Wie stark Verschwörungstheorien die Produktion von Feindbildern fördern, zeigt das Beispiel der republikanischen Abgeordneten und bekennenden QAnon-Anhängerin Marjorie Taylor Greene. Philipp Löpfe bezeichnet sie auf «Watson» als «die gefährlichste Frau der USA». Das wäre angesichts von etwa 164 Millionen Frauen in den Vereinigten Staaten noch zu überprüfen. Aber die Feindbilder und Gewaltfantasien der Marjorie Taylor Greene habe es tatsächlich in sich. Trotzdem, oder vielleicht gerade deswegen, gelang ihr im vergangenen November locker die Wahl ins Abgeordnetenhaus.
Sie glaubt nicht nur die abstrusen QAnon-Verschwörungstheorien. Wer an eine Verschwörungstheorie glaubt, glaubt in der Regel auch an eine oder mehrere andere.
Marjorie Taylor Greene glaubt auch, dass die Schulmassaker in Sandy Hook und Parkland sogenannte «False flag»-Operationen waren, vorgetäuschte Manöver, die dazu dienen sollen, den Amerikanerinnen und Amerikanern ihre Waffen wegzunehmen.
Verschwörungstheorien fördern Feindbilder, Polarisierung und Radikalisierung
Taylor Greene ist nicht nur Waffenbesitzerin, sie fantasiert auch, wozu diese einsetzt werden könnten. Auf dem Social-Media-Portal Facebook hat sie Kommentare gelikt, in denen dazu aufgerufen wird, Nancy Pelosi, der demokratischen Mehrheitsführerin im Abgeordnetenhaus, «eine Kugel in den Kopf zu jagen». Oder sie stellt die Frage: «Müssen wir sie aufhängen?», und meint damit Barack Obama und Hillary Clinton.
Philipp Löpfe schreibt:
«Taylor Greene bewegt sich am äussersten Rand der Rechtsextremen, dort wo sich sonst Spinner wie Alex Jones von Infowars aufhalten».
Ex-Präsident Donald Trump hat die Abgeordnete aus Georgia trotz oder vielleicht eher wegen ihrer Feindbilder immer wieder ausdrücklich gelobt.
Quelle:
Das ist die gefährlichste Frau der USA (Watson)
Anmerkungen zum Stichwort «Feindbilder»:
An Marjorie Taylor Greene lässt sich zeigen, wie Verschwörungstheorien Polarisierung, Radikalisierung und Feindbilder fördern. Eine solche Person ist ungeeignet für die Arbeit in einem Parlament. Ihr fehlt ganz grundlegend die demokratische Kultur.
Zur demokratischen Kultur gehört, dass man seine politischen Gegner als Gegner sieht, und nicht als Feinde.
Den Unterschied zwischen Gegnerschaft und Feindschaft hat die Philosophin Marie-Luisa Frick in einem kleinen Reclam-Bändchen mit dem Titel «Zivilisiert streiten» beschrieben.
Zitat:
«Gegner tragen ihre politischen Konflikte innerhalb eines Rahmens geteilter (demokratischer) Prinzipien aus: Sie betrachten einander als legitime Kontrahenten mit grundsätzlich legitimen Auffassungsunterschieden. Mouffe hat dafür die Bezeichnung agonistische Konflikte (nach griechisch agon, der Wettkampf) gewählt, die sie von antagonistischen unterscheidet. Erstere nehmen eine Form an, welche die politische Gemeinschaft nicht zerstört, da die Gegner sich durch ein gemeinsames Band, wie insbesondere das Bekenntnis zum demokratischen Rahmen ihres Konfliktes, verbunden fühlen. Agonistische Konflikte werden geprägt von Dissens und Einmütigkeit zugleich, sie drücken, wie Mouffe es nennt, »konfliktualen Konsens« aus. Solange sich politische Konflikte in diesem Sinne ausdrücken dürfen, so lange sei es unwahrscheinlich, dass sie gewaltvoll ausgetragen werden……
Unter demokratischen Bedingungen werden politische Konflikte diskursiv, d. h. mit Argumenten und ohne Rückgriff auf physische Gewalt, sowie unter wechselseitiger Anerkennung der Legitimität der Kontrahenten ausgetragen. Feinde hingegen verbindet kein gemeinsames Band an (demokratischen) Wettstreitregeln. Deshalb können solche Konflikte im äussersten Fall auf einer existenziellen Ebene zu einem Entweder-oder, d. h. der ultimativen Vernichtung des Kontrahenten, führen. Die Entscheidung dafür, wann es sich um Gegnerschaft oder aber Feindschaft handelt, kann dabei selbst ein politischer Konflikt auf der Metaebene sein.»
Weitere Ausführungen zu diesem Thema hier:
Zum Unterschied zwischen Gegnerschaft und Feindschaft
Politikerinnen und Politiker, die auf Feindschaft statt auf Gegnerschaft setzen, sollten in keiner Art und Weise unterstützt werden. Sie untergraben demokratische Gesellschaften.