Nach der Hochwasser-Katastrophe in West- und Süddeutschland verbreiten sich Verschwörungstheorien, wonach die starken Regenfälle mit „geimpften“ Wolken oder „HAARP“ absichtlich erzeugt worden sein. Das ist aber aus mehreren Gründen nicht möglich.
Der Begriff HAARP bezieht sich auf eine Technik, bei der Radiowellen in die oberen Schichten der Atmosphäre gestrahlt werden.
Weshalb HAARP keine Unwetter auslösen kann
In den Verschwörungstheorien wird behauptet, dass mit HAARP-Anlagen das Wetter beeinflusst werden könne. Beispielsweise, indem Tiefs und Hochs dauerhaft an einem Platz gehalten würden. Das ist aber aus drei Gründen unmöglich.
1. Durch die HAARP-Radiowellen werden nicht die Schichten der Atmosphäre beeinflusst, in denen unser Wetter gebildet wird.
Maßgeblich für unser Wetter zuständig ist die unterste Atmosphärenschicht, die Troposphäre. Der Deutsche Wetterdienst schreibt dazu auf seiner Webseite: „Da die Troposphäre fast das gesamte Wasser unserer Atmosphäre enthält, spielt sich hier unser tägliches Wetter mit all seinen Facetten und Wolkenformen ab.“
Auch das «Tief Bernd», das für die Hochwasseer-Katastrophe in Deutschland verantwortlich war, bewegte sich in genau dieser Atmosphärenschicht, die sich bis in etwa 17 Kilometer Höhe erstreckt. Die HAARP-Radiowellen jedoch beeinflussen die Troposphäre nicht, sondern bewegen sich einfach durch sie hindurch, da ihr Ziel die Ionosphäre ist, die in rund 60 Kilometern Höhe beginnt.
Die Universität Alaska Fairbanks führt auf ihrer Website einen weiteren Aspekt an: „Wenn die Stürme in der Ionosphäre, die durch die Sonne ausgelöst werden, das Wetter auf der Erdoberfläche nicht beeinflussen können, ist es auch unmöglich, dass HAARP es könnte.“
2. Es wäre sehr viel Energie nötig, um das Wetter zu beeinflussen.
In einem Unwetter werden sehr große Energiemengen freigesetzt, erklärt der Physiker Holm Hümmler: „Ein Gewitter macht etwa 360.000 Kilowatt. Nur die Blitze, ohne das, was an ansonsten im Wetter passiert.“
Die HAARP-Anlage dagegen umfasst 180 Antennen mit einer Sendeleistung von jeweils zehn Kilowatt. Im Interview mit dem «Faktenfuchs» des Bayerischen Rundfunks rechnet Hümmler vor: „Zehn Kilowatt entsprechen ungefähr der Leistung eines Backofens und drei Herdplatten.“ Die Energieleistung der ganzen HAARP-Anlage wäre deshalb vergleichbar mit Backöfen und Herdplatten aus 180 Haushalten. Die gleiche Leistung käme aus 3.000 Haartrocknern.
Im Vergleich zu dem, was bei einem Unwetter wie der Hochwasser-Katastrophe in Deutschland an Energiemengen freigesetzt wird, ist das minimal. Holm Hümmler sagt dazu: „Das ist also ungefähr das Hundertfache von dem, was HAARP sendet.“
Es bräuchte also 200 solcher HAARP-Anlagen, um die Kilowattzahl eines Gewitters zu produzieren.
3. Es existieren in Deutschland keine HAARP-Anlagen.
Unter anderem hat der Verschwörungsideologe Attila Hildmann am 15. Juli 2021 auf Twitter behauptet, eine HAARP-Anlage in Münster sei für das Hochwasser verantwortlich. Doch die existiert überhaupt nicht: In Deutschland gibt es keine derartige Forschungsstation. In ganz Europa existiert nur eine einzige – und das in Schweden, wo ebenfalls die Ionosphäre erforscht wird.
Quelle:
Die Hochwasser wurden nicht künstlich ausgelöst (Faktenfuchs, BR)
Anmerkung:
Mit den Verschwörungstheorien, die HAARP-Radiowellen für das Hochwasser verantwortlich machen, wird von der Diskussion um den Einfluss der menschengemachten Klimaerwärmung auf solche Unwetter abgelenkt. Das ist ein Beispiel für die Instrumentalisierung von Verschwörungstheorien zu politischen Zwecken.
Siehe auch:
Die Vorzüge und Instrumentalisierungen von Verschwörungstheorien
Welche politischen Interessen stehen hinter Verschwörungstheorien?