Auf den Bildern von der Erstürmung des Kapitols fällt insbesondere ein halbnackter Mann auf, der Plastikhörner auf dem Kopf trägt. Das ist ein bekennender Anhänger des noch-US-Präsidenten Donald Trump. Der Mann ist als „QAnon-Schamane“ bei zahlreichen Protesten aktiv.
Halbnackt, mit Pelzmütze und Plastikhörnern auf dem Kopf, eine US-Flagge ins Gesicht geschminkt, tätowiert – so präsentiert sich die Figur.
N-tv hat recherchiert, um wen es sich da handelt.
Der Mann heisst Jake Angeli, ist 32 Jahre alt und bekennender Anhänger von Verschwörungstheorien.
Er ist glühender Fan von US-Präsident Donald Trump und nennt sich selbst „QAnon-Schamane“.
Der Schauspieler und Synchronsprecher ist seit einigen Jahren bei Protesten zu finden, hauptsächlich im Bundesstaat Arizona.
Dabei verbreitet er hauptsächlich die Mythen der QAnon-Verschwörungsideologie. Kern dieses Fantasiegebildes ist, dass Donald Trump heimlich gegen einen globalen, satanischen Kinderschänder-Ring kämpft, zu dem Politiker, Wirtschaftsführer und Prominente – praktisch die gesamte „Elite“ – zählen. Diese ließen sich mit dem Hormon Adrenochrom behandeln, das aus dem Blut gefolterter Kinder gewonnen werde, und angeblich als Verjüngungsmittel wirke. Es handelt sich um vollkommen abstruse, faktenfreie Ideen.
In das QAnon-Verschwörungsgeflecht passt auch die Teilnahme Angelis an den Protesten gegen Maßnahmen, die der Bundesstaat wegen der Corona-Pandemie verordnet hat. Dort behauptete der selbsternannte QAnon-Schamane, dass Politiker hochwirksame Impfstoffe und Medikamente gegen das Coronavirus zurückhalten, um der Bevölkerung Einschränkungen ihrer Freiheit aufzwingen zu können.
Der „QAnon-Schamane“: Outfit für Aufmerksamkeit
Sein Outfit erklärte der Mann in einem Interview mit der Zeitung „Arizona Republic“ aus dem vergangenen Jahr damit, dass er dadurch Aufmerksamkeit erlangen wolle. Seine auffällige Tätowierung auf der linken Brustseite stellt den sogenannten Wotansknoten dar. Der Ursprung dieser ineinander verschlungenen Dreiecke liegt in der nordischen Mythologie. Dieses Zeichen verwenden auch Neonazis.
Trump hat sich nie von QAnon distanziert und bei Twitter wiederholt Inhalte von QAnon-Anhängern weiterverbreitet: „Ich weiß nichts über QAnon“, sagte Trump beispielsweise im Wahlkampf während einer Fragestunde in Miami. Und er setze hinzu: „Lassen Sie mich Ihnen nur sagen, was ich darüber höre, ist, dass sie sehr entschieden gegen Pädophilie sind, und dem stimme ich zu.“
Wie die anderen US-Amerikaner, die in das Kapitol eindrangen, ist der «QAnon-Schamane» der Meinung, dass Trump die Wahl nur durch massiven Betrugs verloren hat. In einem Interview mit einer kanadischen Zeitung schilderte er, dass die Polizei zunächst versucht habe, ihn und andere Protestierende am Betreten des Gebäudes zu hindern. Doch schlussendlich seien sie vorbeigelassen worden. Nach einiger Zeit sei er durch die Polizei höflich gebeten worden, das Kapitol zu verlassen.
Quelle:
Randalierer stürmen Kapitol: Wer ist der Mann mit den Hörnern? (n-tv)
Anmerkungen:
☛ Dass ausgerechnet ein moralisch derart verkommener Egomaniker wie Donald Trump sich für die Rettung von Kindern einsetzen soll, ist allein schon bizarr. Die QAnon-Erzählung ist eine Diffamierung der politischen Gegner Trumps. Eine Form von Demagogie.
☛ Die ganze Erstürmung des Kapitols basiert auf dem Hintergrund der vierjährigen, von Donald Trump produzierten Verschwörungstheorie vom Wahlbetrug.
☛ Bei exzentrischen Figuren wie dem selbsternannten QAnon-Schamanen zeigt sich möglichweise auch, dass Verschwörungstheorien ihren Anhängerinnen und Anhänger ein Gefühl von Einzigartigkeit verschaffen und zur Selbstaufwertung beitragen können.
☛ Siehe auch: Radikalisierte QAnon-Anhänger als Gefahr für die USA
☛ Update 10. Januar 2021: Inzwischen wurde der „QAnon-Schamane“ verhaftet. Der Vorwurf gegen ihn lautet Hausfriedensbruch und Widerstand gegen die Staatsgewalt auf staatlichem Gelände