Die QAnon-Verschwörungsideologie bereitet sich inzwischen auch in Japan aus und gewinnt dort immer mehr Anhänger. Darüber berichtet das News-Portal Sumikai.
Die QAnon-Anhänger glauben den Worten von Q, einer ungekannten Figur, die seit 2017 Verschwörungstheorien im Internet verbreitet, die zum Teil rechtsextremen Hintergrund haben. Die Anhänger glauben zum Beispiel, dass Donald Trump gegen einen „Deep State“ zum Wohle der Menschheit kämpft.
Auch in Japan finden diese Verschwörungstheorien immer mehr Anhänger, die seit der Wahlniederlage Trump’s immer lauter werden.
Nach der Wahl in der USA sprach Donald Trump immer wieder von Wahlbetrug, für den er Beweise habe. Allerdings lieferte er bisher dazu keine Beweise und vor den Gerichten erlitt er eine Reihe von krachenden Niederlagen. Im Januar deshalb sein Konkurrent Joe Biden als US-Präsident vereidigt. Das hindert aber Trump’s Anhänger nicht, seinen Worten blind zu glauben, auch in Japan.
Protestaktion für Trump in Japan
Ende November fand im Hibiya Park im Zentrum Tokyos eine Kundgebung von mehr als 200 Trump-Anhängern statt. Dabei waren Slogans zu hören wie „Stoppt die voreingenommene Berichterstattung“ und „Gebt zu, dass die US-Präsidentschaftswahl manipuliert wurde“.
Die japanische Non-Profit-Nachrichtenagentur Kyodo News sprach mit QAnon-Anhängern in Japan, die sich selbst als Verteidiger der Meinungsfreiheit sahen. Ein Mann erklärte, er glaube, dass Trump sich letztendlich durchsetzen werde. „Es ist möglich, dass große Informationen, die das Wahlergebnis umstürzen könnten, herauskommen.“ Hier zeigt sich das Phänomen, dass Verschwörungsgläubige gern im Konjunktiv sprechen.
QAnon breitet sich in Japan aus – aber bisher begrenzt
Die Befragten sind der Meinung, dass die Zahl der QAnon-Anhänger in Japan wächst. Derzeit sind es allerdings wohl erst mehrere 100 Menschen. Ein inzwischen gesperrter Twitter-Account, der japanische Übersetzungen von QAnon-Aussagen gepostet hatte, hatte allerdings über 80.000 Abonnenten.
Neben Trump’s Verschwörungstheorie vom Wahlbetrug glauben die befragten Menschen auch daran, dass die Coronavirus-Pandemie von einer Elite erfunden wurde. Die gleiche Elite soll angeblich auch für das Erdbeben und den Tsunami verantwortlich sein, die den Atomunfall in einem Kraftwerk in Fukushima ausgelöst haben. Hier zeigt sich das Phänomen, dass Verschwörungstheoretiker oft nicht nur an eine einzige, sondern gleich an eine ganze Reihe von Verschwörungstheorien glauben.
Yasushi Watanabe, Professor an der Keio Universität und Experte für Amerikastudien, erklärte, es sei kein Wunder, dass Donald Trump für einige Menschen in Japan verlässlich erscheint, in einer Zeit, in der die Vorstellung, dass Japaner homogen sind, nicht mehr geteilt wird und der Begriff ‚jokyu kokumin‘ (privilegierte Bürger) als Ziel des Hasses entstanden ist.
Der Begriff verbreitete sich verstärkt nach einigen Straffällen, in die einige hohe Politiker verwickelt waren, unter anderem nach einem Autounfall 2019 in Tokyo, bei dem eine Frau und ihre kleine Tochter starben. Kozo Iizuka, der ehemalige Chef der inzwischen aufgelösten Agentur für industrielle Wissenschaft und Technologie, wurde wegen dieses Unfalls angeklagt, doch kam es nicht zu einer Verhaftung. Das löste einen öffentlichen Aufschrei aus, weil der Beschuldigte aufgrund seiner früheren Regierungsposition eine Vorzugsbehandlung erhalten haben soll.
Professor Watanabe für Ursachenforschung
Yasushi Watanabe empfiehlt eine vorsichtige Annäherung an das Phänomen QAnon:
„Wenn wir QAnon-Anhänger einfach verurteilen, werden sie dies als Unterdrückung ihrer Aktivitäten auffassen und ihren Aktivitäten einen Grund geben. Wir sollten uns demütig dem Phänomen nähern und darüber nachdenken, warum es Menschen gibt, die anfangen, an Verschwörungstheorien zu glauben.“
Quelle:
QAnon gewinnt immer mehr Anhänger in Japan (Sumikal)
Anmerkungen:
Dass die QAnon-Verschwörungsideologie auch in Japan Menschen anspricht, spricht nicht für die Richtigkeit der absurden QAnon-Behauptungen, sondern dafür, dass dieses Konstrukt bestimmte Bedürfnisse der QAnon-Anhänger befriedigt. Zum Beispiel das Bedürfnis nach Einzigartigkeit und Selbstaufwertung, aber auch das Bedürfnis nach Kontingenzreduktion oder Verminderung der kognitiven Dissonanz durch Motiviertes Denken