In Deutschland hat das Bundesverwaltungsgericht einen Entscheid gefällt, der für die «Reichsbürger-Szene» bedeutsam sein dürfte. Ein Beamter, der in einem Antrag auf Erteilung eines Staatsangehörigkeitsausweises durchgehend „Königreich Bayern“ statt „Bundesrepublik Deutschland“ angibt, und dadurch die Existenz der Bundesrepublik Deutschland leugnet, verletzt in schwerwiegender Weise seine Verfassungstreuepflicht. Deshalb kann er im Disziplinarwege aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden. Diesen Entscheid fällte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.
Der Beklagte ist Regierungsobersekretär (Besoldungsgruppe A 7) im Bundesdienst und wird beim Bundesnachrichtendienst eingesetzt. Im Jahr 2017 hat der Bundesnachrichtendienst Kenntnis davon erhalten, dass der Beklagte im Juli 2015 beim Landratsamt Starnberg einen Staatsangehörigkeitsausweis beantragt und dabei u.a. als Geburts- und Wohnsitzstaat jeweils „Königreich Bayern“ angegeben hat. Er bezog sich dabei auf das „RuStaG Stand 1913“ (= Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz in der Fassung von 1913).
Auf die vom Bundesnachrichtendienst (BND) erhobene Disziplinarklage hin entfernte das Bundesverwaltungsgericht den beklagten Beamten aus dem Beamtenverhältnis. Zur Begründung hat es vor allem ausgeführt:
Mit dem oben beschriebenen Verhalten stelle ein Beamter die Existenz der Bundesrepublik Deutschland in Abrede und lehne damit die freiheitlich demokratische Grundordnung ab. Dadurch verletze er seine gesetzlich normierte Verfassungstreuepflicht (§ 60 Abs. 1 Satz 3 BBG) in schwerwiegender Weise.
Formulierung «Königreich Bayern» verweist auf Reichsbürger-Szene
Im Streitfall beantragte der beklagte Beamte einen Staatsangehörigkeitsausweis und verwendete dabei in vielfacher Weise die Begriffe „Königreich Bayern“ und „RuStAG 1913“. Objektiv liegt damit eine im Behördenverkehr abgegebene Erklärung vor, dass die Bundesrepublik Deutschland nicht existiert. Als Beamter weiß der Beklagte um die Bedeutung eines so formulierten Antrags. Gleichzeitig ist ein solches Verhalten charakteristisch für die sogenannte Reichsbürger-Szene, die gerade durch diese Leugnung gekennzeichnet ist. Zwar hat der Beamte angegeben, dass er kein „Reichsbürger“ sei. Er konnte jedoch auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht plausibel erklären, weshalb er sich in dieser Weise verhalten und zum Beispiel die Formulierung «Königreich Bayern» verwendet hat. Im Disziplinarrecht ist im jeweiligen Einzelfall eine Gesamtabwägung anzustellen. Diese konnten den Beamten wegen der Schwere des in der Verletzung der Verfassungstreuepflicht liegenden Dienstvergehens nicht vor der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bewahren, auch wenn für ihn sprechende Umstände vorlagen.
Quelle:
Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts Nr. 78/2021 vom 02.12.2021
Siehe auch:
Beitrag Reichsbürger, Reichsbürgerbewegung in der Enzyklopädie auf dieser Website.
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