Der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ist ins Visier von Extremisten geraten. Eine krude Mischung aus Verschwörungstheoretikern, Impfgegnern und Reichsbürgern plante die Entführung des Politikers. Die Pläne der Extremisten gingen aber über Lauterbach weit hinaus. Sie wollten die BRD abschaffen und die Regierungsgewalt in Deutschland übernehmen. Dazu bemühten sie sich auch um den Ankauf von Waffen.
Auch wenn solche Gruppen sich in der Regel stark überschätzen, geht von ihnen eine Gefahr aus. Es ist nicht auszuschliessen, dass besonders durchgeknallte Mitglieder auf die Idee kommen, zur Tat zu schreiten. Dass sie offenbar glauben, Deutschland sei bereit für einen Umsturz, zeigt sehr deutlich, wie realitätsfern diese Gruppen sind. Das ist ab er alles andere als beruhigend.
Die Gruppe organisierte sich auf Telegram und plante neben der Entführung von Lauterbach auch Anschläge auf die Strominfrastruktur. Damit sollten bürgerkriegsähnliche Zustände verursacht werden.
Inzwischen wurden vier Verdächtige festgenommen und befinden sich in Untersuchungshaft. Im Zuge der Ermittlungen gegen die Telegram-Gruppe wurden den Ermittlungsbehörden zufolge zwanzig Objekte in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Brandenburg, Bayern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen durchsucht. An den Einsätzen waren rund 270 Beamtinnen und Beamte beteiligt, darunter Spezialeinheiten. Sichergestellt wurden zum Beispiel Waffen, Munition, Bargeld, Goldbarren und Silbermünzen.
Den Ermittlungsbehörden zufolge wollte die Gruppe insgesamt für mehrere zehntausend Euro Waffen, Minen und Schutzausrüstung kaufen.
Neben Lauterbach auch andere Personen des öffentlichen Lebens bedroht
Von den Ermittlern wurde Gesundheitsminister Karl Lauterbach namentlich als Ziel der Gruppe genannte. Die Pläne der Extremisten galten aber auch der Entführung weiterer Personen des öffentlichen Lebens. Lauterbach hatte wiederholt von Drohungen gegen ihn berichtet und steht unter Polizeischutz. Anfang März war bereits der österreichische Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein zurückgetreten, unter anderem wegen ständiger Anfeindungen.
Lauterbach will sich von den Entführungsplänen nicht in seiner Arbeit beeinflussen lassen. „Ich werde weitermachen wie bisher“, erklärte der Minister. Der ganze Vorgang zeige, dass sich die Corona-Proteste nicht nur radikalisiert haben, sondern dass es mittlerweile um den Versuch gehe, den Staat zu destabilisieren. Es gebe Kräfte, die Staat und Demokratie destabilisieren wollten, sagte Lauterbach: „Es ist eine kleine Minderheit in der Gesellschaft, aber die ist hochgefährlich; darauf müssen wir achten.“
Quelle:
ENTFÜHRUNGSPLAN:
Deutscher Minister im Visier von Extremisten (ORF)
Anmerkungen:
☛ Drohungen gegen Politikerinnen und Politiker gefährden die Demokratie. Betroffenen Personen muss der Staat umfassende Unterstützung anbieten (juristisch, sicherheitstechnisch). Das gilt nicht nur für national bekannte Personen wie Karl Lauterbach, sondern auch für Politikerinnen und Politiker auf der lokalen Ebene.
☛ Drohungen im Internet müssen umgehend gelöscht werden. Dazu braucht es konsequenten Druck auf die Social-Media-Plattformen. Gewaltandrohung darf keinen Schutz geniessen unter dem Stichwort Meinungsfreiheit. Hass und Gewaltandrohungen sind nicht einfach eine Meinung.
☛ Die Radikalisierung von Einzelpersonen und Gruppen bei Impfgegnern, Reichsbürgern und anderen Verschwörungstheoretikern muss von den Sicherheitsbehörden weiterhin genau im Auge behalten werden.
☛ Verschwörungstheoretiker, Impfgegner, Reichsbürger, „Querdenker“ und ähnliche Gruppierungen sind gut organisiert und vernetzt. Unterstützerinnen und Unterstützer der Demokratie sollten hier von ihnen lernen.
☛ Siehe auch:
Verschwörungstheorien als Katalysatoren von Gewalt
Warum sind Verschwörungstheorien eine Gefahr für demokratische Gesellschaften?