Rumänien beging am 9. Oktober den Holocaust-Gedenktag. Am 9. Oktober im Jahr 1941 hatte das mit Nazi-Deutschland verbündete Regime von Ion Antonescu mit der Deportation der Juden aus der Bukowina begonnen.
Das Antonescu-Regime hat zum Holocaust staatliche Institutionen und die Komplizenschaft zahlreicher Verantwortlicher, aber auch gewöhnlicher Bürger genutzt. Viele Behörden standen dabei im Dienst einer höllischen Tötungsmaschine. Diese zynische und barbarische Zusammenarbeit prägt für immer unsere Vergangenheit, erklärte Premierminister Nicolae Ciucă anlässlich des Holocaust-Gedenktages.
Der Regierungschef wies zugleich darauf hin, dass als Teil der hybriden Kriegsführung Russlands in Europa Verschwörungstheorien kursieren, der Holocaust verzerrt wird, Extremismus und Radikalisierung grassieren sowie Sabotage an der Demokratie stattfindet. Das werde auch von politischen Parteien gefördert, sagte der Premierminister, und zwar einschliesslich in Rumänien. Deshalb müssten Diskriminierung, Antisemitismus und Fremdenhass auf allen Ebenen bekämpft werden, fordert Nicolae Ciucă.
Auch Präsident Klaus Johannis sprach die historischen Altlasten in Rumänien an. Die Wahrheit über die Geschichte des Landes zwischen 1941-1944 sei brutal und schmerzhaft. Nur die vollständige Aufarbeitung der Geschichte stelle eine reife und stabile Demokratie sicher.
Es sei wesentlich wichtig zu verstehen, wie es dazu kommen konnte, dass ganze Gemeinschaften systematisch vernichtet wurden und wie sich eine solche Tragödie unter den Augen der gesamten Gesellschaft zutragen konnte, betonte Präsident Johannis. Es sei empörend und unhaltbar, dass die Drahtzieher hinter dem Holocaust in Rumänien heute gewürdigt werden, dass das Grauen geleugnet oder verharmlost und in der Gesellschaft extremistisches und antisemitisches Gedankengut verbreitet werden.
Rumänien eröffnet ein virtuelles Museum des Holocausts gegen die Roma
Übersehen wird nicht selten, dass neben Jüdinnen und Juden im Holocaust auch Roma und weitere Gruppen vernichtet wurden. Anlässlich des nationalen Holocaust-Gedenktages in Rumänien wurde im Nationalen Geschichtsmuseum in Bukarest ein virtuelle Museums de Holocausts gegen die Roma eröffnet. Es wurde in Partnerschaft mit der sozial-kulturellen Stiftung der Roma „Ion Cioabă“ ins Leben gerufen und von der Verwaltung des nationalen Kulturfonds kofinanziert. Das Projekt soll die historische Vergangenheit der Roma im Rahmen des Holocausts der Öffentlichkeit bekannt machen.
Quelle:
Johannis: Reife Demokratie nur durch volle Aufarbeitung der Geschichte
(Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien)
Anmerkungen:
☛ Dass Rumänien im Zweiten Weltkrieg ein Verbündeter Nazi-Deutschlands war, ist längst nicht überall bekannt. Hier dazu ein Zitat aus Wikipedia:
„General Ion Antonescu baute eine faschistische Militärdiktatur auf und trat den Achsenmächten bei. Während des Zweiten Weltkriegs beteiligte sich Rumänien 1941 am zunächst erfolgreichen deutschen Feldzug gegen die Sowjetunion, wodurch die ein Jahr zuvor verlorenen Gebiete wieder rumänisch wurden. Innenpolitisch wurden Juden und Roma vom Antonescu-Regime verfolgt und ermordet. Die erfolgreiche Offensive der Sowjetunion im August 1944 führte zum Sturz Antonescus und zum Frontwechsel Rumäniens.“ Quelle: Wikipedia
☛ Interessant ist auch der Hinweis auf die hybride Kriegsführung durch Russland in Europa, wobei der Balkan / Südosteuropa seit langem besonders betroffen ist. Mehr dazu: https://euvsdisinfo.eu
☛ Erfreulich, dass Politiker wie Klaus Johannis und Nicolae Ciucă in Rumänien deutlich Stellung nehmen gegen Verschwörungstheorien, Antisemitismus, Fremdenhass, Diskriminierung und Holocaust-Leugnung. Auch dass Johannis die Bedeutung der Aufarbeitung der Geschichte anerkennt, ist ein ermutigendes Zeichen. Zu hoffen bleibt, dass den Worten auch Taten folgen.
Siehe auch:
Holocaustleugnung als Verschwörungstheorie