Es gibt echte Verschwörungen und investigativer Journalismus arbeitet oft daran, sie aufzudecken.
Die Literaturwissenschaftlerin Eva Horn befasst sich intensiv mit dem Thema «Verschwörungstheorien». In einem Interview wird sie gefragt, worin sich investigativer Journalismus und Verschwörungstheorien unterscheiden.
Antwort Eva Horn:
«Es gibt auch echte Verschwörungen, ja. Und insofern ist das, was investigativer Journalismus tut, tatsächlich manchmal nahe an dem dran, was Verschwörungstheorien nur versuchen: Nämlich eine alternative Wahrheit aufzudecken. Der Unterschied liegt in den Wahrheitsstandards. Investigativer Journalismus, wenn er das tut, was er soll, ist extrem hohen Wahrheits- und Beweisstandards verpflichtet und muss wirklich nachweisen, was er herausgefunden hat.»
Quelle:
EINFACHE WAHRHEITEN:
Aluhut & Co.: Wie Verschwörungstheorien entstehen (MDR)
Anmerkungen zu:
Investigativer Journalismus versus Verschwörungstheorien
☛ Investigativer Journalismus muss Belege finden für seine Erkenntnisse. Das bedeutet oft personalintensive, langdauernde Arbeit. Ein Beispiel dafür sind die Panama-Papers. International koordinierter investigativer Journalismus hat hier legale Strategien der Steuervermeidung, Steuer- und Geldwäschedelikte und den Bruch von UN-Sanktionen aufgedeckt.
☛ Im Gegensatz dazu, was integrativer Journalismus leistet, müssen Verschwörungstheoretiker nur Behauptungen, Unterstellungen und suggestive Fragen in die Welt blasen. Die oft mühsame Suche nach Belegen können sie sich sparen. Denn Verschwörungstheorien werden nicht geglaubt aufgrund von wasserdichten Belegen. Sie werden geglaubt von Menschen, die an sie glauben wollen. Sie werden geglaubt als «gefühlte Wahrheit» («Truthiness»).
Ein Beispiel dafür ist der «Truther» Daniele Ganser, der seit Jahren hauptsächlich suggestive Fragen und Andeutungen in den Raum stellt, ohne Belege zu liefern.
Siehe dazu auch;
☛ Verschwörungstheorien haben den grossen Vorteil, dass sie sehr gut ohne Belege auskommen. Für Verschwörungsgläubige ist nämlich die völlige Abwesenheit jeglicher «Beweise» kein Grund zur Besorgnis.
Siehe dazu: Beweise
☛ Im Gegensatz zu Verschwörungstheorien, die oft mit wilden Unterstellungen daher kommen, ist investigativer Journalismus in der Regel sehr vorsichtig mit Verdächtigungen, für die es keine Beweise gib. Ein Beispiel dafür ist die Watergate-Affäre. Bei der Aufdeckung dieser echten Verschwörung sammelten die beiden investigativen Journalisten Bob Woodward und Carl Bernstein von der Washington Post akribisch Belege, bevor sie mit ihren Enthüllungen an die Öffentlichkeit traten.
☛ Während Verschwörungstheoretiker in «Alternativen Medien» ihre Wahrheits-Ansprüche oft wie eine Monstranz vor sich hertragen, ist investigativer Journalismus hier in der Regel viel zurückhaltender. Viele Verschwörungstheoretiker inszenieren sich als Kämpfer für die Wahrheit oder als Verkünder einer Wahrheit, die sie vermeintlich gefunden haben. Sie trompeten ihre «Wahrheit» mit missionarischem Anspruch in die Welt hinaus. Solche überzogenen und meist stark vereinfachten Wahrheitsansprüche sind immer ein Warnsignal. Integrativer Journalismus dagegen legt Fakten vor, ohne die «Wahrheits-Trompete» zu verwenden. Gerade weil die Suche nach handfesten Belegen oft schwierig ist, bleibt ihm die Komplexität der Wahrheitssuche bewusster.
Quelle:
Beitrag zu «Panama-Papers» auf Wikipedia.