Die Corona-Pandemie sorgt auch an vielen Orten in der Familie für Streit. Die Digitalexpertin und Journalistin Ingrid Brodnig gibt Tipps, wie man sich verhalten sollte, wenn wirre Thesen, Fake-News und Verschwörungstheorien in der Familie auftauchen.
Etwa ein Drittel der Deutschen gelten laut Umfragen als offen für Verschwörungstheorien. Das zeigte eine Umfrage der Konrad-Adenauer-Stiftung im letzten Herbst. Durch die Corona-Krise wurde diese Dynamik verstärkt. Seit ihrem Ausbruch streiten sich zahlreiche Familien und Freunde, weil sie unterschiedliche Meinungen zur Faktenlage und zum Coronavirus haben.
Die österreichische Digitalexpertin und Journalistin Ingrid Brodnig hat das Buch „Einspruch“ verfasst. Sie beschreibt darin, wie die konstruktive Auseinandersetzung in solchen Konflikten gelingen kann – damit Familie und Freunde nicht im Streit auseinandergehen. Der Bayerische Rundfunk hat daraus vier Tipps vorgestellt.
Zum Umgang mit Verschwörungstheorien in der Familie:
Tipp Nr. 1: Geh unbequemen Diskussionen nicht aus dem Weg.
Unangenehmen Themen in der Familie oder bei Freunden aus dem Weg zu gehen, ist oft ein schneller Reflex. Ingrid Brodnig hält das jedenfalls beim Thema Corona für den falschen Weg: „Es steht zu viel auf dem Spiel, denn Menschen, die nicht an die Gefahr des Coronavirus glauben, stellen eine Gefahr für andere dar.“ Darum sei es wichtig, früh auf bestimmte Falschmeldungen zu reagieren und sein Gegenüber damit zu konfrontieren – im persönlichen Gespräch und möglichst nicht auf WhatsApp oder am Telefon.
Tipp Nr. 2: Wertschätzung gegenüber Gesprächspartnerinnen /Gesprächspartnern ausdrücken.
Menschen, die an Verschwörungserzählungen glauben, seien oftmals sehr ängstlich, erläutert Ingrid Brodnig. Darum sei es wichtig, einfühlsam zu bleiben und auf sein Gegenüber einzugehen. Auch dann, wenn man dessen Meinung vielleicht nicht nachvollziehen könne. Brodnig empfiehlt: „Die Person beiseite nehmen und freundlich darauf hinweisen, dass es zu dem Thema auch einen anderen Faktencheck gibt, und sie vielleicht einer Falschmeldung aufgesessen ist.“
Freunde oder Familie scharf anzugreifen, allzu hart zu kritisieren oder gar über sie zu lachen sei der falsche Weg.
Tipp Nr. 3: Fragen stellen ist oft wirksamer als widersprechen
Fakten prallen in Gesprächen mit Menschen, die an Verschwörungstheorien glauben, oft ab. Auch Einfühlsamkeit hilft manchmal nicht weiter. Ingrid Brodnig empfiehlt in solchen Situationen, nicht zu sehr auf dem eigenen Standpunkt zu beharren. Das sei besonders wichtig in hartnäckigen Fällen, wenn das Gegenüber andere Fakten und Meinungen schon gar nicht mehr akzeptiert. Hier empfiehlt Brodnig einen Strategiewechsel: „Manchmal ist die Frage das bessere Werkzeug, auch die Unstimmigkeiten aufzuzeigen.“ Denn wer frage, wirke einfühlsam und könne seinen Widerspruch freundlicher und weniger verletzend verpacken.
Tipp Nr. 4: Kein Themen-Hopping gestatten
In Gesprächen mit Verschwörungsgläubigen geschieht laut Brodnig oft ein sogenanntes Themen-Hopping: „In einer halben Stunde können schon sechs bis sieben Felder angekratzt werden. Oft steigen Menschen ein mit einem Kind, das angeblich unter der Maske gestorben ist und wechseln dann zu einer Aussage von Bill Gates aus den 90ern.“
Wer jedoch versuche, auf fünf oder sechs Baustellen gleichzeitig zu diskutieren, werde eigentlich nichts richtig diskutieren, warnt die Expertin. Sie rät, nicht zu glauben, dann man alles kontern kann. Lieber solle man sich vorher in ein Thema genau einlesen und dann im Gespräch versuchen, auch bei diesem Thema zu bleiben.
Hier gibt’s weitere Informationen zu diesem Punkt:
Themen-Hopping bei Diskussionen mit Verschwörungsgläubigen
Zentraler Punkt für Gespräche in der Familie: Die Hand ausstrecken statt sich abwenden
Diese Tipps seien keine Garantie, dass betroffene Personen ihre Meinung ändern, erklärt Ingrid Brodnig. Es sei aber wichtig, als Ansprechpartner vorhanden zu bleiben und weiter für betroffene Personen da zu sein. Andernfalls bestehe die Gefahr, dass sie sich in ihrer extremen Meinung noch stärker radikalisieren.
Quelle:
Vier Tipps gegen Verschwörungstheorien in der Familie (Bayerischer Rundfunk)
Anmerkungen:
Siehe auch:
Was tun, wenn Familienmitglieder in Verschwörungstheorien versinken?
Verschwörungstheorien in der Familie – warum Gegenrede wichtig ist
Verschwörungstheorien & Jugendliche – was Lehrpersonen und Eltern tun können
Verschwörungstheorien widerlegen….geht das? Und wenn ja wie?