In Österreich ist eigentlich vor allem die FPÖ bekannt für die konsequente Bewirtschaftung von Verschwörungstheorien. Die ÖVP verbessert aber laufend ihre Fähigkeiten in diesem Fachgebiet. Das zeigt sich bei den jüngste. Attacken der ÖVP gegen die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Zwar ist es nachvollziehbar, dass die ÖVP und ihr Kanzler Sebastian Kurz alles andere als erfreut sind, wenn sie im Fokus von Untersuchungen der WKStA stehen. Zur Verteidigung sollten sie aber nicht in die Mottenkiste der Verschwörungstheorien greifen.
Der Nationalratsabgeordnete Andreas Hanger unterstellte der WKStA gerade, dass dort „linke Zellen“ tätig wären, die „politisch motiviert“ vorgehen würden. In der Vergangenheit waren „linke Zellen“ mit Linksextremisten in Verbindung gebracht worden. Wenn die Kanzlerpartei den Begriff nun auf eine Strafverfolgungsbehörde ausdehnt, beschreitet sie einen inakzeptablen Pfad. Schon während des Ibiza-U-Ausschusses ritt die ÖVP im Tagestakt Attacken gegen die WKStA und zeigte Staatsanwälte an.
Die ÖVP spinnt damit den Opfermythos der von linken Mächten zu Unrecht verfolgten Partei – wohl bereits im Hinblick auf eine mögliche Hauptverhandlung gegen Kanzler Sebastian Kurz wegen falscher Beweisaussage.
Die ÖVP schadet dem Rechtsstaat
Daniel Bischof schreibt in einem Leitartikel in der «Wiener Zeitung» dazu:
«Wie kann die ÖVP übersehen, welchen Schaden für den Rechtsstaat sie damit anrichtet? Wie sehr die Politisierung eine Behörde beschädigen und lähmen kann, müsste sie beim jahrelangen Streit ums Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung bemerkt haben. Welcher Mensch, der die Richteramtsprüfung abgelegt hat, wird künftig bei der WKStA arbeiten, wenn er sich anhören kann, in einer „linken Zelle“ zu werken, die mit ihren Ermittlungen quasi einen Putsch herbeiführen wolle?
Auch wird durch die Rundumschläge jede sachliche Debatte um Fehler der WKStA verunmöglicht. Die Behörde ist nicht sakrosankt. Defizite hat der Bericht des Ibiza-Verfahrensrichters Wolfgang Pöschl aufgezeigt.»
Mit der Rede von «linken Zellen» überschreite die ÖVP rote Linien, konstatiert Daniel Bischof darüber hinaus:
Quelle:
Volkspartei auf Verschwörungskurs (Wiener Zeitung)
Wer wie die ÖVP ohne Belege, gestützt auf Vermutungen und Ressentiments, der Justiz eine parteipolitische Agenda unterstellt, betreibt damit selber eine politische Agenda. Die ÖVP hofft wohl, damit von den Untersuchungen abzulenken und vom Opferstatus zu profitieren. Dass der Rechtsstaat dabei Schaden nimmt, scheint die Partei in Kauf zu nehmen. Die Delegitimation von Justiz, Medien und anderen demokratischen Institutionen ist ein Grundzug, den Populisten und Verschwörungstheoretiker gemeinsam haben. Dieser Grundzug zeigt sich auch, wenn ohne Belege Vorwürfe von Wahlbetrug erhoben werden, nur weil man eine Wahl verloren hat.
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