Der Tages-Anzeiger veröffentlichte in interessantes Gespräch mit der Wiener Politologin Natascha Strobl. Sie ist Co-Autorin eines Buches über die Identitäre Bewegung und verfasst Analysen zu rechtsextremer Sprache.
Der Tages-Anzeiger fragt, was Rechtsextreme über die Coronakrise denken.
Typisch rechtsextrem seien in der Coronakrise Verschwörungstheorien und die Neigung, alte mit neuen Verschwörungstheorien zu vermischen.
Auf die Frage, warum das so sei, antwortet Natascha Strobl:
«Weil Rechtsextreme das demokratische System ablehnen und eine Vertrauenskrise immer als Bestätigung ihrer Propaganda nutzen – das Coronavirus sei etwa von Bill Gates oder der Weltgesundheitsorganisation freigesetzt worden. Neben dem verschwörungstheoretischen gibt es auch einen sozialdarwinistischen Strang, den Rechtsextreme mit neoliberalen und marktradikalen Ideen verknüpfen.»
Zu diesem sozialdarwinistischen Strang sagt Strobl:
«Marktradikale begrüssen es, wenn angeblich marktuntaugliche Firmen kaputtgehen. Faschisten wenden dies auf die körperliche Verfasstheit an und sagen, es sei begrüssenswert, wenn Alte und Schwache sterben. Sie sind froh darüber.»
Rechtsextreme als Stichwortgeber für Rechtspopulisten
Strobl sagt auch, dass Rechtsextreme Stichwortgeber auf rechtspopulistische Parteien einen viel grösseren Einfluss, als man denkt. Die Grenzen zwischen Rechtspopulismus und Neofaschismus seien fliessend. Faschisten seien oft einen Telefonanruf von Schlägertrupps und einen Telefonanruf von Parlamentariern entfernt, und genau das mache sie so gefährlich.
Das Problem sei, dass rechtsextreme Kräfte ihre Ablehnung der Demokratie meistens verbergen: «Sie haben gelernt, die Gesetze zu umschiffen.»
Der Tages-Anzeiger spricht dann noch eine Frage an, über die oft gesprochen wird:
«Diskutieren Sie mit Rechtsextremen?»
Antwort Natascha Strobl:
«Nein. Kernfaschisten sind nicht an Diskursen im Sinne des Austausches von Argumenten interessiert, sondern ausschliesslich an deren Zerstörung. Sie wollen einzig ihre antidemokratische Agenda durchbringen, und dieses Podium gebe ich ihnen nicht. Sie sind nicht Teil einer demokratischen Auseinandersetzung. Es gibt diesen Irrglauben, alle Meinungen abbilden zu müssen. Dann lässt man jene zu Wort kommen, die am lautesten schreien oder die provokantesten Sprüche klopfen. Das löst gar nichts und dient letztlich nur der Quote und der Auflage. Faschisten wissen das und nutzen es geschickt aus.»
Quelle:
Samstagsgespräch mit Natascha Strobl: «Die Linke ist für den Rechtspopulismus mitverantwortlich» (Tages-Anzeiger)
Siehe auch:
Verschwörungstheorien als Lieblingswaffe von Rechtsextremen
Coronakrise: Rechtsextreme Verschwörungstheorien im Aufwind
Amerikas Rechtsextreme nutzen die Coronakrise für ihre Zwecke
Nazi-Propaganda und Desinformation zur Corona-Pandemie
Verschwörungstheorien und Populismus