Verschwörungsideologien sind keine Vorstufe oder falsche Abbiegung auf dem Weg zur Gesellschaftskritik. Das schreiben Ferdinand Backöfer und Lisa Geffken von der „Fachstelle für Politische Bildung und Entschwörung“ der Amadeu Antonio Stiftung in Leipzig:
«Statt fragend nach Erkenntnissen zu streben, suchen Verschwörungsideologien lediglich nach einer Bestätigung ihres geschlossenen und gegen Einwände abgedichteten Weltbildes. Die Kritik an der eigenen Sicht, wird in Verschwörungsideologien deshalb stets als Angriff oder Täuschungsversuch zurückgewiesen.»
Ganz anders die Gesellschaftskritik:
«Gesellschaftskritik, die gesellschaftliche Widersprüche verstehen und nicht einfach glätten will, versucht, die Gesellschaft zu demokratisieren. Dafür fordert sie die Versprechen der Moderne und Aufklärung, wie Freiheit, Gleichheit und Solidarität ein.»
Im Gegensatz dazu denunzieren Verschwörungsideologien demokratische Prozesse als „Betrug“ durch die Verschwörerinnen und Verschwörer. Sie lehnen die Moderne und ihre Werte grundsätzlich ab. Gesellschaftliche Widersprüche und Missstände werden von Verschwörungsgläubigen nicht aufgeklärt und bearbeitet, um mehr soziale Gerechtigkeit zu erlangen. Sie werden stattdessen verleugnet und ausgelagert, um die eigenen regressiven Bedürfnisse nach Ganzheitlichkeit und Gemeinschaft zu befriedigen.
Verschwörungsideologien fragen deshalb nicht: «Wie funktioniert die Welt und wie könnte sie für alle Menschen besser eingerichtet werden?»
Sie fragen stattdessen: «Wer hat Schuld an meinen Gefühlen der Ohnmacht und Überforderung und wer muss beseitigt werden, damit alles wieder gut wird?»
Die Antwort auf diese Frage fällt häufig mehr oder weniger offen antisemitisch aus, denn dem Jüdischen werden seit Jahrhunderten Verschwörung und Zersetzung vorgeworfen.
Die Antwort auf die Frage nach den angeblichen Schuldigen fällt aber auch oft rassistisch und antifeministisch aus. Verschwörungsideologien seien somit keine „falschen Antworten auf eigentlich richtige Fragen“, schreiben Ferdinand Backöfer und Lisa Geffken. Sie seien Teil eines antimodernen Weltbilds, das auf menschenfeindlichen Ressentiments basiert.
Quelle:
„Querdenken“ und Pädagogik: MENSCHEN MIT VERSCHWÖRUNGSGLAUBEN SOLLTEN WIR ERNST NEHMEN (belltower.news)
Anmerkungen:
Verschwörungsideologen beschreiben sich selber oft als «kritisch». Sie glauben, dass sie Gesellschaftskritik äussern. Ferdinand Backöfer und Lisa Geffken zeigen diese Selbsttäuschung gut auf. Verschwörungstheorien und Verschwörungsideologen suchen Sündenböcke und neigen stark zur Personalisierung von Problemen. Das sind keine konstruktiven Ansätze.
Deshalb: Gesellschaftskritik statt Verschwörungsideologien.
Zum Thema Kritik mehr hier: Lob der Kritik