Paraguay ist im Verlauf der Corona-Pandemie zum heiss diskutierten Auswanderungsziel für Demokratiefeinde, Impfgegner, Reichsbürger und andere Verschwörungstheoretiker geworden.
Doch das ändert sich nun offenbar. Paraguay grenzt sich zunehmend ab.
Paraguay verlangt Impfnachweis
Wegen steigender Infektionszahlen mit dem Coronavirus macht das südamerikanische Land seine Grenzen für Ungeimpfte inzwischen dicht. Mehr als ein Dutzend Ausländer ohne vollständigen Impfschutz seien schon bei ihrer Ankunft abgewiesen und in ihre Heimatländer zurückgeschickt worden, erklärte dazu die Leiterin der Einwanderungsbehörde, María de los Ángeles Arriola. Darunter waren auch sechs Deutsche. Paraguay verlang von Einreisewilligen nun den Nachweis einer Impfung mit mindestens zwei Dosen.
Skepsis gegenüber Neuankömmlingen
Der gebürtige Rheinländer Thomas Vinke wanderte vor 17 Jahren nach Paraguay aus. Er gestaltet zusammen mit seiner Frau Sabine in einem TV-Sender des Landes die Natursendung „Paraguay Salvaje“, „Wildes Paraguay“.
Thomas Vinke hat jetzt schon genug von den Neuankömmlingen. Der «Deutschen Welle» (DW) sagte er am Telefon:
„Nach der Flüchtlingskrise 2015 kamen die Reichsbürger, extrem laute, aggressive Menschen. Und jetzt landen hier sehr viele Heilpraktiker, Wunderheiler und rechte Impfgegner. Und wir sind für diese Menschen die Hassfiguren, allein schon durch unsere Arbeit für den Umweltschutz.“
Vinke ist auch in Einwandererforen aktiv und gibt dort manchmal nützliche Tipps für Landsleute. Er sagt, dass sich der Umgang dort seit einigen Jahren massiv geändert habe. Antisemitismus, Rassismus und rechtsradikale Inhalte gehörten dort inzwischen zum – schlechten – Ton. Und wer dort Einwände erhebt oder sich über Verschwörungstheorien lustig macht, bekommt offenbar heftige Reaktionen. Vinke sagt dazu: „Wir werden immer wieder bedroht.“
Paraguay als Einwanderungsland für Deutsche
Geködert werden die Neubürgerinnen und Neubürger aus der «Querdenker»-Szene mit kühnen Versprechungen auf Telegram oder Facebook. Zudem haben einige Alteingesessene das wachsende Interesse an Paraguay zu ihrem Geschäftsmodell gemacht.
Thomas Vinke berichtet dazu:
„Die Grundstücke werden zu horrenden Preisen wahnsinnig überteuert an die Deutschen verkauft und die einheimischen Paraguayer sagen: Wir können uns mittlerweile gar kein Grundstück mehr leisten.“
In Paraguay genügt bereits ein Ausweis und das nötige Kleingeld, um ein Haus zu erwerben.
Doch das südamerikanische Land ist nicht das Paradies der absoluten Corona-Freiheit, das sich manche «Querdenker» zurecht phantasieren. Sie erhoffen sich einen Neuanfang in einem Land, das auf Eigenverantwortung setzt und sich nicht wie die alte Heimat angesichts des Virus in eine angebliche Diktatur verwandelt hat.
Das Pandemiegesetzt in Paraguay schreibt jedoch eine Maskenpflicht in Innenräumen und auch draußen vor, wenn der Abstand von zwei Metern nicht eingehalten werden kann. Und es droht mit drakonischen Sanktionen, wenn das Tragen von Masken nicht befolgt wird: bis zu 30 Tage Sozialdienst, ein hohes Bußgeld und für Ladeninhaber die Schließung des Geschäftes für zunächst einmal zehn Tage.
Und laut einer jüngsten Umfrage wird die Impfpflicht von 71 Prozent der Menschen in Paraguay befürwortet. Angesichts einer drohenden dritten Welle denkt auch das Gesundheitsministerium über eine solche Maßnahme nach.
Doch Paraguay bekam den Impfstoff zu spät und zu knapp. Viele Paraguayanerinnen und Paraguayaner wären froh, sich impfen zu können. Nur gerade einmal 40 Prozent der Bevölkerung haben bislang zwei Dosen erhalten
Die «Deutsche Welle» schreibt: «Es ist paradox: Deutsche, die sich nicht impfen lassen wollen, ziehen in ein Land, in dem die Einheimischen dies gerne tun würden, aber nicht können.»
Thomas Vinke prophezeit: „Die Deutschen, die jetzt hier her gekommen sind, werden es nicht lange aushalten“, denn „man muss etwas können, was auch benötigt wird. Wie willst Du als Heilpraktiker hier überleben? Und dann muss man finanziell gut aufgestellt sein. Es gibt ja nicht umsonst hierzulande den Spruch: ‚Wie macht man in Paraguay eine Million Dollar? Indem man mit zwei Millionen hier her kommt.'“
Deutschland und Paraguay verbindet eine unheilvolle Geschichte
Die Verschwörungsgläubigen und Impfgegner, die es nun nach Paraguay zieht, sind nicht die erste zweifelhafte Einwanderungswelle in dem Land. Der Antisemit Bernhard Förster, Ehemann von Elisabeth Nietzsche, der Schwester des Philosophen Friedrich Nietzsche, gründete im Jahr 1886 in Paraguay das Dorf „Nueva Germania“. Es war gedacht als Zufluchtsort für die ‚arische Rasse‘ in Südamerika. Der hochtrabende Plan scheiterte auf ganzer Linie, und Förster nahm sich völlig verzweifelt drei Jahre danach das Leben.
Zahlreiche Nationalsozialisten setzten sich nach dem Zweiten Weltkrieg nach Paraguay ab. Der prominenteste in dieser Bande war der KZ-Arzt von Auschwitz, Josef Mengele, der sich eine Zeit lang in Hohenau unter dem neuen Vornamen José versteckte. Es ist diese unheilvolle gemeinsame Geschichte, die Thomas Vinke dazu bewegt, sein Wort gegen die neuen Zugezogenen zu erheben. Er sagt: „Paraguay ist nicht dieses Naziland, wo alle mit erhobenem rechtem Arm herumlaufen. Nationalsozialismus ist ein deutsches Problem, auch jetzt mit diesen Spinnern hier. Dabei hat Paraguay so viel mehr zu bieten.“
Quelle:
CORONA-PANDEMIE
Paraguay will keine Reichsbürger und Impfgegner mehr (Deutsche Welle)
Siehe auch:
Querdenker: Diskussion um Impfpflicht befeuert Auswanderungspläne