Anhänger der QAnon-Bewegung glauben an eine ganze Reihe von absurden Verschwörungsgeschichten. Die Verschwörungsideologie gewinnt dennoch an politischem Einfluss.
Die Anhänger von „Q“ – einer virtuellen Kunstfigur – gehören beinahe ausschließlich zum Trump-Lager. Die QAnon-Bewegung zeigt extremistische Züge.
Eine interne, nicht öffentliche Facebook-Untersuchung soll nun erfassen, wie viele QAnon-Anhänger sich über die Plattform austauschen, wie sie sich organisieren und welche Art von Inhalten sie teilen.
Der US-Sender „NBC“ konnte die vorläufigen Resultate der Untersuchung einsehen und berichtet, dass Facebook von Millionen Nutzern ausgeht, die sich auf tausenden von Seiten und größtenteils geheimen Gruppen austauschen. Facebook sieht darin offenbar eine Gefahr.
Unklar ist, was Facebook mit den gewonnenen Erkenntnissen anfangen will – und ob überhaupt Maßnahmen vorgesehen sind. In der Corona-Krise geht Facebook ungewöhnlich entschlossen gegen Falschnachrichten vor.
Laut „NBC“ beobachtet Facebook die QAnon-Aktivitäten auf der eigenen Plattform schon seit Juni 2019. Damals hieß es, dies sei Teil einer Strategie, die den Fokus auf Gruppen mit einem möglichen Gewaltpotenzial legt.
Facebook profitiert von Verschwörungstheorien wie QAnon
Gleichzeitig profitiert Facebook von der Anziehungskraft der Verschwörungserzählungen: Laut den Recherchen von Facebook-Mitbeitern hat die Plattform etwa 12.000 US-Dollar mit 185 Anzeigen verdient, in denen QAnon „gelobt, unterstützt oder vertreten“ wurde. Nutzerinnen und Nutzer klickten die Anzeigen allein in den vergangenen 30 Tagen vier Millionen Mal an.
Nach Angaben von Facebook geht der Konzern „routinemäßig“ gegen Beiträge von QAnon-Anhängern vor, wenn diese die Community-Regeln verletzen. Laut einem Firmensprecher wurde vergangene Woche eine größere QAnon-Gruppe wegen „unauthentischen Verhaltens“ geschlossen. Das ist eine Facebook-Formulierung für „Spam“ oder für gezielte Kampagnenführung durch Fake-Accounts.
Einigen Mitarbeitern geht dieses Vorgehen aber offenbar nicht weit genug: Gegenüber „NBC“ äußerte ein Mitarbeiter anonym Bedenken, dass sich die Konzernleitung weigern könnte, entschlossener gegen Verschwörungstheorien vorzugehen. Seiner Einschätzung nach verstossen die meisten QAnon-Gruppen gegen bestehende Richtlinien des Netzwerks bezüglich der Verbreitung von Fehlinformationen und Extremismus. Unter den Facebook-Mitarbeitenden wachse die Sorge, dass der Präsidentschaftswahlkampf 2020 ähnlich wie bereits die Wahl Donald Trumps vor vier Jahren von Lügen und Manipulationsversuchen geprägt sein könnte.
Das Weltbild der QAnon-Anhänger
T-Online fasst das Weltbild der QAnon-Anhänger so zusammen:
«QAnon-Anhänger glauben, dass Trump ihren Kampf gegen eine „globale Elite“ anführt – einer Gruppe von überwiegend linksliberalen Politikern, Geschäftsleuten und Promis, die heimlich das Weltgeschehen lenken. Ihre zentralen Thesen spinnen sie sich aus angeblichen Insider-Informationen eines hochrangigen Mitarbeiters im Weißen Haus zusammen, dem viel zitierten „Q“. In Internetforen kursieren unzählige Gerüchte, die sich auf angebliche Aussagen von Q berufen. Die Vorwürfe gegen den politischen Gegner reichen von Satanismus bis Kindesmissbrauch. Auch die „Pizzagate„-Erzählung lebt in der QAnon-Bewegung fort.»
Das FBI kam schon 2019 zu dem Schluss, dass von der Gruppierung eine „potentielle Terrorismusgefahr im Inland“ ausgeht. Eine Reihe von Gewalttaten wird auf den Einfluss der Verschwörungserzählungen zurückgeführt.
Für konservative Kreise in den USA zählt QAnon hingegen beinahe schon zum Mainstream. Auf Pro-Trump-Wahlkampfveranstaltungen zählen T-Shirts und Flaggen mit QAnon-Schriftzug zum Bild.
Inzwischen erhält die Bewegung zudem auch die offizielle Unterstützung von republikanischer Seite. Laut Recherchen der Medienseite „Media Matters“ haben mindestens 70 republikanische Politiker öffentlich zu verstehen gegeben, dass sie Teile der QAnon-Ideologie für richtig halten. Das zeigt, dass die Republikaner hier ein großes Wählerpotenzial sehen, das es auszuschöpfen gilt.
Quelle:
Facebook-Untersuchung: QAnon-Gruppen haben Millionen Mitglieder (T-online)
Primäre Quellen:
NBC: „QAnon groups have millions of members on Facebook, documents show“
New York Times: „The QAnon Candidates Are Here. Trump Has Paved Their Way“
Kommentar:
☛ Facebook verdient viel mehr an QAnon-Verschwörungstheorien als die erwähnten 12.000 US-Dollar. Facebook profitiert davon, dass Nutzerinnen und Nutzer durch die Beschäftigung mit diesen Verschwörungsideologien viel Zeit auf der Plattform verbringen. Während dieser Zeit kann ihnen Werbung aller Art verkauft werden.
☛ Facebook ist einer der wichtigsten Verbreiter von Falschmeldungen und Verschwörungstheorien. Die Plattform hat dieses Problem nicht annähernd im Griff und fördert mit ihrem Algorithmus Extremismus.
☛ Für QAnon-Anhänger wie Attila Hildmann ist Donald Trump so etwas wie der Messias. Er soll Hundertausende von gefangenen Kindern aus unterirdischen Bunkern und Höhlen befreien. Es ist sehr eindrücklich zu sehen, dass offensichtlich manche Menschen derartig abstruse Behauptungen fraglos glauben. Dabei müsste doch offensichtlich sein, dass Trump sich nicht für das Wohl von Kindern interessiert. Trump interessiert sich nur für sich. Und Kinder entreisst er an der Grenze ihren Eltern und steckt sie separat und schlecht versorgt in Lager.
☛ Wie kann man eine Figur wie Trump als Helden und Messias verehren: Einen Serienlügner, ein XL-Grossmaul, das von Nichts eine Ahnung hat, sich aber in allen Bereichen als Genie sieht (Dunning-Kruger-Effekt), ein Typ, der die Macht seines Amtes konsequent für persönliche Zwecke missbraucht, der seinen unqualifizierten Schwiegersohn als Nahost-Verantwortlichen einsetzt, der systematisch die Gewaltenteilung attackiert und Wahlen diffamiert. Wie verblendet muss man sein, um eine solche Figur als Messias zu verehren?
☛ Offenbar merken die Anhängerinnen und Anhänger von QAnon nicht, dass sie politisch instrumentalisiert werden. Die Feindbilder von QAnon sind ja auffallend oft identisch mit den Feindbildern von Donald Trump. Verschwörungstheoretiker stellen oft die scheinkritische Frage „Cui bono?„, also »Wem zum Vorteil?«. Daraus glauben sie ableiten zu können, wer hinter allem steckt. Bei QAnon ist die Antwort auf „Cui bono?“ eindeutig Donald Trump.