abwertender oder spöttischer Bedeutung für Menschen verwendet werden, die durch religiöse oder philosophische Aussagen Anhänger um sich scharen.»
Im beschriebenen, engeren religiösen Sinn kann man Daniele Ganser wohl schwerlich als «Guru» bezeichnen. Viele negative Begleiterscheinungen, die im Kontext des «Gurutums» beschrieben werden, tauchen bei Ganser und seiner Anhängerschaft nicht auf. Der Mann macht niemanden abhängig, fordert keine Gefolgschaft und verlangt keine Gegenleistung, wenn man von Eintrittspreisen zu Vorträgen und Auslagen für Buchkäufe absieht.
Andererseits zeigen sich im Verhältnis zwischen Ganser und seiner Anhängerschaft durchaus «guruhafte» Züge: Zum Beispiel die unkritische Gläubigkeit obwohl, oder gerade weil Ganser mehr suggestive Andeutungen macht als klare Aussagen. Zudem vermittelt der «Friedensforscher» seiner Anhängerschaft das Gefühl, auf der richtigen Seite zu stehen und die geopolitischen Vorgänge zu durchschauen. Wer Gansers Interpretationen übernimmt, kann sich zu den «Aufgewachten» zählen. Ganser hat Erfolg, weil er das anbietet, was seine Anhängerinnen und Anhänger hören wollen: Ein klares Feindbild (die Amis), eine Portion undifferenzierter Antiamerikanismus, der vor allem rechts aussen und links aussen gut ankommt. Orientierung in einer komplexen Welt durch Gut-Böse-Dualismus (siehe: «Gut gegen Böse» – das Grundnarrativ in Verschwörungstheorien).
Dabei ist das «Guru-Verhältnis» in der Ganser-Szene offenlassend und unverbindlich. Das passt perfekt zum postmodernen Zeitgeist. Ein vergleichbares Guru-Verhältnis pflegt der Esoterik-Star Christina von Dreien. Dass Daniele Ganser und Christina von Dreien an manchen Punkten zusammenarbeiten, ist bei dieser «Verwandtschaft» nicht weiter erstaunlich.
Weitere Quelle: Beitrag zum Stichwort «Guru» auf Wikipedia.
Anmerkungen:
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