Was haben Persönlichkeitsmerkmale mit Verschwörungstheorien zu tun? Personen, die feindselig, ausbeuterisch und allgemein unsympathisch sind, glauben eher an Verschwörungstheorien. Zu diesem Schluss kommen Psychologen der University of Oregon. Im Rahmen einer im Fachjournal Personality and Individual Differences publizierten Studie hat Cameron Kay von der University of Oregon die Zusammenhänge zwischen der sogenannten «Dunklen Tetrade» und verschwörungstheoretischem Gedankengut erforscht.
Die «Dunkle Tetrade» steht dabei stellvertretend für vier Persönlichkeitsmerkmale, von denen Elemente in den meisten Menschen vorkommen:
– Narzissmus (Eitelkeit und Selbstbesessenheit)
– Psychopathie (Impulsivität und Gefühllosigkeit)
– Machiavellismus (Manipulativität und Zynismus)
– Sadismus (Grausamkeit und Missbrauch)
Die meisten Menschen zeigen Elemente aus mehreren dieser Persönlichkeitsmerkmale.
Cameron Kay untersuchte seine Fragestellung anhand einer Stichprobe aus 500 Studentinnen und Studenten der University of Oregon. Mit Hilfe von Fragebögen erfasste er die jeweiligen Ausprägungen der obengenannten Merkmale und erfragte dazu noch den Glauben an bestimmte Verschwörungstheorien. 26 der Versuchspersonen wurden letztlich ausgeschlossen, sodass die Grösse der Stichprobe auf 474 Probanden sank.
Unangenehme Persönlichkeitsmerkmale korrelieren mit Verschwörungstheorien
Kays Resultate zeigen, dass mindestens eine Facette jeder Dunklen Tetrade-Eigenschaft mit verschwörungsideologischen Vorstellungen in Verbindung gebracht wurde.
„Fast jede Assoziation konnte zum Teil auf die Tendenz von Menschen mit aversiven Persönlichkeiten zurückgeführt werden, seltsame Überzeugungen zu hegen, fatalistisch zu sein und anderen zu misstrauen“, kommentiert der Wissenschaftler seine Ergebnisse.
„Im Klartext heißt das, dass unangenehme Menschen, die diese Eigenschaften stark ausprägen, eher an Verschwörungstheorien glauben“, erklärt Kay und fährt fort:
„Sie neigen zu merkwürdigen Überzeugungen. Sie haben das Gefühl, dass sie ihr Leben nicht unter Kontrolle haben. Sie fühlen sich ihrer Handlungsfähigkeit beraubt und haben ein angeborenes Misstrauen gegenüber anderen Menschen und Organisationen wie der Regierung.“
Menschen, die ausgeprägt solche Persönlichkeitsmerkmale zeigen, glauben zum Beispiel eher, dass der Tod von Prinzessin Diana vom britischen Königshaus inszeniert wurde, dass die Mondlandung vorgetäuscht war und dass außerirdische Raumschiffe in der Area 51 gelagert werden – neben weiteren Verschwörungstheorien.
Wenn man herauszufinden kann, warum bestimmte Menschen an Verschwörungstheorien glauben, könnte dies Möglichkeiten zur Bekämpfung von Fehlinformationen verbessern und zur Verringerung des Glaubens an Verschwörungstheorien führen, sagt Kay:
„Das langfristige Ziel ist es, Wege zu finden, um verschwörungstheoretische Ideen bei Menschen mit diesen Persönlichkeitsmerkmalen zu verringern.“
Der Forscher begann sich für Verschwörungstheorien und die Menschen, die daran glauben, zu interessieren, als er 2017 während seines Masterstudiums in Journalismus an der University of Oregon mit einer Gruppe von Menschen in Portland sprach und von ihnen hörte, dass die Erde flach ist (hier mehr zu den Flacherdlern).
Quelle:
Verschwörungsmythen: Unangenehme Menschen glauben eher daran (Futurzone)
Dunkle Tetrade und Verschwörungstheorien – Zusammenhang (PSYLEX)
Actors of the most fiendish character: Explaining the associations between the Dark Tetrad and conspiracist ideation (Personality and Individual Differences)
DOI: 10.1016/j.paid.2020.110543
Anmerkungen:
☛ Eigenartig ist die Formulierung «angeborenes Misstrauen». Mit Misstrauen kommt man wohl kaum zur Welt. Solche Persönlichkeitsmerkmale baut man sich auf im Verlauf der Zeit auf. Misstrauen ist allerdings ein zentrales Element in Verschwörungstheorien. An diesem Punkt ist es wichtig, zwischen gesundem und toxischem Misstrauen zu unterscheiden. Siehe dazu hier:
Über toxische Zweifel und toxisches Misstrauen
☛ Persönlichkeitsmerkmale von Verschwörungstheoretikern untersuchte auch eine Studie der Universität Osnabrück, wobei sich ähnliche Punkte zeigten wie bei Kay:
«Die Befragten, die an die Verschwörungstheorien glauben, zeichnen sich insbesondere dadurch aus, dass sie glauben, in einer bedrohlichen Welt zu leben. Sie können zudem mit Ungewissheit schlecht umgehen. Darum sind Verschwörungstheorien ihnen willkommen, weil sie ihnen durch einfache Erklärungen wieder das Gefühl von Kontrolle und Gewissheit zurückgeben. Bezüglich ihrer Persönlichkeit neigen sie eher zum Machiavellismus. Das heisst, dass sie anderen Menschen gegenüber eher misstrauisch sind. Und dass ihnen auch eher unethische Mittel recht sind, um ihre Ziele zu erreichen.»
Siehe: Studie der Uni Osnabrück zu Anhängern von Verschwörungstheorien
☛ Dass ein hoher Grad an Narzissmus eng mit Verschwörungstheorien verbunden sein kann, zeigt sich an vielen Beispielen. Donald Trump ist dafür ein besonders starkes Beispiel, aber auch viele Promis, die sich als Verbreiter von Verschwörungstheorien hervortun, zeigen narzisstische Persönlichkeitsmerkmale (zum Beispiel Attila Hildmann, Michael Wendler, Xavier Naidoo…). Der Begriff „Narzissmus“ sollte in diesem Zusammenhang allerdings nicht als psychiatrische Diagnose verstanden werden. Siehe dazu auch: Narzissmus und Verschwörungstheorien