Verschärfte Moderation auf der Plattform von Google hatte die Sperrung vieler großer QAnon-Konten zur Folge. QAnon-Anhänger sehen in diesem Vorgehen eine Unterdrückung konservativer Meinungen.
Die vergangenen Wochen waren für QAnon-Anhänger in mancher Hinsicht unerfreulich:
Nach und nach verschärften mehrere große Internetplattformen ihr Vorgehen gegen die abstruse Verschwörungsideologie. Auch YouTube kündigte Mitte Oktober eine Anpassung der eigenen Regeln gegen Hassbeiträge an, die sich ausdrücklich gegen solche Inhalte und deren Verfasser richtet. Das Resultat: Seitdem wurden viele Konten und Kanäle der QAnon-Anhänger auf der Videoplattform blockiert. Das wollen sich einige der Betroffenen nun jedoch nicht gefallen lassen und gehen vor Gericht.
Argumente der QAnon-Anhänger
Mit ihrer Klage wollen die QAnon-Anhänger durch eine richterliche Anordnung die Wiederherstellung der eigenen Kanäle und Konten auf der Videoplattform erzwingen. In der Klageschrift stellen sie sich als Opfer einer gezielten Kampagne im Vorfeld der US-Präsidentschaftswahlen dar. Nur drei Wochen vor den US-Präsidentschaftswahlen würde versucht, konservative Stimmen zum Schweigen zu bringen. Besonders erbost zeigten sich die QAnon-Anhänger darüber, dass YouTube diese „drakonische Maßnahme“ ohne jegliche Vorwarnung durchgesetzt habe. Den Betroffenen sei dadurch nicht einmal mehr Zeit geblieben, ihre Inhalte herunterzuladen.
Die Erfolgsaussichten der Kläger seien allerdings eher zweifelhaft, betont das Magazin The Verge. YouTube kann und wird sich nämlich einfach auf die vieldiskutierte „Section 230“ des Communications Decency Act berufen. Diese Bestimmung schützt Plattformbetreiber vor Klagen in Bezug auf ihre Moderationspolitik und gibt ihnen in dieser Hinsicht freie Hand.
Alte Bekannte
Bei den Klägern soll es sich teilweise um alte Bekannte handeln. So wurde ein Kanal namens „SGT Report“, der vom Hauptkläger unterhalten wurde, schon im Jahr 2018 gesperrt, weil er frei erfunden behauptete, dass die frühere demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton ein kleines Kind terrorisiert haben soll. Ein anderer der betroffenen Accounts hatte „Pizzagate„-Verschwörungsbehauptungen verbreitet. Hinter dem Schlagwort „Pizzagate“ steht eine der verhängnisvollsten Episoden rund um die QAnon-Erzählungen. Die Unterstellung, dass prominente demokratische Politiker Kinder im Keller einer Pizzeria gefangen halten, führte dazu, dass ein an diese Behauptung glaubender Mann vor einigen Jahren das betreffende Lokal mit einer Waffe stürmte.
Die zentrale Behauptung der QAnon-Anhänger lautet, dass es eine Verschwörung gegen US-Präsident Donald Trump in den tieferen Schichten des US-Regierungsapparats gebe („Deep State“ / „Tiefer Staat“). Darüber hinaus behaupten sie häufig, prominente Politiker der Demokratischen Partei in den USA ließen sich mit Hormonen behandeln, die aus dem Blut von Kindern gewonnen würden.
Quelle:
QAnon: Verschwörungserzähler reichen Klage gegen YouTube ein (Der Standard)
Anmerkungen:
☛ Wenn die QAnon-Anhänger ihre faktenfreien Diffamierungen von Typ «Pizzagate» als «konservative Meinungen» präsentieren, ist das schon ein starkes Stück. Mit «konservativen Meinungen» haben diese Fantasie-Konstrukte rein gar nichts zu tun.
☛ Verschwörungsideologen stellen sich gern als Opfer dar. Mehr zu dieser Selbstviktimisierung hier:
Opfermentalität / Selbst-Viktimisierung.
☛ Dem liegt auch eine irreführende Vorstellung von Meinungsfreiheit zugrunde. Mehr dazu hier:
Meinungsfreiheit & Verschwörungstheorien.
☛ YouTube ist ein gefährlicher «Superspreader» für Verschwörungstheorien. Mehr dazu hier:
YouTube als Propagandakanal für Verschwörungstheorien.
☛ Das angebliche «Verjüngungshormon», mit dem sich Gegner von Donald Trump in den Fantasien der QAnon-Anhänger behandeln, und das sie aus dem Blut von gefolterten Kindern gewinnen sollen, heisst Adrenochrom. Mehr dazu hier:
Adrenochrom: unschuldige Substanz im Zentrum von Verschwörungstheorien
Dieses Schauermärchen knüpft an die Ritualmordlegenden aus dem Mittelalter an. So neu, wie sich das die QAnon-Anhänger vorstellen, sind gedanklichen Irrwege also nicht.