Der ehemalige Soziologie-Professor Jean Ziegler (geboren 1934) ist ein wortgewaltiger Kapitalismus- und Globalisierungskritiker. Auch die US-amerikanische Politik prangert er immer wieder an. Im Gegensatz zu anderen USA-Kritikern wie zum Beispiel Daniele Ganser heisst das bei Jean Ziegler aber nicht, dass er deswegen gleich zum Sprachrohr von Kremlpropaganda wird. Obwohl er zeitweise eine wohl deplatzierte Nähe zu Diktatoren wie Muammar al-Gaddafi in Libyen, Robert Mugabe in Simbabwe und Fidel Castro in Kuba hatte, kritisierte er Putins menschenrechtswidriges Regime zum Beispiel wegen des Krieges in Tschetschenien.
Gegenüber der Nachrichtenagentur APA fand Ziegler nun sehr klare Worte zu Putins Krieg gegen die Ukraine und zu Verschwörungstheorien.
Jean Ziegler zum russischen Angriffskrieg in der Ukraine
Im Interview mit der APA sagt Jean Ziegler:
«Ganz sicher ist, dass Putin ein Massenmörder ist, und der Vernichtungskrieg gegen die Ukraine, einen der größten Getreideexporteure, bedeutet fürchterliche Hungersnöte in der Dritten Welt……
Meiner Ansicht nach muss man alles tun, um diesen Massenmörder zu stoppen. Er hat ja schon in Tschetschenien gewütet, wo er die Hälfte der Bevölkerung umgebracht hat, jetzt wütet er in der Ukraine. Sanktionen sind eine der Waffen, die nötig sind, um ihn zu stoppen. Es gibt keinen Kompromiss mit einem Massenmörder.»
Zur Hungerkrise, die der russische Angriffskrieg ausgelöst hat, sagt Jean Ziegler, der auch UNO-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung war:
«Das muss vom Welternährungsprogramm (WFP) kompensiert werden. Das WFP hat im Vorjahr 91 Millionen Menschen vor dem Hungertod gerettet. Jetzt müssen hunderte von Millionen mehr Menschen gerettet werden. Wir, die öffentliche Meinung in den demokratischen Ländern, müssen kämpfen, damit unsere Regierungen ganz massiv ihre Beiträge aufstocken.»
Pointierte Aussagen zu Corona-Verschwörungstheorien
Die Corona-Pandemie habe zu einer gewissen Spaltung der Gesellschaft geführt, die sich jetzt am Thema Ukraine-Krieg fortsetze, sagt die Interviewerin, und schliesst die Frage an, wie man diesen Graben wieder zuschütten könne.
Jean Ziegler dazu:
«Indem man die Verschwörungstheorien der Coronaskeptiker bekämpft. Die Impfung muss obligatorisch werden, damit die Pandemie besiegt werden kann. Und alle diese Verschwörungstheorien und auch die Putin-Entschuldigungen sind zu bekämpfen, als Wahnvorstellungen, als gesellschaftlich zerstörerische Vorstellungen. In Demokratien ist das möglich. Voltaire hat gesagt, die Freiheit ist das einzige Gut, das sich nur abnutzt, wenn man es nicht benutzt. Es gibt keine Entschuldigung für die Lethargie, für die stille Akzeptanz der kannibalischen Weltordnung. Ich will nicht in einer Welt leben, die vor Reichtum überquillt und wo dennoch alle fünf Sekunden ein Kind verhungert.»
Das sind sehr klare Aussagen, wie man sie sich von Jean Ziegler gewohnt ist. Ob sie so scharf formuliert wirklich zur Zuschüttung von Gräben taugen, sei aber mal dahingestellt.
Quelle der Zitate:
Jean Ziegler – „Kein Kompromiss mit Massenmörder Putin“ (Tiroler Tageszeitung)
Weitere Quelle: Beitrag zu Jean Ziegler auf Wikipedia.
Ergänzung:
Es ist wirklich auffallend, dass Corona-Verschwörungstheorien oft nahtlos in Verschwörungstheorien zum Ukraine-Krieg übergehen. Es scheint gerade so, dass wenn man einmal die verschwörungstheoretische Brille aufgesetzt hat, man problemlos überall in der Welt Verschwörungen sieht.
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