Ein im städtischen Bürgerhaus in Bensheim angekündigter Vortrag des «Truthers» und selbsternannten Friedensforscher Daniele Ganser sorgt im Vorfeld für Ärger. Ein Sponsor springt ab, die Stadt geht zum Ganser-Vortrag auf Distanz.
Dem Beratungsnetzwerk Hessen, das sich für Demokratie und gegen Rechtsextremismus einsetzt, gilt Daniele Ganser als „bekannter Verschwörungsideologe“. Es informierte Sponsoren der «Lebenskunst»-Veranstaltungsreihe, in welcher der Ganser-Vortrag integriert ist.
Nach dem Warnhinweis des Beratungsnetzwerks beschäftigten sich die Sponsoren der Bensheimer Vortragsreihe mit Ganser, der nicht nur als Historiker angekündigt wird, sondern auch als Friedens- und Bewusstseinsforscher. Als erstes verschwand das Logo der Sparkasse Bensheim von der Veranstaltungs-Homepage. Dies habe indes keine inhaltlichen Hintergründe, erklärte eine Sprecherin der Sparkasse, die dort zuständig ist für Spenden und Sponsoring. Sie verweist auf eine Vielzahl von Förder-Aktivitäten und sagt, irgendwann sei es an der Zeit, sich von Altem zu lösen.
Das Logo des regionalen Versorgungsunternehmen GGEW ist ebenfalls von der Veranstaltungs-Homepage verschwunden. „Wir haben die Werbepräsenz für diese Veranstaltung komplett ausgesetzt“, erklärt Unternehmenssprecher Dominik Rudolf. „Wir nehmen den Vorgang zum Anlass, für die Zukunft die weitere Zusammenarbeit kritisch zu prüfen und gegebenenfalls zu beenden“, schreibt das Unternehmen in einer schriftlichen Stellungnahme.
Daniele Ganser tritt im Bürgerhaus der Stadt Bensheim auf. Seit der Renovierung heisst es „Kultur- und Kongresszentrum“. Das Haus gehört der städtischen Marketing- und Entwicklungsgesellschaft MEGB, die es wiederum verpachtet hat an die „Bensheim Event GmbH“. Die Stadt hat den Ganser-Vortrag „zur Kenntnis“ genommen und sich nach der inhaltlichen Ausrichtung erkundigt.
Stadt Bensheim distanziert sich von Ganser-Vortrag
„Soweit der Stadt die Äußerungen bekannt sind, teilt die sie Positionen von Dr. Daniele Ganser nicht und distanziert sich ausdrücklich davon“, heißt es in einer Stellungnahme der Stadt. Die Stadt Bensheim vertritt aber gleichzeitig auch die Ansicht, dass die Meinungsfreiheit ein hohes Verfassungsgut ist. Dieses Gut sei im Rahmen der freiheitlich-demokratischen Ordnung unbedingt zu schützen: «Solange der Vortrag sich innerhalb der von Verfassung und Strafrecht definierten Grenzen bewegt, sind auch schwierige oder schmerzhafte Meinungen und Ansichten zu tolerieren.»
Quelle:
Verschwörungsideologie: Ärger um Ganser-Vortrag in Bensheim (echo-online)
Ob ein Ganser-Vortrag in einem städtischen Saal passend ist oder nicht, diese Frage wird an verschiedenen Orten unterschiedlich beantwortet. Die Stadt Bensheim hat Recht, wenn sie zum Schluss kommt, dass die Ganser-Vorträge sich bisher im Rahmen der durch Verfassung und Strafrecht definierten Grenzen bewegen. Auch dem Hinweis, dass die Meinungsfreiheit ein hohes Gut darstellt, ist zuzustimmen. Andererseits lässt sich aus der Meinungsfreiheit kein Recht auf Auftritt ableiten, insbesondere nicht in öffentlich finanzierten Räumen und wenn vorhersehbar ist, dass Propaganda und Falschinformationen verbreitet werden.
In Österreich haben die Städte Steyr und Innsbruck einen geplanten Ganser-Vortrag in ihren öffentlichen Räumen unterbunden. Ganser findet andere Räume. Seine Meinungsfreiheit wird nicht tangiert. Zu den Absagen in Österreich siehe auch:
Österreich: Daniele Ganser spricht zum Ukraine-Krieg
Zu berücksichtigen ist bei dieser Frage auch, dass Absagen und Widerstand gegen solche Vorträge es Daniele Ganser leichter machen, seine Opferrolle zu zelebrieren und sich als Kämpfer für angeblich unterdrückte „Wahrheiten“ zu profilieren.
Selbstverständlich haben aber auch Sponsoren das Recht, sich zurückzuziehen, wenn sie eine Rufschädigung befürchten durch den Auftritt in einem unseriösen Umfeld, wie es ein Ganser-Vortrag ist.
Siehe auch:
Einspruch gegen Ganser-Vorträge im Bürgerhaus Bensheim wächst
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