Zum Angriff auf das Kapitol kursieren eine Reihe von Verschwörungstheorien. Am absurdesten ist dabei wohl die Unterstellung, es habe sich um eine False-Flag-Operation der «Antifa» gehandelt. Was ist damit gemeint?
Am Angriff auf das Kapitol waren sehr viele Verschwörungstheoretiker beteiligt, denn der Mob glaubte an die von Präsident Donald Trump und seiner Entourage verbreitete Verschwörungstheorie vom Wahlbetrug. Gut zu ernennen waren in der Menge auch Anhänger der QAnon-Verschwörungsideologie, wie zum Beispiel der selbsternannte QAnon-Schamane.
Wo viele Verschwörungstheorien vorhanden sind, kann man davon ausgehen, dass es mit Verschwörungstheorien kein Ende mehr nimmt. Solche verschwörungsmythisch eingefärbten Erzählungsstränge entwickeln sich ständig weiter.
Und deshalb ist der Angriff auf das Kapitol selbst postwendend zum Ausgangspunkt für Verschwörungstheorien geworden. Allerdings handelt es sich dabei eher um Verschwörungsgerüchte und nicht um ausgebaute Verschwörungstheorien. Dazu braucht es keinerlei Aufwand. Es ist die Instant-Version im Sortiment der Verschwörungserzählungen. Wie sofortlöslicher Kaffee.
Die Rede von der False-Flag-Operation
Mit rasender Geschwindigkeit verbreitete sich in rechtsextremen, verschwörungsideologisch geprägten Kanälen die Einschätzung, dass die Erstürmung des Kapitols eine Inszenierung gewesen sei – eine sogenannte False-Flag-Operation.
Insbesondere eine Erzählung ist hier immer wieder zu finden: Es handle sich beim Sturm auf das Kapitol eigentlich um einen Coup der „Globalisten“ gegen Donald Trump. Ziel dieser Aktion sei die Ablenkung von der angeblich gefälschten Präsidentschaftswahl. Dafür seien gezielt Mitglieder der „Antifa“ als Trump-Fans verkleidet unter die Protestierenden geschleust worden. Diese «Antifa»-Mitglieder hätten dann die Masse aufgestachelt. So seien gezielt Bilder erzeugt worden, um die wahren Patriotinnen und Patrioten zu diskreditieren.
Dass diese False-Flag-Phantasien dem Abgleich mit der Realität nicht standhalten, ist auf den ersten Blick ersichtlich. Nicht nur dominierten Pro-Trump-Symbole und rechtsextreme Slogans die Bilder bei der Erstürmung des Kapitols: Rasch zeigte sich auch, dass bekannte Figuren mit einschlägigen Bezügen zu rechtsextremen Organisationen in den USA beteiligt waren, so zum Beispiel Angehörige der „Proud Boys“ oder der „Oath Keepers“. Diese und weitere Gruppen hatten seit Wochen online zum Protest am 6. Januar 2021 in Washington, D.C. mobilisiert und auch keinen Hehl aus ihrer Gewaltbereitschaft gemacht. Und selbst US-Präsident Donald Trump sowie sein direktes Umfeld hatten noch am selben Tag auf der Kundgebung vor Ort mit martialischen Sprachbildern dazu aufgerufen, sich auf den Weg zum Kapitol zu machen. Noch während der Sturm auf’s Kapitol andauerte sagte Trump zu diesem gewalttätigen Mob: „Wir lieben euch, ihr seid besondere Menschen.“ (Quelle dieses Zitats: n-tv)
Quelle:
Zwischen Verschwörung, Relativierung und Machtdemonstration:
Wie Rechtsextreme auf die Erstürmung des US-Kapitols reagieren (Hass-im-Netz.Info)
Anmerkungen:
☛ Die Unterstellung einer False-Flag-Operation ist absurd. Trump hat zu dieser Stürmung aufgerufen und sie während dem Ablauf noch bestätigt mit dem Satz: „Wir lieben euch, ihr seid besondere Menschen.“ Daran ändert nichts, dass er die Massen auch aufforderte, jetzt nach Hause zu gehen.
☛ Wenn Rechtsextreme den Angriff auf das Kapitol als «False-Flag-Operation umbiegen, dann erreichen sie damit propagandistisch zweierlei: Sie diffamieren damit ihre Gegner als besonders bösartig und sie begeben sich selbst in eine Opferrolle. Es kommt zu einer Täter-Opfer-Umkehr. Diese Selbst-Viktimisierung ist verbreitet bei Verschwörungsgläubigen, aber auch bei Rechtspopulisten und Linkspopulisten sowie bei Extremisten aller Art (Rechtsextremisten, Linksextremisten, Dschihadisten).