Donald Trump hält an seiner Verschwörungstheorie von Wahlbetrug wohl hauptsächlich deshalb so hartnäckig fest, weil sein übergrosses Ego eine Niederlage nicht hinnehmen kann. Das wäre noch nicht sehr besorgniserregend, wenn seine Anhängerinnen und Anhänger nicht ebenfalls in diesem Lügengespinnst gefangen wären.
Rund ein Viertel der erwachsenen US-Bürgerinnen und -bürger gehen einer Umfrage gemäss weiterhin faktenfrei von Wahlbetrug aus. Sie glauben, dass bei der Wahl am 3. November 2020 durch illegale Stimmen Trumps Wahlsieg gestohlen wurde.
53 Prozent der Republikaner glauben, Donald Trump sei der »wahre Präsident«.In diesem Sinn äussern sich 25 Prozent aller US-Amerikaner und sogar 3 Prozent der Demokraten. An diesen Zahlen lässt sich ablesen, wie tief die Grosse Lüge vom Wahlbetrug inzwischen in die US-amerikanische Bevölkerung eingesickert ist.
Weiterzählen, um den Wahlbetrug herbeizureden
Obwohl Wahlgremien und Gerichte die Korrektheit der Wahl Joe Bidens durchgängig bestätigt haben, werden beispielsweise im Bundesstaat Arizona immer noch die Stimmzettel der Präsidentschaftswahl nachgezählt, obwohl sie schon mehrfach überprüft wurden und der Sieg von Biden dabei bestätigt wurde.Im Hintergrund dieser Aktionen kursieren eine Reihe von Gerüchten. So sollen etwa die echten Stimmzettel ein geheimes Wasserzeichen haben, die gefälschten jedoch Spuren von Bambus enthalten. Eine der vielen Verschwörungstheorien besagt nämlich, dass die 40.000 wahlentscheidende Stimmen für Joe Biden direkt aus China – deshalb Bambus – importiert worden seien.
Allerdings behaupten weitere Gerüchte, diese chinesischen Stimmzettel seien inzwischen geschreddert und an Hühner verfüttert worden.
Das Fass zum Überlaufen brachte aber Ex-Präsident Trump selbst mit einer Pressemitteilung im Twitter-Stil, wonach sämtliche Wählerdatenbanken im Bezirk Maricopa gelöscht worden seien. Ein Verbrechen sei das, empörte sich der Ex-Präsident.
Selbst Republikanern platzt der Kragen
Der Wahlleiter von Maricopa Country, Stephen Richer, ein Republikaner, konnte es nicht fassen. Gegenüber CNN erklärte der Mann, er sei damit nun einmal zu häufig verleumdet worden: «Ich war sprachlos. Es war so, als ob mir jemand sagt, dass der Bleistift, der vor mir auf dem Tisch liegt, nicht existiert. Der ehemalige Präsident hat es gesagt, und es stimmt einfach nicht.»
Seit Ende April läuft die inzwischen dritte Überprüfung des Wahlresultats in Maricopa County. Das hatten die Republikaner im Senat des Bundesstaates gegen den Willen des County durchgesetzt. Per Hand und mit Hilfe von UV-Licht werden nun in der Mehrzweckhalle des Veterans Memorial Coliseum von Phoenix die 2,1 Millionen Stimmzettel auf mögliche Manipulationen untersucht.
Dem Republikaner Jack Sellers platzte nun endgültig der Kragen. Er ist Chef des County Board of Supervisors von Maricopa County, einer Art Kreistag, und damit auch zuständig für Wahlen: «Dieses Gremium hat es satt, diesen Leuten irgendetwas zu erklären, die mit den Stimmzetteln unserer Bürger und unserer Ausrüstung Möchtegern-Detektiv spielen wollen.» Es sei höchste Zeit, mit diesem Irrsinn aufzuhören und sich um die wirklich wichtigen Dinge zu kümmern.» Wie wahr….
Quellen:
Trumps Betrugsmärchen: Fast ein Viertel der Amerikaner hält Wahl 2020 für gestohlen (Spiegel online)
Arizona: Wahlmaschinen sind nach Trumps Auszählmarathon unbrauchbar (Tagesschau)
Anmerkungen:
☛ Die kontinuierlich vorgebrachte Verschwörungstheorie vom Wahlbetrug ist ein fundamentaler Angriff auf die Demokratie, weil damit die Legitimität der Wahlverfahren in Frage gestellt wird. Die Schach-Legende Gary Kasparow hat das auf den Punkt gebracht:
«Eine faire Wahl als gefälscht zu bezeichnen, ist so kriminell wie eine gefälschte Wahl fair zu nennen». Siehe dazu den Artikel in der Enzyklopädie zum Thema Wahlbetrug / Wahlmanipulation als Unterstellung und Verschwörungstheorie.
☛ Bei Donald Trump mag die Weigerung, seine Niederlage einzugestehen, mit seinem übergrossen Ego zusammenhängen. Populisten neigen aber auch grundsätzlich bei einer Niederlage zur Verschwörungstheorie vom Wahlbetrug. Weil sie sich einbilden, dass sie, und nur sie, den wahren Volkswillen vertreten, kann in ihren Augen bei einer Niederlage nur etwas nicht mit rechten Dingen zugegangen sein. Zum Thema Populismus gibt es hier eine Zusammenfassung des Populismus-Konzepts des Politologen Jan-Werner Müller: