Die Terrormiliz IS (Daesh) sieht in dem Coronavirus Gottes Werk: Krankheiten verbreiteten sich nur auf dessen Befehl, heißt es im IS-Propagandamagazin „Al-Nabaa“.
In das Weltbild der sunnitischen Extremisten passen denn auch perfekt China und der Iran als Hotspots der Krankheit: China wird infolgedessen bestraft, weil das Land muslimische Uiguren verfolgt, der Iran, weil die dortigen Schiiten angeblich vom wahren Glauben abweichen.
Quelle:
Aus Russland, Irak, Iran und China: Diese Verschwörungstheorien kursieren um das Coronavirus
Für den IS wird es auch passen, wenn das Coronavirus sich nun stark in den USA ausbreitet. Schliesslich sind die USA ein weiterer Erzfeind der Extremisten. Sie werden sich bestätigt fühlen. Genauso durch die Ausbreitung in Frankreich. Interessant wird es dann, wenn das Virus eigene Leute befällt. Dann werden die Extremisten mit grosser Wahrscheinlichkeit diesen erkrankten Personen moralische Schuld anhängen. Sie seien vom wahren Glauben untreu geworden, hätten heimlich geraucht, seien homosexuell oder was auch immer. In diesem Sinne wird dann Gott auch zu einer Verschwörungstheorie, die sich nicht widerlegen lässt.
Verschwörungstheorien passen zum jeweiligen Feindbild
Das war bei uns in Pestzeiten auch nicht anders. Der Seuchenhistoriker Karl-Heinz Leven sagt dazu im Interview auf ntv:
„Es gab die Vorstellung, dass Seuchen eine Art von himmlischer Strafe wären für sündhaftes Verhalten – weshalb zu den Anordnungen auch gehörte, nicht mehr gotteslästerlich zu fluchen oder sich dem Würfelspiel hinzugeben. Die Moral spielt in der Pest eine große Rolle…….
Bei der Pest im 14. Jahrhundert etwa wurden ganze Gemeinden von Juden ausgerottet, weil man sie beschuldigte, die Brunnen zu vergiften. In der frühen Neuzeit gab es Lynchprozesse gegen vermeintliche „Pestsalber“, fürchterliche Folterungen, Hinrichtungen. Die öffentliche Hysterie hat sich in Hexenjagden entladen, die öffentliche Ordnung entgleiste in einen Zustand der „Anomie“, wörtlich „Gesetzlosigkeit“ – was naheliegend war. Immerhin starben bei manchen Seuchen innerhalb kürzester Zeit 30 bis 40 Prozent der Bevölkerung. Das sind Zustände, von denen wir in der heutigen Pandemie meilenweit entfernt sind.“
Quelle: Seuchenhistoriker im Interview – „Das ist ein gigantisches Experiment“
Auch am Beispiel des IS zeigt sich, dass Verschwörungstheorien Konstrukte sind, die wenig mit der Realität zu tun haben. Jede Kultur oder auch jedes einzelne Individuum kann sich rund um einschneidende Ereignisse passend zu den eigenen Feinbildern Verschwörungstheorien basteln.