Verschwörungstheorien sind Geschichten, die ihre Plausibilität dadurch erhalten, dass sie sich mit einem übergeordneten Narrativ in Verbindung bringen lassen. Ein Narrativ ist laut Wikipedia eine sinnstiftende Erzählung, die Einfluss hat auf die Art, wie die Umwelt wahrgenommen wird. Der Kampf von «Gut gegen Böse» ist das Grundnarrativ, auf dem alle Verschwörungstheorien basieren.
Katrin Götz-Votteler und Simone Hespers beschreiben das «Gut gegen Böse»-Narrativ in ihrem Buch «Alternative Wirklichkeiten?» so:
«Das grundlegende Narrativ, auf dem an sich alle Verschwörungsgeschichten basieren, ist das Narrativ vom Kampf Gut gegen Böse. Verschwörungstheoretiker∙innen identifizieren sich dabei mit den Guten und nehmen den Kampf gegen die Machenschaften der Bösen auf. Die Bösen können in unterschiedlicher Gestalt auftreten, wie als «Establishment», Nachrichtendienste, Medien oder Aliens. Durch ihre Absicht, die Guten («uns») zu täuschen, werden sie zu «unseren» Antagonisten. Und obwohl das Böse (vermeintlich) mächtiger ist, gewinnt (so die Überzeugung) zum Schluss das Gute. Dieses Motiv ist uns so vertraut, dass eine neue Geschichte, die sich dessen bedient, problemlos in bekannte Erzählmuster eingeordnet werden kann. Damit ist sie kohärent zu diesen Mustern und besteht dadurch den ersten Plausibilitätstest.»
Quelle des Zitats:
«Alternative Wirklichkeiten?», von Katrin Götz-Votteler und Simone Hespers, Transcript Verlag 2019, Seite 112.
Ergänzungen zum Kampf von Gut gegen Böse
☛ Die für Verschwörungstheorien charakteristische Vorstellung eines Kampfes von Gut gegen Böse hat historisch sehr alte und insbesondere auch religiöse Wurzeln. Man findet dieses Grundnarrativ nämlich schon ausgeprägt im Manichäismus.
Manichäismus, die Gnosis und auch viele Verschwörungstheorien zeigen gemeinsame Merkmale: Einen starken Dualismus, den Glauben an Erlösung und die Überzeugung vom Kampf zwischen Gut und Böse. Siehe auch:
Manichäismus & Verschwörungstheorien
Gnosis und Verschwörungstheorien
☛ Um für den Kampf zwischen Gut und Böse gerüstet zu sein, müssen Sündenböcke benannt und Feindbilder bewirtschaftet werden. Bei Verschwörungstheorien kommen dann oft noch verschärfend dazu Widerstandsnarrative und Rachephantasien.
☛ Die Narrative der Verschwörungstheorien bieten oft Antworten auf die Frage: «Warum geschehen schlimme Dinge guten Menschen?» («Why do bad things happen to good people?», nach Dieter Groh 1992).
Mehr dazu siehe hier:
Narrative als wichtige Dimension von Verschwörungstheorien