Laut dem auf Desinformation in den sozialen Medien spezialisierten US-Projekt „Media Matters“ bewerben sich mindestens 18 Verschwörungstheoretiker um Sitze im US-Kongress. Die Kandidaten der Republikaner sind Anhänger der sogenannten QAnon-Theorie. Darüber hinaus gibt es ein weiteres knappes Dutzend ehemaliger Kandidaten mit Affinität zu QAnon.
Die QAnon-Gläubigen fantasieren einen weltumspannenden Ring von Satanisten und Kinderschändern, dem führende Demokraten, aber auch George Soros, weite Teile der Geheimdienste, der sogenannte Deep State, Hollywoodstars, zahlreiche Staatschefs und alle ehemaligen Präsidenten der USA angehören. Donald Trump ist nach Ansicht von QAnon der einzige, der diese Verschwörung zerschlagen kann.
Eigentlich sollte Trump das mithilfe des Sonderermittlers Robert Mueller und heimlich vorbereiteten Massenverhaftungen bewerkstelligen, doch das scheint irgendwie nicht geklappt zu haben.
Die Quelle von QAnon ist „Q“, eine angeblich zum inneren Kreis der US-Regierung gehörende geheimnisvolle Figur, die immer wieder kryptische Botschaften verbreitet. Das geschah anfänglich auf der Bilderplattform 4chan, dann auf der extremeren, inzwischen geschlossenen Kopie 8chan und nun auf der nächsten Kopie 8kun.
Auf 8chan haben verschiedene rechtsextreme Massenmörder der jüngeren Zeit ihre Taten angekündigt.
Finanzierung von Wahlkämpfen für QAnon-Anhängern
Der frühere Betreiber von 8chan hat inzwischen eine eigene sogenannte Superpac gegründet. Der Spendenverein zur Finanzierung der Wahlkämpfe von QAnon-Anhängern nennt sich „Disarm the Deep State“.
Über den vermeintlichen „Deep State“ schimpft bekanntlich auch US-Präsident Donald Trump gern und häufig. Er meint damit oft Beamte und Verwaltungsangestellte, die seinen persönlichen Interessen im Wege stehen und demgegenüber die Verfassung ernst nehmen.
„Q“ macht immer wieder Vorhersagen, die nicht eintreffen, doch scheint das seine Anhänger nicht zu stören.
Bei Wahlkampfveranstaltung von Donald Trump sind jeweils begeisterte Fans mit Q-T-Shirts dabei. Im Gegenzug spielt Trump in seinen Reden oder via Twitter immer wieder mal auf die Themen dieses Verschwörungsglaubens an.
So verteilte er beispielsweise über seinen Twitteraccount Nachrichten von klar erkennbaren QAnon-Anhängern an seine 68 Millionen Follower. Allein am 27. Dezember verschaffte er damit 20 unterschiedlichen QAnon-Fanaccounts riesige Reichweiten.
Vom FBI wird QAnon als potenzielle Terrorgefahr eingestuft. QAnon-Anhänger haben im Namen ihrer Verschwörungstheorie bereits verschiedene Gewalttaten verübt.
Das alles hält die Republikaner nicht davon ab, die Anhänger dieses gefährlichen Verschwörungsglaubens in ihren Reihen zu dulden. Doch damit nicht genug: Sie wollen sie sogar ins Parlament schicken.
Quelle:
Corona und Rechtspopulismus – Wahnsinn prallt auf Virus
Eine Kolumne von Christian Stöcker (Spiegel online)
Christian Stöcker zeigt in seiner Kolumne, wie Politik auf der Basis von Verschwörungsfantasien bei einer ernsthaften Krise wie der Corona-Pandemie an ihre Grenzen stösst. Wer Verschwörungstheoretikerinnen und Verschwörungstheoretiker wählt, geht ein grosses Risiko ein.
Siehe auch:
Verschwörungstheorien und Populismus