In der Slovakei sind Verschwörungstheorien stark verbreitet. Ausserdem ist das Land eine Zielscheibe für hybride Kriegsführung durch Russland. Der slowakische Autor Michal Hvorecky befasst sich mit diesem Thema und ist an der Abwehr dieser Angriffe beteiligt. Er sagt im WDR dazu:
«Den hybriden Krieg verlieren wir seit 2014. In keinem osteuropäischen Land sind Verschwörungstheorien so populär wie in meiner Heimat Slowakei und die Gesellschaft so tief gespalten. Ein Drittel meiner Landsleute glaubt sogar, die Aggression am 24. Februar 2022 habe der Westen begonnen.»
Detaillierter beschrieben hat Michal Hvorecky diese Entwicklung im «Amnesty Journal» von Amnesty International:
«Aktuell sitzen in den russischen Botschaften in Prag und Bratislava zahlreiche Agenten, die sich Trolle mieten, Hunderte Fake-Profile erstellen, erfundene News senden, falsche Webseiten aufbauen und manipulative Inhalte viral verbreiten. Die strategischen Hauptziele bestehen darin, die Gesellschaft tief zu verunsichern, den Westen als Feind zu stilisieren und die demokratische Gesellschaftsordnung zu destabilisieren. Russland wird als großer Freund und slawischer Bruder dargestellt, Putin als herausragender, verlässlicher Staatsmann. Damit verbunden ist auch die Beschönigung und Manipulation der gemeinsamen Vergangenheit, zum Beispiel der Okkupation im Jahr 1968. Auf diese Weise soll den Bürgern der Austritt aus EU und Nato schmackhaft gemacht werden. Moskauer Positionen erreichen immer wieder große Bevölkerungsgruppen. Russland verfährt nach der Strategie „teile und herrsche“. Gefälschte Berichterstattung heizt alte Konflikte neu an.»
George Soros und die Verschwörungstheorie vom «Grossen Austausch»
Ungarns Premierminister Viktor Orban hat den jüdischen US-Investor George Soros durch staatliche Propaganda zum Feindbild aufgebaut. Einer seither auch in rechtspopulistischen und rechtsextremen Kreisen populären Verschwörungstheorie vom «Grossen Austausch» zufolge steuert Soros die internationale Migration.
Das Feindbild George Soros ist vielfältig einsetzbar und kommt auch in der Slovakei zum Einsatz, wie Michal Hvorecky schildert:
«Eigentlich hat die Slowakei ein riesiges Problem mit Auswanderung. 250.000 Bürger haben die Slowakei – ein Land mit 5,5 Millionen Einwohnern – in den vergangenen zehn Jahren verlassen. Und trotzdem werden bei uns Einwanderungsängste geschürt und die imaginäre Gefahr beschworen, dass uns die Massen der Migranten, gesteuert von dem US-amerikanischen Philanthropen George Soros, überrollen werden.»
Die Stimmungsmache treffe jedoch nicht nur Migranten, sondern auch Schwule, Juden oder Roma, ergänzt Michal Hvorecky.
Und welche Ziele verfolgen die hybride Kriegsführung und die Verbreitung von Verschwörungstheorien? Im «Spiegel» äussert sich Michal Hvorecky dazu folgendermassen:
«Die strategischen Hauptziele sind, die Gesellschaft tief zu verunsichern und den Westen als Feind zu stilisieren. Russland wird als großer Freund und slawischer Bruder dargestellt, Putin als herausragender, verlässlicher Staatsmann. Damit verbunden ist auch die Beschönigung und Manipulation der gemeinsamen Vergangenheit. Der Austritt aus EU und Nato soll auf diese Weise den Bürgern schmackhaft gemacht werden.»
Wladimir Putin habe am schnellsten verstanden, dass er mit den Trollen ein perfektes Instrument in der Hand hat, um das Vertrauen in die Wahrheit zu zerstören und Verunsicherung auf der Welt zu verbreiten:
«In der Welt der Trolle ist eine apokalyptische Bedrohung stets nahe: Flüchtlinge, der Islam, George Soros. Es gibt nur einen Retter: den grossen slawischen Helden Putin», sagt Michal Hvorecky im «Bund».
Ergänzend zu Michal Hvorecky:
Der Schriftsteller und Journalist Michal Hvorecky, geboren 1976, lebt mit seiner Familie in Bratislava. Er hat fünf Romane veröffentlicht, darunter die Dystopie „Troll“ (deutsche Übersetzung im Tropen-Verlag). Darin schildert er das Innenleben einer Troll-Fabrik in einer totalitären Gesellschaft und ihre verheerende Aussenwirkung. Michael Hvorecky kritisiert in Presseartikeln und auf seinem Facebook-Account immer wieder scharf die totalitären Tendenzen der Regierungen in Osteuropa.
Quellen:
☛ „IM OSTEN EUROPAS REGIERT DIE ANGST“ (Amnesty International)
☛ Texte zum Ukraine-Krieg (WDR):
„Nicht Ukraine entnazifizieren, Kreml destalinisieren!“ von Michal Hvorecky
☛ „Der Westen ist osteuropäisiert worden“ (Spiegel online)
☛ „Radikalen Reden folgen radikale Taten“ (Der Bund)
Ausserdem zum Thema:
Slovakei: Verschwörungstheorien weit verbreitet
Kreml streut Verschwörungstheorien zum Ukraine-Krieg
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RT Deutsch (Russia today): Verschwörungstheorien als strategische Desinformation
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Ein Monitoring der russischen Propaganda in Europa bietet EUvsDisinfo.